Wohnungsnot Die Sache mit den „Cafészëmmeren“

Wohnungsnot  / Die Sache mit den „Cafészëmmeren“
Viele „Cafészëmmeren“ sind über Kneipen, Bistros und Restaurants. Die Esplanade in Remich zur Sommerzeit … Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Horrende Mieten, unhaltbare Zustände und am Rande der Illegalität: Die Problematik der „Cafészëmmeren“ spiegelt die Wohnungsnot im Land auf der untersten Ebene wider. Das sind die davon betroffenen Gemeinden, wie das Beispiel Remich zeigt. Viele andere Kommunen betrifft das Problem ebenfalls.

Wenn es um die „Cafészëmmeren“ geht, ist der DP-Bürgermeister von Remich kurz und knapp: „Die Problematik wird noch geschürt, weil wir unsere Wohnproblematik nicht in den Griff kriegen“, sagt Jacques Sitz (65) leicht säuerlich. Was ist passiert? Das „Office social“ in der Moselstadt hat im Dezember 2020 Alarm geschlagen.

Hier fragen Leute nach Hilfe, die keine Adresse nachweisen können. Sie wohnen in bei der Gemeinde nicht registrierten „Cafészëmmeren“, eine seit langem durchaus übliche Form der Untervermietung, und haben deshalb keine Adresse. „Heute würde man das ganz modern vielleicht Bed and Breakfast nennen“, sagt Emile Eicher (65) zur Geschichte dieser Wohnform.

Der Präsident des Gemeindeverbandes Syvicol, der die Interessen der 102 Gemeinden in Luxemburg vertritt, kennt das noch von früher. „Zu der Zeit waren das Zimmer, die über Kneipen, Bistros oder Restaurants leer standen, in denen Arbeiter mit befristeten Verträgen unterkamen.“

Am Rande der Legalität

Es war ja nicht für lange gedacht und der Kaffee wurde gleich mit serviert. Daher stammt der Name. Zwischenzeitlich ist davon nur noch wenig übrig. Angesichts der Wohnungsnot sind die „Cafészëmmeren“ mittlerweile eine begehrte Alternative nicht nur für die, die suchen, sondern auch für findige Hausbesitzer.

Diese Mieter wohnen allerdings oft illegal so, weil die Untervermietung entweder nicht mit dem Gesetz oder dem kommunalen Reglement vereinbar ist. Oder die Zimmer nicht den gesetzlich verankerten Standards entsprechen. Oder das Zimmer einfach nicht bei der Gemeinde zur Untervermietung registriert wurde.

Denn das ist nicht so einfach. Wenn ein Haus beim Bau als Einfamilienhaus deklariert wurde, bleibt es ein Einfamilienhaus. Wenn der Besitzer Teile davon später zur Untermiete anbieten möchte, müssen die dafür vorgesehenen Zimmer und die maximale Zahl der Bewohner im Voraus bei der Gemeinde gemeldet werden. Haben die Eigentümer der Immobilie das nicht getan, ist die Untervermietung illegal. Die Mieter können sich nicht anmelden. 

Mindeststandards für die Zimmer sind gesetzlich geregelt

Das fällt überall da auf, wo Mieter ins „Office social“ kommen, weil sie Hilfe brauchen. Sie haben keine Adresse. Dann vergibt das „Office“ eine „Adresse de référence“, damit wenigstens die Post ankommt. „In diesen Fällen können wir als Gemeinde nichts machen“, sagt Sitz. „Wir wollen aber keine Mietverhältnisse wie diese in Remich.“ Wie ein untervermietetes und möbliertes Zimmer auszusehen hat, regeln das Gesetz vom 20. Dezember 2019 und die großherzogliche Verordnung vom 20. Dezember 2019.

Neun Quadratmeter Größe pro Person ist das Minimum. Es dürfen nur maximal zwei Personen in einem Zimmer wohnen. Es muss ein Fenster haben und über Küche, Bad und Toilette verfügen, die nicht in den neun Quadratmetern pro Person enthalten sind. Der Untermieter muss die Möglichkeit haben, seine Wäsche außerhalb des Zimmers zu trocknen.

Das sind nur einige der Vorgaben, die für alle seit Dezember 2019 zu Wohnzwecken vermieteten Zimmer und Wohnungen gelten. Eine Übergangszeit von zwei Jahren gilt für Wohneinheiten, die bereits vor dem Inkrafttreten der neuen Vorschriften vermietet waren. Das „Resonord“, in dem sich neun Gemeinden aus dem Norden zusammengeschlossen haben, wirbt mittlerweile mit Labels für sehr gut ausgestattete „Cafészëmmeren“ bei den Vermietern.

Horrende Preise für die Zimmer 

Dort ist die Problematik genauso bekannt wie bei den Kollegen in Remich. Für den Rathauschef der Moselperle stehen noch andere Fragen offen. Durch die Untermietverhältnisse, die nicht registriert sind, gehen der Gemeinde Einnahmen verloren. „Im Falle eines Einfamilienhauses sind alle Gebühren für die Immobilie auf eine Familie ausgelegt“, sagt Sitz. „Wenn da mehr Leute wohnen, zahlen sie aber nicht mehr.“

Das sind die privaten Untervermieter. Bei denen, wo die Zimmer über einem Horeca-Betrieb liegen, ist die Lage noch komplexer und öffnet einer Preispolitik nach Lust und Laune Tür und Tor. Zwischen Inhaber der Immobilie und Betreiber eines Horeca-Betriebs wird ein gewerblicher Miet- bzw. Pachtvertrag geschlossen. Bei der Untervermietung eines Zimmers schließen Horeca-Betreiber und Untermieter einen normalen Mietvertrag im zivilrechtlichen Sinn.

„Das hat natürlich zu den Schwierigkeiten geführt, die es heute damit gibt“, sagt Syvicol-Präsident Eicher. „Was für einen Preis verlange ich für das Zimmer?“ Gewerbliche Mietverträge unterliegen nach Angaben des Syvicol nämlich nicht der Mietpreisdeckelung von fünf Prozent des investierten Kapitals in die Immobilie. Deshalb fehlt bei den anschließend geschlossenen Untermietverträgen eine obere Orientierungsgrenze für die Miete. In seiner Stellungnahme zur Reform des Gesetzes über die Mietpreise aus dem Jahr 2006, dem aktuellen „Projet de loi Nr. 7642“, weist das Syvicol auf diese Problematik hin. 

Mietpreisdeckelung greift nicht 

Nach Angaben der größten Brauerei Luxemburgs, der „Brasserie nationale“, verkaufen etwa 1.000 Horeca-Betriebe deren Produkte im Land. Auf Anfrage des Tageblatt wehrt sich die Brauerei vehement gegen die Annahme, sie sei der Besitzer der Immobilien, in denen sich die Horeca-Betriebe befinden. Viel mehr beruft sich das Unternehmen auf seine Rolle als „Mittelsmann“, wie es schriftlich mitteilt.

Die Brauerei mietet vom Eigentümer und vermietet an die Betreiber weiter. Wie es um die Preise steht, wurde erst letztens wieder in Remich publik. In der Annonce einer Wohnungsvermittlung, die im Süden des Landes verbreitet wurde, werden „Cafészëmmeren“ in Remich unverhohlen und offensiv beworben. Der Preis pro Monat pro Zimmer: 800 Euro. Das Angebot ist regelwidrig.

„Die Zimmer sind in einem Haus, das dafür bei uns auf der Gemeinde für diese Zwecke gar nicht registriert ist“, sagt Bürgermeister Sitz. Wie vieles andere in diesem Dossier erklären sich die horrenden Mieten damit, dass sie immer noch billiger sind als ein Studio, wenn es denn eines gibt. Das Thema ist längst auf nationaler Ebene angekommen.

Neues Gesetz sieht keine Sanktionen vor

Das „Projet de loi Nr. 7642“ bestätigt die aktuelle Regel, nach der die jährliche Miete den Anteil von fünf Prozent dessen, was der Vermieter in die Immobilie investiert hat, nicht übersteigen darf (Art. 2). Im Falle von möblierten Zimmern darf der Vermieter zusätzlich zur Miete einen Mietzuschlag verlangen, der niedriger und genauer reglementiert ist als heute.

Er darf 1,5 Prozent der Anschaffungskosten für die Möbel nicht überschreiten und ist separat im Mietvertrag aufzuführen. Als Grundlage für die Berechnung des Zuschlags gelten Rechnungen, die weniger als zehn Jahre alt sind, heißt es weiter in Artikel 2 des Gesetzesprojektes. Der Knackpunkt: Da der Gesetzestext jedoch keinerlei Strafen bei Nichtbeachtung vorsieht, ist zu befürchten, dass diese Maßnahme wirkungslos bleiben wird.

Die „Cafészëmmeren“ haben noch eine weitere Besonderheit. Das Thema gelangt oftmals nur an die Öffentlichkeit, wenn die Zimmer nicht den Standards entsprechen und es zu Kontrollen kommt. Ansonsten bleiben sie mangels Registrierung und Anmeldung im Verborgenen. Wie also soll man damit verfahren?

In Remich versucht der Rathauschef gerade, sich einen Überblick zu verschaffen, und sagt: „Ich bin davon völlig überfahren worden, das ist keine einfache Problematik.“ Er will sich deshalb mit den Kollegen im Kanton in puncto „Cafészëmmeren“ zumindest auf kommunaler Ebene austauschen. Seine Hoffnung: vielleicht ein gemeinsames Vorgehen in dieser Frage. Das ist ein erster Schritt.

Gesetzliche Grundlagen

Das Gesetz vom 20. Dezember 2019 regelt die Vorgaben für die Untervermietung von Wohnungen und Räumen. Darin werden Gesundheits-, Hygiene- und Sicherheitskriterien festgelegt. Artikel 3 schreibt vor, dass „jeder Eigentümer oder Betreiber, der ein oder mehrere Zimmer vermietet oder zur Verfügung stellt“, verpflichtet ist, sie vorher beim Bürgermeister der Gemeinde anzumelden, unter Angabe der maximalen Anzahl von Personen, die dort untergebracht werden können. Art. 4 und 5 beschreiben die Zulässigkeit von Kontrollen durch den Bürgermeister und die entsprechenden Behörden. Artikel 5 nimmt sowohl den Pächter oder den Eigentümer in die Pflicht, für eine andere Unterbringung der betroffenen Personen für die Dauer von drei Monaten zu sorgen, falls dessen „Cafészëmmeren“ nicht konform sind. Es sieht im Übrigen Strafen bei Verletzung der gesetzlich festgelegten Standards vor. Das können je nach Sachlage Geldbußen zwischen 251 und 125.000 Euro sein oder eine Gefängnisstrafe zwischen acht Tagen und fünf Jahren (Art. 7). Das Règlement grand-ducal vom 20. Dezember 2019 regelt die Details zur Untervermietung möblierter Zimmer, von denen hier nur einige genannt werden. Demnach darf die Deckenhöhe 2,20 Meter nicht unterschreiten. Möblierte Zimmer müssen mit einem Bett und Matratze, einem Stuhl und einem Schrank für Kleidung ausgestattet sein und über drei Steckdosen verfügen. (Art. 13)

Früher gab es für die Untermieter der Zimmer über den Kneipen die Tasse Kaffee gleich dazu. Daher stammt der Name. <br />
Früher gab es für die Untermieter der Zimmer über den Kneipen die Tasse Kaffee gleich dazu. Daher stammt der Name. 
 Foto: Editpress-Archiv 

M.A
2. Februar 2021 - 0.26

Es geht aber traurigerweise noch schlimmer. Mir wurde von einem privaten Vermieter ein Zimmer von 7 quadrat Meter , in einem Apartment , vum Fond de Logement in Luxembourg Stadt untervermietet . Wo noch 4 ander Leute zur Untermiete in den selben Apartment wohnten . Dazu kahm noch dass sich 4 ander Mieter auf der Adresse meldeten und gar nicht da wohnten , was in Luxemburg nichts neues ist. Aber dank der hohen Mieten in diesem Land , sind wir Jungesellen und sozial schwache MENSCHEN verdammt , in Cafézimmern oder wie in meinem Falle , mit 51 Jahren in einer 4er WG zu wohnen . Wohnungsbeihilfe hin oder her . Fakt ist , es gibt nicht genug Sozialwohnungen in Luxembourg , die zur Vermietungen für Alleinverdiener zu Verfügung stehen . Und das wird von den Vermietern ausgenutzt .