Die NATO verliert an Wert, weil die bisherige Solidarität bröckelt

Die NATO verliert an Wert, weil die bisherige Solidarität bröckelt
Europa kann es sich nicht leisten, passiv auf den fatalen Tweet zu warten

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Nur ein Gedankenspiel: Donald Trump steigt per Tweet aus der NATO aus. Er hat sie ja schon einmal als „obsolet“ bezeichnet. Dann wäre was los im europäischen Hühnerstall. Sofort müsste ein eigenes Verteidigungsbündnis her, denn Russland schliefe ja nicht.

Von unserem Korrespondenten Werner Kolhoff, Berlin

Auch der Iran könnte mit Raketen drohen. Mit den britischen und französischen Arsenalen müsste eine überzeugende atomare Abschreckung für alle organisiert werden, außerdem bräuchte man eine große, mobile Armee für den Fall eines Angriffs.

Und praktisch sofort eine Verstärkung des Schutzes des Baltikums und Polens, zu Lande, zu Wasser und in der Luft. So verwegen ist die Überlegung nicht, denn für die USA ist längst China der große Rivale. Außerdem empfindet Trump Europa, ganz besonders die Deutschen, als Nassauer des Bündnisses.

Das Gedankenspiel zeigt, schon weil es eben nicht undenkbar ist, was sich 70 Jahre nach Gründung der NATO verändert hat: Selbstverständlichkeiten sind weg, die bisherige Solidarität bröckelt.

Kein Gefühl der Bedrohung mehr

Der Westen ist nicht mehr eins, die Supermacht USA driftet in eigenen Sphären. Trump hat ja sogar schon die Beistandspflicht infrage gestellt, den Kern des Bündnisses. Als Wertegemeinschaft war es ohnehin nie überzeugend. Durch die Entwicklungen in der Türkei, Ungarn und Polen sind auch hier Brüche nicht ausgeschlossen. Und in europäischen Kernstaaten wie Deutschland, aber auch Italien, Spanien oder den Benelux-Ländern haben die Leute kein Gefühl der Bedrohung mehr, wollen also für Militär auch nicht viel ausgeben.

Wegen der Wutanfälle des US-Präsidenten steht zwar der deutsche Verteidigungshaushalt im Fokus der Debatten rund um den Jubiläumstag. Das eigentliche Thema müsste aber lauten: Wenn die alte NATO dahinsiecht, wie kann Sicherheit in Europa anders und vielleicht besser organisiert werden?

Papiertiger

Ohne USA geht das vorerst zwar noch nicht, weil ohne sie eine glaubhafte Abschreckung fehlt. Aber die Bedeutung der transatlantischen Partnerschaft schwindet deutlich, weshalb Europa schon jetzt sehr schnell eine überzeugende eigene Verteidigungsfähigkeit herstellen muss. Um eben nicht von einem Tweet überrascht zu werden. Die europäische Sicherheits- und Verteidigungsunion ist bisher nur ein Papiertiger.

Dabei wird sich Deutschland nicht wegducken können. Der Sinn der NATO für Europa war es anfangs, „die Amerikaner drinnen, die Russen draußen und die Deutschen unten zu halten“. So ein Bonmot. Heute haben die Europäer keine Angst mehr vor Deutschland, sondern verlangen im Gegenteil mehr Anstrengungen von Berlin. Besonders die Osteuropäer.

Das ist eigentlich eine Ehre. Aber auch eine Verpflichtung. Solange Russland eine so starke Bedrohung darstellt und es auch in Nordafrika oder dem Nahen Osten kritische Entwicklungen gibt, wird das reich gewordene Deutschland seine Beiträge zur gemeinsamen Sicherheit deutlich erhöhen müssen. Denn auf die NATO ist auf Dauer kein Verlass.

 

J.Bond
5. April 2019 - 16.36

Sind die Russen wirklich die Bösen? Was in den Silos rumliegt genügt für das große letzte Abendmahl. Dazu braucht es keine Nato. Und würde die Supermacht wirklich zusehen wenn die bösen Russen Europa schlucken wollten? Auch ohne Nato ? Niemals. Das Schwerterrasseln ergibt keinen Sinn mehr.Man sollte nur ein Auge auf die religiösen Fanatiker halten,denn die kommen ja in den Himmel wenn sie den Knopf drücken.