Die einen reden von Tabubruch, die anderen von einer historischen Zäsur. Was diese Woche im deutschen Bundestag geschah, dürfte jedenfalls gravierende Folgen für die Politik im Nachbarland haben. Die CDU/CSU hat für die Verschärfung der Migrationspolitik mit den Stimmen der AfD gestimmt. Die Ex-Bundeskanzlerin und frühere CDU-Vorsitzende Angela Merkel hat sich in die Debatte über die gemeinsame Abstimmung von Union und AfD eingemischt und den aktuellen CDU-Chef und Unionskanzlerkandidaten Friedrich Merz mitten im Wahlkampf kritisiert.
Aus politikwissenschaftlicher Sicht ist es erwiesen, dass es ein Fehler der Union war, mit der in Teilen rechtsextremen Partei Migrationspolitik zu machen: Die Christdemokraten und Christsozialen haben diesen Fehler bereits vorher begangen, indem sie das Hauptthema der AfD ins Zentrum rückten, denn Wähler wählen in der Regel das Original und nicht die Kopie. Die Konservativen, denen eine Schlüsselfunktion zugekommen ist, um die sogenannte Brandmauer gegen die extreme Rechte aufrechtzuerhalten, schaden damit der Demokratie.
Der Demokratieabbau beginnt, um es deutlich zu sagen, an der Wahlurne. In einer Zeit der Polykrise kommt dies einem Spiel mit dem Feuer gleich. Schon ist von einem „democratic backsliding“ die Rede, einer schrittweisen Erosion der Demokratie, die seit einigen Jahren in vielen Ländern zu beobachten ist. Rechtspopulistische bis rechtsextreme Parteien wie die AfD, die FPÖ in Österreich oder das Rassemblement National (RN) in Frankreich geben den Ton an. Das Thema Migration beherrscht in Deutschland den Wahlkampf und nimmt auch anderswo in der Politik einen solch breiten Raum ein, dass kaum noch Platz bleibt für andere dringende Fragen.
So etwa für die Klimakrise, „das vergessene Wahlkampfthema“, wie die Wochenzeitung Die Zeit schreibt. Obwohl die Häufigkeit der Extremwetterphänomene wie etwa Starkregen und die damit verbundene Gefahr von Hochwasser bis hin zu Flutkatastrophen zugenommen haben und die verheerenden Brände, die jüngst in Kalifornien wüteten, nach einer Schnellanalyse der Wissenschaftlerinitiative World Weather Attribution (WWA) zumindest zum Teil auf den menschengemachten Klimawandel zurückzuführen sind, scheint das Klima zurzeit in der Politik fast keine Rolle mehr zu spielen. Im deutschen Wahlkampf taucht es kaum noch auf, höchstens am Rande, wenn Friedrich Merz Windräder hässlich findet.
Dabei ist die Klimakrise nicht verschwunden und nicht einmal kleiner geworden. 2024 war das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die globale Erwärmung hat im vergangenen Jahr das erste Mal die 1,5-Grad-Marke im Vergleich zum vorindustriellen Mittel überschritten. Wenn der Klimawandel weiter voranschreitet, wird dies künftig zu noch mehr Migration führen, aufgrund von Dürren und Überschwemmungen, Ernteausfällen und Hungersnöten. Die Klimakrise ist nicht nur eine von vielen Krisen, wie es die CSV-DP-Regierung hierzulande häufig vermittelt, sondern die „Mutter aller Krisen“. Die alles dominierenden politischen Themen wie Migration und Wirtschaft hängen eng mit ihr zusammen.
Ökonomische Fragen sind und bleiben zwar wichtige Faktoren für eine „good governance“. Vor mehr als drei Jahrzehnten machte Bill Clintons Slogan „It’s the economy, stupid!“ im US-Wahlkampf Geschichte, verhalf den Demokraten zum Sieg und brachte Clinton ins Weiße Haus. In Zeiten der weltweiten Demokratiekrise und des globalen Klimawandels sollte man allerdings einen anderen Spruch verwenden, etwa „It’s the climate, stupid!“. Man könnte aber auch Willy Brandts Worte „Mehr Demokratie wagen“ umformulieren in „Mehr Klimaschutz wagen“ – oder kurz: „Mehr Klima wagen“.
De Maart

"Wir schaffen das!" Oder?
Wenn der " Drill,Baby-drill" vom Potomac fertig ist dann hat die ganze Welt fertig.
Aber da wären ja auch noch die Chinesen und Indien und..und