EU-ParlamentDie Machtverhältnisse werden sich verschieben

EU-Parlament / Die Machtverhältnisse werden sich verschieben
Die beiden Rechtsfraktionen ID und EKR könnten dritt- und viertstärkste Kraft im Parlament werden Foto: AFP/Frederick Florin

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Einen Monat vor der Europawahl liegen in Frankreich, Italien und Österreich ultrarechte Parteien vorn, in deutschen Umfragen kommt die AfD gleichauf mit den Grünen auf den zweiten Platz: Europaweit wird mit einem deutlichen Rechtsruck gerechnet, wenn am 9. Juni die Stimmen ausgezählt werden. Die Machtverhältnisse im Europäischen Parlament dürften sich verschieben.

Aktuelle Umfragen prognostizieren der Fraktion Identität und Demokratie (ID) deutliche Zugewinne. Ihr gehören unter anderem die AfD, die Partei Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen aus Frankreich und die österreichische FPÖ an. Nach Auswertungen der Plattform Europe Elects, die Meinungsumfragen aus den 27 EU-Ländern hochrechnet, könnte die ID-Fraktion von derzeit 59 auf 83 Abgeordnete wachsen.

Die zweite Rechtsfraktion im Europaparlament bildet die Gruppe der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), die den Umfragen zufolge mit 84 Sitzen rechnen kann – ein Zugewinn um 16 Abgeordnete. In der EKR-Fraktion sitzen unter anderem die rechtsextreme spanische Partei Vox, die Partei der ultrarechten italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni und die nationalistische PiS-Partei aus Polen. Auch die luxemburgische ADR gehört der EKR-Parteienfamilie an.

ID und EKR liegen in den Umfragen etwa gleichauf mit den Liberalen. Nach der Europawahl könnten sie dritt- und viertstärkste Kraft im Parlament werden, hinter der Europäischen Volkspartei (EVP) und den Sozialdemokraten. 

Von einer Mehrheit im Europaparlament sind ID und EKR trotz der erwarteten Zugewinne weit entfernt. In der aktuellen Legislaturperiode stimmten Abgeordnete der EVP allerdings bereits mehrfach mit den Rechtsaußenfraktionen, etwa gegen schärfere Umwelt- und Verkehrsvorschriften. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen schließt für den Fall ihrer Wiederwahl eine Zusammenarbeit mit der AfD-Fraktion ID aus – nicht aber mit den Abgeordneten der EKR.

Keine hohe Wahlbeteiligung

Von der Leyens EVP dürfte die größte Fraktion im Europaparlament bleiben. Bislang ist jedoch eine Mehrheit aus Sozialdemokraten, Liberalen, Grünen und Linken möglich, die sich unter anderem beim EU-Lieferkettengesetz und beim Verbrenner-Aus für Pkw durchsetzte. „So etwas darf nicht mit einer knappen Mehrheit gegen die größte Fraktion entschieden werden“, kritisierte der Vorsitzende der EVP-Abgeordneten Daniel Caspary.

Die meisten Gesetze wurden einer Auswertung des Brüsseler Instituts Jacques Delors zufolge allerdings von einer Koalition aus EVP, Sozialdemokraten und Liberalen verabschiedet. Das dürfte sich nach Einschätzung der Forscher nicht grundlegend ändern. Insbesondere Mehrheiten für mehr Klimaschutz oder für soziale Anliegen könnten nach den Wahlen aber „deutlich schwieriger zu organisieren“ sein, sagte die Spitzenkandidatin der Grünen, Terry Reintke.

Gewählt wird in den 27 Mitgliedstaaten vom 6. bis zum 9. Juni – zum Großteil über nationale Listen. Die großen Parteien haben EU-weite Spitzenkandidaten aufgestellt, mit denen für Wählerinnen und Wähler klarer werden soll, für wen sie ihre Stimme abgeben. Die Wahlbeteiligung ist bei der Europawahl allerdings meist niedrig, 2019 lag sie bei rund 51 Prozent. (AFP)

Kassandra
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