Nach unserer rezenten Fürsprache zugunsten der lieblichen Musik-Kioske war uns daran gelegen, auf eine weitere, vom „Aussterben“ bedrohten Gattung aufmerksam zu machen und uns für ihren Erhalt einzusetzen! Dabei handelt es sich um die Mitte des 19. Jahrhunderts entstandene, nach ihrem Urheber und Erfinder, dem Berliner Verleger und Drucker Ernst Litfaß, benannte Litfaßsäule. Um der „wilden“ Beklebung durch Plakate allerart respektiv allerorts, so zum Beispiel auf Fassaden öffentlicher Gebäude und weiteren, auch privaten Einrichtungen zu entgehen, welche diese stark verunzierten und sich negativ auf das Stadtbild abfärbten, suchte man damals schon fast verzweifelt nach einer Alternative.

Genau die fand man daraufhin um 1855 in Form der von Herrn Litfaß aus der Not geborenen und erdachten freihstehenden, zylinderförmigen Säulen. Die einfach geniale Idee des Berliner Druckers wurde von den damaligen Stadtbehörden freudig aufgegriffen und überall wuchsen bald danach die fassrunden Säulen empor, denen man den Namen – nomen est omen – ihres Erfinders verpasste. Ob der findige Ideengeber damals auch daran dachte, seine“ „Erfindung“ patentieren zu lassen, entzieht sich unserer Kenntnis; bekannt ist aber, dass schon bald darauf, im Jahr 1869, sein Drucker und Verlegerkollege, der Franzose Gabriel Morris, sich, wohl daran inspirierend, eine der Litfaßsäule sehr ähnliche Kolonne schuf und überall in Paris aufstellen ließ, die später ebenfalls seinen Namen tragen und im Volksmund zur berühmten „colonne Morris“ werden sollte! Letztere war etwas höher und eleganter gestylt und passte sich so perfekt dem zum Teil bis heute erhaltenen Pariser „mobilier urbain“ an. So zum Beispiel an die von Hector Guimard kreierten „Art nouveau“-Metroeingänge respektiv die überall vorhandenen grünfarbigen „Wallace“-Wasser-Fontainen! Sowohl auf der einen wie auch auf der anderen Säule vermochte man so bis zu vier Quadratmeter Werbeplakate auf reduziert geballtem Raum anzubringen, sodass damit sowohl in Berlin wie auch in Paris das leidige Problem geregelt und die Situation definitiv bereinigt zu sein schien! Ab dann wurde die Bevölkerung mit der uns bis heute wohl bekannten Aufschrift „interdit d’afficher“ darauf aufmerksam gemacht, dass Werbereklamen, sei es für Waren, Konzerte, Theater, respektiv „French Cancan“-Veranstaltungen usw., nur mehr an den eigens dafür vorgesehenen Orten, „sous peine d’amende“, anzubringen seien!
„an hei zu Lëtzebuerg …?“
Laut Herrn Brinck, der seit nunmehr schon 38 Jahren bei Publilux beschäftigt und dort inzwischen als „Directeur associé“ mitführend ist, einer Firma, die seit 1953 besteht und die demnach 2023 ihr 70. Jubiläum feiern konnte, standen deren in den 50er-Jahren an die hundert übers Land verstreut herum. Mit ihnen vermochte Publilux ihr Geschäft damals aufzubauen und sich zu entwickeln. „Mat de Litfaß-Seilen huet Publilux ugefaangen a säi Liewe gemaach“, so der erfahrene Werbefachmann heute.
Aktuell betreut das alteingesessene Unternehmen neben modernen, sowohl fixen als auch sogenannten „panneaux rotatifs“, so zum Beispiel in Bus- und Tramwartehäuschen, immerhin noch 37 klassisch-kultige Säulen, die ausschließlich im Süden angesiedelt sind. So stehen derer, von einer metallenen Publilux-Girlande zur eigenen Werbung gekrönt, nach wie vor, in Esch, Beles, Differdingen, Monnerich sowie sechs in Düdelingen, darunter gleich drei, die vom dortigen CNA, als Aushang für ihre Veranstaltungen, ein ganzes Jahr über gebucht wurden! Vor noch knapp 40 Jahren, sollen es, wie uns Herr Brinck zu erzählen wusste, deren noch fast dreimal so viele gegeben haben!
Unsere Befürchtungen waren demnach zum Glück nicht ganz berechtigt, wenn auch verschieden Exemplare schon etwas ramponiert in ihrer Struktur aussehen und mit Mörtel nur oberflächlich geflickte Risse aufweisen. Gut wäre es deshalb, wenn die restlichen uns verbleibenden und ebenfalls zu unserem „patrimoine national“ zählenden Litfaßsäulen auch endlich unter Denkmalschutz gestellt und instand gehalten werden könnten! So jenes auch sogar von den aufmerksamen „Publilux“-Spezialisten nach deren eigenen Aussagen übersehene exemplarische Exemplar im Düdelinger Brill-Viertel, an der Kreuzung Norbert-Metz- und Jean-Berchem-Straße gelegen, das uns schon seit Längerem aufgefallen war und zum eigentlichen Auslöser dieses Beitrags wurde! Eine schlichte, von den allermeisten vergessene grau-in-graue kultige „Betonsäule“, „ qui réclame des couleurs, quoi…“, und die im wahrsten Sinne des Wortes nach bunten papiernen Aufklebern lechzt und schreit!
De Maart
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