DeutschlandDie Linke hofft auf Rot-Rot-Grün und tut sich schwer im Wahlkampf

Deutschland / Die Linke hofft auf Rot-Rot-Grün und tut sich schwer im Wahlkampf
Janine Wissler und Dietmar Bartsch, Spitzenkandidaten der Partei Die Linke, posieren vor den Postern bei der Vorstellung der Plakatkampagne der Partei zur Bundestagswahl 2021 Foto: dpa/Carsten Koall

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Die Linke will mit Gerechtigkeit und großer Umverteilung punkten und hofft auf Rot-Rot-Grün. Doch sie kommt in Umfragen nicht von der Stelle. Die neue Doppelspitze bringt noch nicht den erhofften Schwung.

Ihre Botschaft trägt Anke Domscheit-Berg auch auf dem Kopf. Eine Farbe: Rot. Ein Tiroler Hut in Rot – mit grüner Borte. Rot wie die Linke. Im Frühjahr ist Domscheit-Berg, die 2017 als parteilose Abgeordnete über die Liste der Linken in den Bundestag einzog, in die Partei eingetreten. Die Expertin für Netzpolitik und Digitales wollte damit bewusst ein Zeichen setzen, die neue weibliche Doppelspitze um Susanne Hennig-Wellsow und Janine Wissler zu unterstützen. Doch auch Domscheit-Berg kann nicht daran vorbeisehen, dass der nach außen gerne als „Aufbruch“ beschriebene Neustart zumindest in einem Punkt nicht gezündet hat: Auch neun Wochen vor der Bundestagswahl kommt die Linke in Umfragen nicht von der Stelle. Sie verharrt bei rund sieben Prozent und würde damit selbst zu wenig Gewicht mitbringen für eine zumindest bei der Linken erhoffte rot-rot-grüne Koalition im Bund.

Doch irgendwann muss man dann einfach anfangen, wenn man noch zulegen will. Wahlkampf ist ein Geduldsspiel. Auch wenn es an manchen Tagen nur sehr wenige Zuschauer anzieht. Ein Juli-Tag auf dem Luisenplatz im Zentrum von Potsdam. Domscheit-Berg, mit Tiroler Hut in Rot, und Norbert Müller, Direktkandidat im Wahlkreis 61 Potsdam/Potsdam-Mittelmark II/Teltow-Fläming II, versuchen an diesem Vormittag ihre Botschaften an die Frau oder an den Mann zu bringen. Mehr als gut ein Dutzend Zuhörer sind nicht gekommen. Müller, 35 Jahre alt, hat es in seinem Wahlkreis direkt mit den Kanzlerkandidaten von Grünen und SPD, Annalena Baerbock und Olaf Scholz, zu tun. Ein schweres Spiel. Baerbock, Scholz, Müller. Der Linke-Kandidat spricht von einem „sehr inszenierten Zweikampf“ zwischen Baerbock und Scholz um die Vorherrschaft auch in Potsdam und nimmt es sportlich: „Ich habe nicht darum gebeten.“ Und er hat Zweifel, ob die Grünen derzeit überhaupt ein ernsthaftes Interesse an Rot-Rot-Grün oder Grün-Rot-Rot im Bund haben. Müller sagt über einen Wahlkampf, in dem darüber diskutiert werde, ob Baerbock ihren Lebenslauf aufgehübscht habe oder Unionskanzlerkandidat Armin Laschet bei der Hochwasser-Inspektion sich zu einem unpassenden Moment einen Lacher geleistet habe: „Das ist keine Politik. Das verändert gesellschaftliche Verhältnisse überhaupt nicht.“

Und Verhältnisse in Deutschland verändern – das ist erklärte Absicht der Linken. Am besten mit einem zweistelligen Ergebnis, wie es Bundestagsfraktionschef Dietmar Bartsch vorgegeben hat, Spitzenkandidat der Linken in diesem Wahlkampf gemeinsam mit Parteichefin Wissler. „Rebellisch, widerständig, aber auch konkret“ wollen sie bei ihrer Mission sein, hat Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler, in dieser Funktion auch Wahlkampfleiter, bei der Vorstellung der Linken-Kampagne diese Woche vor dem Karl-Liebknecht-Haus gesagt. Unter anderem mit 13 Euro Mindestlohn, kostenlosem öffentlichen Nahverkehr, einer einmaligen Vermögensabgabe, der Vermögensteuer und natürlich mit ihrem großen Thema: Krieg und Frieden. Für Spitzenlinke wie Bartsch, Wissler und Schindler ist ausgemacht: „Die Linke ist die Friedenspartei im Deutschen Bundestag.“ Müller, der Kandidat aus dem prominent umkämpften Wahlkreis 61 in Potsdam, bekennt zwar, dass außenpolitische Fragen in einem Bundestagswahlkampf „selten wahlentscheidend sind, aber für die Linke sind sie entscheidend“. Deswegen der Kampf für den Abzug aller deutschen Soldatinnen und Soldaten aus Auslandseinsätzen.

„Oskar Lafontaine hatte seine Zeit“

Dass die Linke trotz des Starts mit der neuen Doppelspitze Hennig-Wellsow und Wissler weiter auch in den eigenen Reihen Kämpfe austrägt, hilft für bessere Umfragewerte kaum weiter. Im Saarland, der Hochburg des Mitgründers der gesamtdeutschen Partei Die Linke, Oskar Lafontaine, tobt seit Monaten ein erbittert ausgetragener Machtkampf zwischen Teilen der Landtagsfraktion und dem dortigen Landesvorstand. Lafontaine hatte dazu aufgerufen, den Spitzenkandidaten der Saar-Linken für die Bundestagswahl, Thomas Lutze, nicht zu wählen. Sein Vorwurf gegen Lutze wiegt schwer: Der Landesvorsitzende Lutze betreibe seit Jahren ein „Betrugssystem“ bei den Mitgliederlisten der Partei, um sich über „den Kauf von Mitgliedern“ Unterstützung zu sichern, so Lafontaine. Der Landesvorstand um Lutze wiederum hatte Lafontaine nahegelegt, die Partei zu verlassen.

Hennig-Wellsow reiste zuletzt einen Tag vor dem jüngsten digitalen Wahlprogramm-Bundesparteitag eigens nach Saarbrücken, um auch mit Lafontaine zu sprechen („Ich war gestern beim Oskar“). Wahlkampfleiter Schindler sagte dazu dem Tageblatt: „Wir haben als Bundespartei auf die Genossinnen und Genossen im Saarland mäßigend eingewirkt.“ Vor allem: „Sie können nur gemeinsam gewinnen und müssen gemeinsam entscheiden, wer der Spitzenkandidat sein soll. Ich denke, das haben alle verstanden und handeln dann auch danach.“ Domscheit-Berg auf dem Luisenplatz in Potsdam sagt, „bestimmte Bücher“, wie sie etwa die einstige Fraktionschefin Sahra Wagenknecht geschrieben habe, hätten „nicht geholfen, nach vorne zu kommen“ – in Richtung zweistelliger Umfragewerte. Überhaupt habe Wagenknecht, den „falschen Vorwurf“ aufgestellt, „wir Linke würden uns nicht um unsere Kernaufgaben kümmern“. Direktkandidat Müller will sich da lieber auf seinen Wahlkampf in Potsdam konzentrieren: „Das Saarland ist das Saarland. Und Oskar Lafontaine hatte seine Zeit.“

frolick
26. Juli 2021 - 10.27

@ Wieder Mann "Die Nachfolgepartei der SED hofft auf ein Comeback ?Der Herr bewahre uns vor Rot-Rot-Grün." Rot-Gelb_Grün ist die Devise, wie in Luxemburg, dann geschieht drüben auch mal was.

Realist
26. Juli 2021 - 8.54

@Wieder Mann: Wieso? Wenn Frankfurt als internationales Finanzzentrum wegfällt und eine von rot-rot-grün ruinierte deutsche Wirtschaft verzweifelt nach Fluchtmöglichkeiten für Werte, Kapital und Schwarzgelder sucht, wird Luxemburg sicher profitieren.

Wieder Mann
24. Juli 2021 - 8.22

Die Nachfolgepartei der SED hofft auf ein Comeback ?Der Herr bewahre uns vor Rot-Rot-Grün.