Samstag18. Oktober 2025

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EditorialDie liberalen Ärzte proben den Aufstand – seit 35 Jahren

Editorial / Die liberalen Ärzte proben den Aufstand – seit 35 Jahren
Die Spitze der AMMD: Generalsekretär Sébastien Diederich, Präsident Chris Roller und Vizepräsident Carlo Ahlborn vergangene Woche nach der Generalversammlung im „Parc Hôtel Alvisse“ Foto: Editpress/Hervé Montaigu

„Die Mediziner proben den Aufstand. Seit Beginn der Woche haben sie ihre Dienste eingeschränkt, um – wie es offiziell heißt — den Patienten die Auswirkungen der geplanten Krankenkassenreform praxisnah vor Augen zu führen, die ihrer Meinung nach in eine Rationierung der Medizin münden wird. Bei dieser Kraftprobe wird ungeniert mit kräftigen Schlagworten operiert: ‚Verstaatlichung‘, ‚Dirigismus‘ und ‚Bürokratisierung‘ der Medizin führe die Regierung im Schilde, so klagen die Ärzte, deren Standesvertreter apokalyptische Visionen vom Ende der liberalen Medizin heraufbeschwören“, berichtete das Lëtzebuerger Land am 19. April 1991. „Behandlung gegen Bares: Die AMMD sägt am System der Finanzierung der Krankenkassen“, stand am 19. April 1998 ebenfalls im Land. „Auf dem Weg zur Staatsmedizin?“, titelte am 2. November 2000 der Télécran, als die „Association des médecins et médecins dentistes“ (AMMD) sogar einen Warnstreik organisierte und mit Arbeitsniederlegung drohte, weil die damalige CSV-DP-Regierung von den an den Krankenhäusern tätigen Belegärzten eine Abgabe verlangen wollte, um das Defizit der Krankenkasse auszugleichen.

Es ist ein altes Spiel. Um ihre Forderungen – meist nach höheren Tarifen – durchzusetzen, droht die liberale Ärzteschaft seit Jahrzehnten regelmäßig damit, die automatische und obligatorische Konventionierung mit der CNS ganz oder teilweise aufzulösen. Ihr Diskurs ist immer derselbe: „Staatsmedizin“, „Dirigismus“, „Planwirtschaft“ – als ob Luxemburg die Sowjetunion wäre. Die Ärzte können das, weil sie Macht haben, in hohem Maße systemrelevant sind, wortwörtlich über Wohlbefinden und Leiden, manchmal sogar über Leben und Tod entscheiden. Mit dieser Macht geht aber auch eine große Verantwortung einher, die dazu geführt hat, dass sie ihre Drohungen nur selten in die Tat umsetzten.

Seit zwei Wochen droht die AMMD den Sozialpartnern und CSV-Gesundheitsministerin Martine Deprez erneut. Weil die liberalen Ärzte ihre Privatpraxen lieber zu kleinen Spitälern ausbauen wollen, statt in großen Krankenhäusern Dienst zu leisten. Weil sie Betriebe gründen wollen, in denen reiche Ärzte weniger reiche Ärzte als Lohnabhängige beschäftigen können. „Außerhalb der Nomenklatur kann ein Arzt, wie gesagt, keinen Behandlungsvertrag anbieten. Das würde ich schon ändern: Wer etwas in seine Gesundheit investieren will, sollte es auch in Luxemburg tun können“, sagte der Urologe Chris Roller, seit Januar AMMD-Präsident, Ende August im Interview mit dem Land. Gegen die Zwei-Klassen-Medizin hatten sich 2023 im Wahlkampf alle Parteien ausgesprochen, sie gehört nicht zu den Maßnahmen, mit denen CSV und DP „Lëtzebuerg fir d’Zukunft stäerke“ wollen.

Laut Angaben des Ministeriums für Gesundheit und Soziales zählte Luxemburg vergangenes Jahr 3.541 praktizierende Ärzte. Konventionierte und regelmäßig praktizierende Ärzte waren es laut dem Generalbericht der IGSS vor zwei Jahren 2.321. 80 Prozent von ihnen sind freiberuflich tätig, 20 Prozent sind angestellt – die meisten davon im CHL. Von den Freiberuflern ist rund die Hälfte Mitglied in der AMMD, deren oberstes Ziel es laut ihren Statuten ist, mit allen geeigneten Mitteln und im Interesse des Patienten die Einhaltung der Grundprinzipien einer „freien und humanen Medizin“ zu gewährleisten. 300 der insgesamt 1.300 Mitglieder der AMMD hatten sich vergangene Woche zu einer außerordentlichen Generalversammlung zusammengefunden, um ihrem Vorstand das Mandat zu verleihen, aus Protest gegen die mutmaßliche politische Untätigkeit der CSV-Gesundheitsministerin die Konvention mit der CNS zu kündigen. Die einzige Abgeordnete, die bei dieser Versammlung im „Parc Hôtel Alvisse“ in Dommeldingen gesehen wurde, ist Carole Hartmann, seit sechs Monaten Präsidentin der DP.

Grober J-P.
18. Oktober 2025 - 9.42

" Gegen die Zwei-Klassen-Medizin hatten sich 2023 im Wahlkampf alle Parteien ausgesprochen,"
Wird aber so kommen.
„Außerhalb der Nomenklatur kann ein Arzt, wie gesagt, keinen Behandlungsvertrag anbieten"
Das bedeutet, wenn ich einen Termin zur Behandlung mit Champagner buche kriege ich nicht mehr von der CNS ........?
H. Laboulle, habe ich das so richtig verstanden?