24. November 2025 - 20.59 Uhr
DeutschlandDie Koalition taumelt durch den Rentenstreit
Über vieles wird im politischen Berlin derzeit spekuliert. Zum Beispiel über eine Minderheitsregierung, sollte die schwarz-rote Koalition am Rentenstreit zerbrechen. Führende Unionspolitiker wehrten freilich am Wochenende erneut ab. Andere Gerüchte besagen, dass der Kanzler womöglich die Vertrauensfrage stellen könnte, um die Kritiker auf Linie zu bringen. „Nein“, antwortete darauf am Montag ein Regierungssprecher kurz und bündig. Allein diese zwei Debatten zeigen, dass sich die Koalition zu Beginn der Haushaltswoche im Bundestag in einer verzwickten Lage befindet. Die Rentenrebellion hält an. Und nun wird plötzlich über ein Rentenpaket zwei gesprochen.
Denn einen Rückzug wollen diejenigen, die einen Teil des einhellig im Bundeskabinett verabschiedeten Gesetzentwurfs von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) ablehnen, bislang nicht vornehmen. Das machten führende Vertreter der Jungen Gruppe in der CDU/CSU-Fraktion zum Anfang der Woche unmissverständlich deutlich. 18 Abgeordnete sind es damit, die zum jetzigen Zeitpunkt wohl Nein sagen würden im Parlament. Die Mehrheit der Koalition ist mit zwölf Stimmen nur dünn – und wäre also nicht gegeben.
Die Kritiker befürchten nach 2031 Folgekosten von 120 Milliarden Euro durch den Gesetzentwurf. Hinter den Kulissen wurde allerdings kolportiert, dass es Bewegung gebe. Weil CSU-Chef Markus Söder am Wochenende betonte: „Die Fragen sind ja sehr substanziell und die müssen jetzt geklärt werden.“ Am Ende würden sich aber „alle etwas bewegen müssen“. Der Vorsitzende der Jungen Union (JU), Johannes Winkel, auch Mitglied der Jungen Gruppe, sah darin prompt ein Signal. Er sagte am Sonntag dem Tageblatt: „Markus Söder hat recht, wenn er sagt, dass es um die Substanz gehen muss.“ Darunter verstehen die Jungen vor allem eine Kostendämpfung bei der Rente in den Jahren nach 2031.
Auch die Einlassungen von Kanzler Merz machten offenbar hellhörig. „Es geht nicht um die kurzfristigen Entscheidungen über die Rente, sondern es geht um die Zeit nach 2031“, hatte Merz in Anspielung auf die geplante Rentenkommission gesagt, die grundlegende Vorschläge vor der Sommerpause 2026 vorlegen soll. Darum geht es den Jungen auch. Wobei die Linie des Regierungschefs in den letzten Wochen eher kurvig verlief; erst unterstützte er die Jungen, dann erteilte er ihnen auf dem Deutschlandtag der JU eine deftige Absage. Nun ist Merz erheblich unter Druck geraten.
Kein Spielraum bei Höhe des Rentenniveaus
Für die Junge Gruppe ist jetzt vor allem die SPD am Zuge. Es heißt, die Genossen müssten sich bewegen, es gehe nicht an, dass der Koalitionspartner noch nicht einmal gesprächsbereit sei. Ist dem so? Die Genossen zeigten sich am Montag zwar offen für Reformen, pochten aber zunächst auf das vom Kabinett verabschiedete Paket – inklusive des Satzes im Gesetzentwurf, der das Rentenniveau nach 2031 absichern soll und an dem sich der Streit in der Union entfacht hatte.
SPD-Fraktionschef Matthias Miersch sagte vor der Fraktionssitzung: „Wir verweigern uns Reformen nicht.“ Bei der Höhe des Rentenniveaus im Gesetz gebe es aber keinen Spielraum. Miersch betonte weiter, er rechne mit einer Annahme des Rentenpakets durch die schwarz-rote Koalition in der nächsten Sitzungswoche ab Anfang Dezember. Dies müsse auch wegen des Bundesrats gelingen.
Miersch verriet zudem, dass es derzeit mehrere Gesprächsformate in der Koalition gebe, etwa zwischen den geschäftsführenden Vorständen beider Fraktionen. Womöglich wird sich auch der Koalitionsausschuss am Donnerstagabend mit dem Rentenstreit befassen. Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) öffnete dann überraschend eine neue Tür. Die Gesetzgebung des ersten Rentenpakets wolle man zum Ende des Jahres abschließen, so Spahn vor der Sitzung seiner Fraktion. „Wir wollen uns aber auch zeitgleich auf ein Rentenpaket zwei verständigen.“ Und das mit einem Reformzeitplan „für die grundsätzlichen Fragen der 30er Jahre.“ Ob das die Kritiker in den eigenen Reihen jetzt besänftigen wird?
De Maart
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