Sonntag21. Dezember 2025

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Forum von Marc SpautzDie Industrie bringt unverzichtbaren Mehrwert – Plädoyer für den Erhalt einer starken industriellen Basis 

Forum von Marc Spautz / Die Industrie bringt unverzichtbaren Mehrwert – Plädoyer für den Erhalt einer starken industriellen Basis 
 Foto: Editpress-Archiv/Alain Rischard

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Die luxemburgische Industrie ist weit mehr als ein bloßer Wirtschaftszweig. Sie bildet seit über einem Jahrhundert ein tragendes Fundament unseres Wohlstands und unserer sozialen Stabilität.

Ohne die Stahlindustrie, die mithilfe ausländischen Kapitals und Know-hows aufgebaut wurde, wäre der Wandel vom armen Agrarstaat hin zur fortschrittlichen Industrienation kaum möglich gewesen. In den 1960er-Jahren kam mit der chemischen Industrie eine zweite starke Säule hinzu, die nicht nur zur Diversifizierung der Wirtschaft beitrug, sondern auch Tausende Arbeitsplätze schuf.

Die Industrie bot damals Chancen für alle: vom Wirtschaftsfachmann und Juristen in der Verwaltung bis hin zum Ingenieur, Handwerker und Produktionsarbeiter. Viele Menschen konnten hier beruflich aufsteigen, nicht allein aufgrund von Diplomen, sondern dank ihres Könnens, ihrer Erfahrung und ihrer Einsatzbereitschaft. Industrie bedeutete also Beschäftigung, soziale Integration und nicht zuletzt gesellschaftlichen Aufstieg. 

Starke Impulse für wirtschaftliche Entwicklung

Historisch gesehen hat die Industrie zum Reichtum des Landes beigetragen und somit den Aufbau des Sozialstaats erlaubt. Sie ist aber viel mehr. Industrielle Produktion erzeugt einen hohen Anteil an der Bruttowertschöpfung und geht meist mit hoher Produktivität einher, was das Wachstum einer Volkswirtschaft stützt. Sie bietet viele Arbeitsplätze – sowohl direkt in der Produktion als auch indirekt in Zulieferketten, Dienstleistungen und Forschung. So zieht sie Dienstleistungen nach sich im Transport, in der IT, in Finanzen oder auch im Ingenieurwesen und wirkt damit als Motor für das gesamte Wirtschaftsgefüge.  Industrielle Jobs sind zudem oft überdurchschnittlich bezahlt und sichern breite Mittelschichten.

Da Industrieunternehmen stark in Forschung und Entwicklung investieren, entstehen technologischen Innovationen, wie Automatisierung, neue Materialien oder auch Energietechnik zuerst im industriellen Kontext und strahlen dann in andere Bereiche aus. Innerhalb des Landes geben sie Impulse für die regionale Entwicklung – Produktionsstandorte außerhalb des urbanen Raums fördern Infrastrukturen, Ausbildungsmöglichkeiten und regionale Kaufkraft. Kurz: Die Industrie ist nicht nur Produzent von Gütern, sondern auch Innovationsmotor, Arbeitgeber, Exportbasis und Garant für wirtschaftliche Stabilität. 

Wichtiger Diversifikationsfaktor

Heute jedoch steht sie im Schatten des Finanzplatzes, der für Luxemburg ohne Zweifel ein zentraler Erfolgsfaktor geworden ist. So ist zwischen 1995 und 2024 der Anteil des verarbeitenden Gewerbes („industrie manufacturière“) an der Wertschöpfung von 15 Prozent auf vier Prozent gesunken und der Beschäftigtenanteil – obschon bei 38.000 Arbeitnehmern sehr stabil – von 17 auf sieben Prozent zurückgegangen.

Der Finanzsektor ist leistungsfähig, ertragreich und für die öffentlichen Finanzen unverzichtbar. Doch wer glaubt, dass man deshalb auf die Industrie verzichten könne, irrt. Denn eine gesunde Volkswirtschaft braucht mehrere Standbeine und der industrielle Sektor ist dabei mehr als eine Ergänzung. Es war sträflich, diesen Sektor sowie die wirtschaftliche Diversifizierung in den vergangenen Jahren zu vernachlässigen.

Es ist von strategischer Bedeutung, Industriearbeitsplätze auch in Zukunft im Land zu erhalten und wenn möglich auszubauen. Industriepolitik ist in diesem Sinne keine nostalgische Erinnerung an vergangene Zeiten, sondern eine Investition in die Zukunft. Denn die Industrie bietet weiterhin eine Vielfalt von Arbeitsplätzen – von hoch qualifizierten Ingenieuren bis hin zu Facharbeitern und Handwerkern. Sie bleibt ein Bereich, in dem Menschen Karrieren aufbauen können, durch Leistung, Können und praktisches Wissen.

Es geht also nicht um ein Entweder-oder zwischen Finanzplatz und Industrie, sondern um ein Sowohl-als-auch. Luxemburg braucht beides: einen global vernetzten Finanzsektor und eine leistungsfähige, zukunftsorientierte Industrie – die wiederum selbst von einem gut aufgestellten Finanzplatz profitiert. 

Optimale Rahmenbedingungen

Die Herausforderungen sind vielzählig: Energiepreise, Mangel an Fachkräften, steuerliche Rahmenbedingungen, geringe Investitionen in Forschung und Entwicklung und ein hoher bürokratischer Aufwand setzen dem Standort zu. Die Frage ist also: Was können wir tun, um als Standort noch attraktiver zu werden? Darauf muss Luxemburg Antworten finden.

Marc Spautz ist CSV-Fraktionspräsident
Marc Spautz ist CSV-Fraktionspräsident Foto: Editpress-Archiv

Energie darf nicht zum Standortnachteil werden, Investitionen in erneuerbare Energien und wettbewerbsfähige Tarife sind unerlässlich. Steuerlich muss Luxemburg attraktiv bleiben, um Unternehmen zur Ansiedlung zu bewegen und Investitionen in bereits bestehende Betriebe zu fördern. Und schließlich gilt es, administrative Verfahren zu vereinfachen. Unternehmen, die hier investieren wollen, dürfen nicht an einem administrativen Dschungel scheitern.

Es muss aber auch klar definiert werden, welche Industrie für Luxemburg gewünscht ist. Die Weichen für diese Zukunft werden heute gestellt. Die Politik ist gefordert, zu handeln – mit verlässlichen Rahmenbedingungen, wettbewerbsfähigen Kosten und einer modernen Gesetzgebung. In diesem Zusammenhang ist es begrüßenswert, dass die aktuelle Regierung sich der oben genannten Herausforderungen angenommen hat.

Bleibt zu hoffen, dass die angekündigten Maßnahmen zügig umgesetzt werden. Denn Industrie ist nicht nur Vergangenheit. Sie ist Gegenwart und Zukunft. Sie ist Garant für Arbeitsplätze, für soziale Sicherheit und für wirtschaftliche Stabilität. Luxemburg ist durch die Industrie stark geworden, und Luxemburg wird es bleiben, wenn es die Industrie auch morgen noch stärkt. 

Grober J-P.
27. September 2025 - 13.29

Produzieren und nochmal produzieren. Unser alter Betriebsleiter Kiesling sagte mal bei einem Erfahrungsaustausch, unser Werk kann nur überleben, wenn es innovativ bleibt.
Das wäre so manchem Produzenten hier im Lande zu wünschen. Neue Headquarters bringen wenig Geld in die Staatskassen.
Staat auf Dienstleistungen aufbauen, geht auf die Dauer komplett daneben.
Müssten den Schweizern einige Patente abkaufen. Müssten in Kobaltminen investieren anstatt die Chinesen gewähren zu lassen. Müssten, müssten, .....
Gibt es Uran in Stolzemburg?

fraulein smilla
27. September 2025 - 10.24

Noch einige Jahre New Gren Deal , und Europa wird so desindustrialisiert sein wie es nicht mal die Deutsche Luftwaffe , die US Air Force und die Royal
Air Force im 2ten Weltkrieg geschafft haben .

Reinertz Barriera Manfred
27. September 2025 - 10.06

Wo Herr Spautz recht hat, da hat er auch Recht, in jedem Land ist das Fundament des Wohlstands und der sozialen Stabilität die Industrie, nur muss man das mal den grünen Futsies beibringen....