Dienstag28. Oktober 2025

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GazastreifenDie humanitäre Lage wird immer prekärer

Gazastreifen / Die humanitäre Lage wird immer prekärer
Der Krieg hinterlässt sichtbare Folgen Foto: AFP/Fadel Senna

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Die humanitäre Lage im Gazastreifen wird immer prekärer. Die beiden größten Krankenhäuser in dem bislang von der radikal-islamischen Hamas kontrollierten Küstengebiet mussten nach palästinensischen Angaben den Betrieb herunterfahren.

Nach UN-Angaben sind inzwischen die Hälfte der Krankenhäuser in Gaza geschlossen. Vor dem größten Krankenhaus Al-Schifa positionierten sich nach palästinensischen Angaben vom Montag israelische Truppen. Sie vermuten im Tunnelsystem unterhalb des Krankenhauses eine Kommandozentrale der radikal-islamischen Hamas.

Der Sprecher der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde im Gazastreifen, Aschraf Al-Kidra, sagte, in den vergangenen drei Tagen seien 32 Patienten in dem Krankenhaus gestorben, darunter drei Neugeborene. Mindestens 650 Patienten befinden sich demnach noch in der Klinik und warteten auf ihre Evakuierung. Al-Kidra, der sich in dem Krankenhaus aufhielt, berichtete der Nachrichtenagentur Reuters am Telefon von israelischen Panzern, die vor dem Gebäude Stellung bezogen hätten.

Der Chirurg Ahmed El Mochallalati berichtete per Telefon: „Das ist hier eine vollkommen zivile Gegend.“ Im Gebäude befänden sich ausschließlich Krankenhaus-Equipment, Patienten, Ärzte und andere Zivilisten. „Jemand sollte das beenden“, sagte er. Das Krankenhaus sei vollkommen belagert. Mitarbeiter hatten bereits am Sonntag berichtet, dass wegen israelischer Bombardements sowie Mangel an Treibstoff und Medikamenten insbesondere Babys gefährdet seien. Reuters konnte die Angaben unabhängig nicht überprüfen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) konnte nach Angaben ihres Generaldirektors Tedros Adhanom Ghebreyesus zwar Kontakt zu Mitarbeitern von Al Schifa in Gaza-Stadt wieder herstellen. Die Lage sei aber verheerend und gefährlich. Der ständige Beschuss und die Bombardierungen in der Region hätten die ohnehin schon kritischen Umstände noch verschlimmert. Die Zahl der Todesfälle unter den Patienten sei erheblich gestiegen. Die Klinik funktioniere als Krankenhaus nicht mehr.

44 israelische Soldaten getötet

Das israelische Militär hatte erklärt, es habe Samstagnacht 300 Liter Treibstoff vor dem Eingang des Krankenhauses deponiert und angeboten, neugeborene Babys zu evakuieren. Beide Gesten seien aber von der Hamas blockiert worden. Der Palästinensische Rote Halbmond teilte mit, auch das Al-Kuds-Krankenhaus sei außer Betrieb. Das Personal habe zudem Probleme, die bereits dort befindlichen Menschen zu versorgen, da kaum Medikamente, Nahrung und Wasser zur Verfügung ständen.

Drei große UN-Organisationen äußerten sich entsetzt über die Situation in den Krankenhäusern. „Die Welt darf nicht stillschweigend zusehen, wie sich Krankenhäuser, die eigentlich sichere Zufluchtsorte sein sollten, in Schauplätze des Todes, der Verwüstung und der Verzweiflung verwandeln“, erklärte WHO-Chef Ghebreyesus. Er schloss sich Forderungen nach einer sofortigen Feuerpause an.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärte am Sonntagabend: „Die Krankenhäuser müssen (…) sofort mit den dringendsten medizinischen Gütern versorgt werden, und Patienten, die dringend medizinische Versorgung benötigen, müssen sicher evakuiert werden“, forderte Borrell im Namen der 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union. „In diesem Zusammenhang fordern wir Israel auf, größtmögliche Zurückhaltung zu üben, um den Schutz der Zivilbevölkerung zu gewährleisten.“ Gleichzeitig verurteile die EU „den Einsatz von Krankenhäusern und Zivilisten als menschliche Schutzschilde durch die Hamas“.

Bei der Gaza-Offensive wurden inzwischen 44 israelische Soldaten getötet, wie die Armee mitteilte. Nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden bis Sonntagabend im Gazastreifen 11.180 Menschen getötet. Etwa zwei Drittel der 2,4 Millionen Bewohner des Gazastreifens sind nach Angaben des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) innerhalb des schmalen Küstengebiets auf der Flucht. (Reuters/AFP)