Noch vor dem Ende der Fußball-Europameisterschaft der Frauen in der Schweiz gibt es einen klaren Gewinner: den Frauensport. Fast alle Spiele waren ausverkauft. Im Schnitt sahen über 20.000 Zuschauer die Partien. Ein absoluter Rekord für eine Fußball-EM der Frauen. Gleichzeitig ist es ein Ausrufezeichen. Der Frauensport ist mehr denn je im Kommen und bekommt mittlerweile den medialen Respekt, den er verdient. Eine ausführliche Berichterstattung über dieses Event ist inzwischen im Großteil der europäischen Länder Normalität geworden. Das war vor nicht allzu langer Zeit noch anders. Wohl nur die wenigsten „traditionellen“ Fußballfans konnten die Länder aufzählen, die in den vergangenen 20 Jahren bei den Frauen die EM oder WM gewonnen haben.
Das Tageblatt hat diese Emanzipation schon lange hinter sich. In Luxemburgs Sportredaktionen arbeiten Stand heute 25 Männer und nur drei Frauen. Zwei dieser Journalistinnen sind beim Tageblatt angestellt. Die Berichterstattung über Frauen im Sport hat in den vergangenen Jahren bei uns drastisch zugenommen. Das kann nicht jedes Medium von sich behaupten. Einige haben diesen Zug verpasst. Wir befinden uns eher in der Vorreiterrolle.
Aber auch bei uns dominiert vor allem in der größten Sportart Fußball der Männerbereich. Richtig ebenbürtige Berichterstattung, die sich über Wochen hinwegzieht, gibt es ehrlich gesagt nur bei Großevents wie bei den Olympischen Spielen.
Als Zeitung haben wir die Pflicht, den Leser zu informieren, kritisch zu sein, zu hinterfragen und auf Missstände aufmerksam zu machen. Unsere Aufgabe ist es aber auch, dafür zu sorgen, dass die Auflage oder die Besucherzahlen online stimmen.
Fakt ist heutzutage noch immer, dass sich Frauen zwar sehr für Männersport interessieren, umgedreht ist das jedoch weniger der Fall. Zumindest nicht in gleichbleibendem, konstantem Ausmaß. Die Leistungen der spanischen Ausnahmekönnerin Alexia Putellas werden nach der EM wohl nur wenige Männer weiter verfolgen. Ihr Landsmann Lamine Yamal wird hingegen bei Frau oder Mann weiterhin ein Thema sein.
Aus einer Studie von Eurostat geht hervor, dass im Jahr 2022 in Luxemburg 44 Prozent der Männer an einer „Live-Sportveranstaltung“ teilgenommen haben, bei den Frauen waren es 13 Prozent weniger.
Ja, es stimmt, dass dauerhafte Berichterstattung über ein Thema das Interesse an diesem vergrößert. Es stimmt auch, dass es unsere Aufgabe als humanistisch eingestellte Redaktion ist, für Gleichberechtigung zu sorgen. Es stimmt aber auch, dass wir uns von den Interessen unserer Leserschaft – zumindest teilweise – leiten lassen müssen.
Das Tageblatt wird weiterhin in großem Maße über die sportlichen Leistungen der luxemburgischen Frauenmannschaften und Einzelsportlerinnen berichten. Sie werden die Zeilen bekommen, die sie verdienen. Das Geschlecht sollte jedoch nicht darüber bestimmen, wie groß die Berichterstattung sein soll. Die Leistungen und die Popularität sind weiterhin ein ausschlaggebender Faktor.
Sprintstar Patrizia Van der Weken hat es in der Vergangenheit auf die Titelseite das Tageblatt geschafft und wird dies wohl auch in naher Zukunft noch einige Male fertigbringen. Weil sie es verdient hat – und nicht, weil sie eine Frau ist.
Der Kommentar trifft einen entscheidenden Punkt: Sportberichterstattung sollte sich in erster Linie an der sportlichen Leistung und dem Stellenwert des jeweiligen Wettbewerbs orientieren – unabhängig vom Geschlecht der Athlet:innen. Eine Berichterstattung nur weil es sich um Frauen handelt, wäre genauso wenig zielführend wie eine, die Frauen trotz ihrer Leistung ignoriert.
es zeigt sich, dass der Frauensport in einigen Bereichen nach wie vor im Schatten des Männersports steht – sei es in der öffentlichen Wahrnehmung, bei den finanziellen Rahmenbedingungen oder in der Medienpräsenz. Dennoch gab und gibt es positive Ausnahmen: Leistungen von Sportlerinnen wie von Patricia van der Weken oder Marie Schreiber sowie die der Damen-Nationalteams im Basketball und Fußball wurden in der Vergangenheit durchaus gewürdigt. Besonders im Radsport wurde phasenweise laut eigener Beobachtung teilweise sogar intensiver über Frauen berichtet als über Männer.
Dabei darf jedoch nicht nur die Presse in die Verantwortung genommen werden. Auch Sportverbände, das Sportministerium und Institutionen wie der COSL sind gefordert, strukturelle Gleichberechtigung zu fördern – etwa durch gleiche Fördermittel, Trainingsbedingungen oder transparente Auswahlprozesse.
Schließlich ist eine stärkere Sichtbarkeit des Frauensports in den Medien nicht allein Selbstzweck. Sie muss Hand in Hand gehen mit der Wertschätzung echter Leistung. Nur so kann ein Bewusstseinswandel stattfinden – weg von quantitativer Gleichheit hin zu qualitativer Gerechtigkeit in der Berichterstattung.