Handel im Wandel: Die Serie
In der wöchentlichen Artikelserie „Handel im Wandel“ schaut sich das Tageblatt in Zusammenarbeit mit dem „Observatoire national des PME“ (GIE) die Geschäftswelt der Luxemburger Gemeinden an. Mithilfe des Datentools „Cadastre de commerce“ wird zunächst die Situation in der jeweiligen Kommune analysiert, dann kommen die Gemeindeverantwortlichen zu Wort: Wie steht es um den lokalen Einzelhandel? Was unternimmt die Politik, um die Geschäftswelt zu beleben? Das Tageblatt untersucht jeden Montag eine oder mehrere neue Gemeinden. Nach der Vorstellung der Köpfe hinter dem Datentool des Katasters beginnt die Artikelserie mit Esch.

Die Stadt Esch/Alzette blickt auf eine lange Geschichte als Handelsstandort zurück. Ein Ausdruck dieser Tradition ist der Escher Geschäftsverband, der im Jahr 2024 sein 120-jähriges Bestehen begangen hat.
Zur aktuellen Lage des Escher Handels stellt sich die Frage, welche Herausforderungen bestehen und welche strategischen Ziele verfolgt werden. Innerhalb der Stadt besteht Konsens über die Bedeutung verlässlicher und aktueller Daten für die Stadtentwicklungsplanung. In diesem Zusammenhang zählt Esch zu den ersten Partnergemeinden des „Observatoire national des PME“ und erhält dadurch Zugang zu den Analysen des „Cadastre de commerce“.
Zum Ende des Jahres 2025 wurden im Stadtgebiet insgesamt 249 Einzelhandelsgeschäfte, 237 Horeca-Betriebe und über 323 Dienstleistungsbetriebe gezählt. Der Anteil Eschs am landesweiten Einzelhandel liegt bei etwa 8,56 Prozent, während der Anteil an der Gesamtbevölkerung bei rund 5,57 Prozent liegt. Diese Zahlen lassen auf eine überdurchschnittliche Handelsbedeutung innerhalb des Großherzogtums schließen. Dies wird auch durch den berechneten Zentralitätswert von 210 gestützt, der die wirtschaftliche Anziehungskraft der Stadt im regionalen Vergleich quantifiziert. In diesem Zusammenhang zeigt sich, dass in Esch ein höheres Einzelhandelsvolumen erzielt wird, als es der lokalen Kaufkraft entsprechen würde. Nur die Gemeinde Echternach weist einen höheren Zentralitätswert (251) auf.

Dazu sagt Schöffe Pim Knaff
Tageblatt: Welche Herausforderungen hat die Escher Geschäftswelt und welche strategischen Ziele verfolgt die Stadt Esch?
Pim Knaff: Herausforderungen sind die hohen Mieten, Spekulation, Konformität, Konkurrenz durch E-Handel und Shoppingcenter sowie die Erreichbarkeit beziehungsweise Zugänglichkeit. Die Strategie der Stadt Esch zur Unterstützung des Einzelhandels ist zunächst einmal das Leerstands-Management via das Projekt Claire. Das begann mit dem Inventar der Geschäftswelt. So konnte der Leerstand in letzter Zeit verringert werden. Dann gibt es weitere Hebel, zum Beispiel die Steuer auf leerstehende Lokale, die ab der „Rentrée“ erhoben werden soll. Oder die „Gestion locative commerciale“ (GLC), der Escher Blog, die Animation rund um das Zentrum. Die soll zum Beispiel in Zukunft besser koordiniert sein, weshalb eine Firma aus Deutschland momentan eine Studie hierzu ausarbeitet. Das daraus resultierende Konzept soll ab Herbst umgesetzt werden. (P.M.)
Die Innenstadt von Esch erfüllt eine zentrale Funktion als Einkaufsstandort in der Südregion. Hier befinden sich 139 Einzelhandelsgeschäfte mit einer Gesamtverkaufsfläche von 16.385 m² sowie 100 Horeca-Betriebe. Ergänzt wird das Zentrum durch über 204 Dienstleistungsbetriebe. Im nationalen Vergleich liegt das Escher Stadtzentrum hinsichtlich Anzahl der Geschäfte und Verkaufsfläche an dritter Stelle hinter der Oberstadt und dem Bahnhofsviertel in Luxemburg-Stadt. Ein weiterer Standort mit hoher Konzentration an Verkaufsflächen ist das Einkaufszentrum Belval Plaza I+II mit rund 9,14 Prozent der Escher Einzelhandelsgeschäfte und etwa einem Drittel der Verkaufsflächen.
Ein Blick auf die aktuellen Daten zeigt, dass sich die Leerstandsquote in den vergangenen Jahren reduziert hat. Zwischen 2019 und Ende 2025 sank sie von einem Höchstwert von 20,9 Prozent auf 15,6 Prozent. Damit nähert sich die Quote dem aktuellen Landesdurchschnitt von 12,4 Prozent an. Die Entwicklung weist auf Veränderungen im Umgang mit Leerständen und auf die Auswirkungen von Maßnahmen im Bereich Flächenmanagement hin.
Gleichzeitig zeigen die Daten auch einen Rückgang der Einzelhandelsaktivitäten im Zentrum: Die Zahl der Geschäfte sank von 156 im Jahr 2019 auf 139 im Jahr 2025 (-10,9 Prozent).
Dazu sagt Schöffe Pim Knaff
Tageblatt: Wie viel Einfluss haben Sie darauf, welche Geschäfte sich in Esch niederlassen? Und welche Auswirkung werden die zukünftigen neuen Stadtviertel auf das „alte Zentrum“ haben?
Pim Knaff: Ersteres reguliert der Markt. Die Geschäfte sind auf ihre Kundschaft ausgelegt. Da das Durchschnittseinkommen in Esch weniger hoch ist als zum Beispiel in anderen Städten, wird es hier wohl auch in Zukunft keine Luxusgeschäfte geben. „Rout Lëns“ und „Metzeschmelz“ dürfen der Geschäftswelt im Zentrum nicht zusätzliche Konkurrenz machen. Dort sollen nur Geschäfte für den täglichen Bedarf implantiert werden. Daher sind die neuen Stadtviertel auch eine große Chance für das Zentrum, denn es rückt durch die Viertel wirklich ins Zentrum von Esch. (P.M.)
Im Horeca-Sektor blieb die Zahl der Betriebe mit 100 nahezu konstant (2019: 103), obwohl die Einwohnerzahl im gleichen Zeitraum um 5,86 Prozent gestiegen ist. Die Nutzung leer werdender Flächen durch Dienstleistungsbetriebe hat zugenommen, was auf eine Umnutzung von Einzelhandels- zu Dienstleistungsflächen hinweist. Diese Entwicklung ist nicht auf Esch beschränkt, sondern lässt sich auch in anderen Städten beobachten. Ein möglicher Einflussfaktor ist der wachsende Anteil des Onlinehandels am Gesamtumsatz, wodurch der Bedarf an klassischen Verkaufsflächen zurückgeht.

De Maart
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