Montag10. November 2025

Demaart De Maart

DeutschlandDie FDP, ein Geisterschiff noch ohne Kapitän

Deutschland / Die FDP, ein Geisterschiff noch ohne Kapitän
Christian Dürr, ehemaliger FDP-Fraktionsvorsitzender, will Parteivorsitzender werden Foto: dpa/Michael Kappeler

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Die FDP gliche einem Geisterschiff, wäre da nicht einer, der an Deck geblieben ist und nach dem Ruder greift: An der Kandidatur des bisherigen Fraktionschefs Christian Dürr für den Parteivorsitz gibt es bisher wenig Kritik.

Um die FDP ist es still geworden seit dem desaströsen Wahlabend am 23. Februar. Die Partei war auf 4,3 Prozent abgestürzt, an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert – und Christian Lindner, über elf Jahre die nach außen unbestrittene Führungsfigur, erklärte noch am selben Abend seinen Rückzug aus der Politik. Nur einmal noch zeigte sich der ehemalige Bundesfinanzminister im Bundestag bei der Debatte zum Mega-Schuldenpaket von Union und SPD, danach war Schluss. Die 90 Abgeordneten packten ihre Sachen, bis zur Konstituierung des neuen Bundestags am 25. März mussten ihre Büros frei sein für neue Mandatsträger anderer Parteien.

Die FDP könnte ein führungsloses Geisterschiff sein, wären da nicht doch noch einige wenige, die an Bord geblieben sind und nach dem Ruder greifen: Christian Dürr, der bisherige Fraktionschef, rang sich drei Wochen nach der Wahl durch und beendete die Spekulationen um die künftige Parteiführung. Der 47-jährige Niedersachse will auf dem Bundesparteitag am 16./17. Mai in Berlin für den Vorsitz kandidieren – und bisher ist aus seiner Partei an dieser Entscheidung wenig Kritik zu hören. Dürr habe in der Fraktion gut moderiert, Meinungen zusammengeführt, er könne zuhören, sei ein Teamplayer. „Mit Dürr wird das keine One-Man-Show wie bei Lindner, dafür ist er gar nicht der Typ“, sagt ein ausgeschiedener Abgeordneter.

Zu sehr auf Lindner fokussiert

Allerdings ist Dürr auch in anderer Hinsicht kein Lindner. Er hat weniger Strahlkraft, ist weniger Medienprofi, hat weniger Redetalent und mancher traut ihm auch nicht die notwendige analytische Tiefe zu, um dem Liberalismus in Deutschland neues Leben einzuhauchen. Vielleicht ist das ein weiterer Grund dafür, dass sich so viele in der FDP ein Team an der Spitze wünschen. „Wir haben als Partei den Fehler gemacht, unsere Hoffnungen vor allem in eine Person zu setzen. Wir haben Christian Lindner auch zu viel zugemutet, indem wir ihm gesagt haben: Es kommt nur auf dich an“, sagt etwa die 35-jährige Gyde Jensen, bisher Fraktionsvize unter Dürr. „Diesen Fehler der Verengung auf eine Person sollten wir nicht wiederholen. Das Team ist die Hoffnung.“

Die zu starke Verengung auf seine Person wird allerdings auch Lindner selbst angelastet. „In den vielen Jahren parlamentarischer Präsenz war es nicht möglich, Personen derart aufzubauen, dass diese ernsthaft als Nachfolger infrage gekommen wären und jetzt die hinterlassene Lücke füllen könnten“, heißt es in einem elfseitigen Papier des Ex-Bundestagsabgeordneten Max Mordhorst, den viele eher konservative FDP-Politiker unterzeichnet haben, darunter Parteivize Wolfgang Kubicki. „Das Problem ist nicht, dass nun eine Teamlösung gefordert wird, die es schon lange hätte geben müssen. Das Problem ist, dass diese Teamlösung aufgrund der personellen Verfasstheit der Partei geradezu alternativlos ist“, schreibt Mordhorst.

Auch Dürr verspürt diese Alternativlosigkeit – und ist deshalb zunächst auf die beiden FDP-Schlachtrösser Kubicki (73) und Marie-Agnes Strack-Zimmermann (66) zugegangen. Beide hatten nach der Wahl erklärt, sie könnten sich den Vorsitz vorstellen. Eine endgültige Entscheidung hatten sie sich aber offengehalten. Sie lassen jetzt Dürr den Vortritt, werden ihm aber nicht von der Stange gehen. „Ich selbst werde mich weiter im Präsidium der FDP einbringen. Alles andere wird von der Partei entschieden“, sagt die populäre Düsseldorfer Europapolitikerin Strack-Zimmermann.

Auch inhaltlich Neuanfang gesucht

Was allerdings fehlt, wäre frischer Wind in der Führungsriege. Denn Dürr, Kubicki oder Strack-Zimmermann stehen nicht gerade für einen Neuanfang, die Fehler der Vergangenheit gehen teils auch auf ihre Kappe. Deshalb sollen jetzt die FDP-Landesvorsitzenden auf Bundesebene sichtbarer werden. Der nordrhein-westfälische FDP-Chef Henning Höne etwa will für das Parteipräsidium in Berlin kandidieren.

Auch inhaltlich sucht die FDP einen Neuanfang. Viele fordern ein neues Grundsatzprogramm. Auf allen FDP-Flügeln wächst die Einsicht, dass man sich im Wahlkampf zu sehr auf Wirtschafts- und Finanzfragen beschränkt und liberale gesellschaftliche Themen zu sehr außer Acht gelassen hat. „Die Gründe für unser Abschneiden liegen unter anderem in strategischen Fehlentscheidungen und einer zu starken thematischen Verengung im Wahlkampf. Wir müssen uns thematisch deutlich breiter aufstellen und liberale Angebote machen“, sagt auch Strack-Zimmermann.

Politikwissenschaftler sehen relativ gute Chancen auf eine Rückkehr der FDP in den Bundestag. „Angesichts der sich schon jetzt abzeichnenden Widersprüchlichkeiten der Regierungspolitik werden die Liberalen sicher gute Möglichkeiten haben, den Finger in die Wunden zu legen. Zudem verfügt die FDP organisatorisch immer noch über genügend Substanz“, sagt etwa der Bonner Parteienforscher Frank Decker.

Luxmann
2. April 2025 - 7.38

Dann hatte das geistefschiff ja noch mal glueck,dass nicht die klabauterfrau SZ zur kapitaenin bestimmt wurde.