Tageblatt: Augusto Farfus, Sie sind BMW immer treu geblieben. Maxime Martin, Sie haben einen Abstecher zu Aston Martin gemacht, aber jetzt sind Sie beide wieder bei den Münchnern vereint …
Augusto Farfus: Max und ich sind Freunde seit ewig und sind es auch geblieben, als Max bei Aston Martin fuhr. Eigentlich ist es so, als ob Max nie weg war von BMW.
Sie starten jetzt für das belgische WRT-Team, das bis vor diesem Jahr immer Audis eingesetzt hat und somit immer Ihr größter Konkurrent war. Wie ist es, jetzt für WRT an den Start zu gehen?
Maxime Martin: Für mich war das am Anfang schon gewöhnungsbedürftig, da wir immer gegen sie angetreten sind, ganz besonders zu meiner VDS-Zeit. Ich war schon etwas aufgeregt, als ich Ende letztes Jahr zu meinem ersten Test mit WRT kam. Aber ich kannte so viele Leute dort und das Team ist super-professionell.
A.F.: Zu jeder Zeit haben wir WRT als einen starken und professionellen Gegner angesehen und respektiert. Als WRT jetzt zu BMW wechselte, haben wir festgestellt, weshalb das Team seit all den Jahren so erfolgreich ist. BMW ist immer mit großen Einsatzteams angetreten. Wir werden zweifelsohne mit WRT noch eine sehr erfolgreiche Zukunft haben.
Bei den Endurance-Rennen teilen Sie sich das Auto mit Valentino Rossi. Er hat seine riesige Fangemeinde aus der MotoGP mit ins GTWC gebracht. Wie ist es, mit so einem großen Star zusammen zu fahren?
M.M.: Als man mir sagte, dass ich ein Auto mit Valentino teilen werde, wusste ich nicht wirklich, was mich erwarten würde. Er ist eine Legende und die ganze Atmosphäre um ihn mit seinen Fans ist sehr speziell, aber ich muss sagen, dass er ein sehr netter und bescheidener Kerl ist. Er ist wohl ein großer MotoGP-Star, aber er ist sehr offen, um über das Rennfahren auf vier Rädern dazuzulernen. Er will unbedingt erfolgreich sein und arbeitet sehr hart dafür. Augusto und ich haben genügend GT-Erfahrung, um ihm die Feinheiten dieses Sports näherzubringen. Wir drei sind ein sehr harmonisches Gespann, das sehr eng zusammenarbeitet.
A.F.: Valentino ist ein Champion, ein Racer, er weiß, wie man als Team arbeitet, wie man die Limits immer weiter steckt. Das Umfeld ist für ihn vielleicht neu, aber das Grundkonzept bleibt das Gleiche wie bei der MotoGP.

Ist es nicht manchmal nervig, wenn jeder nur von Valentino spricht, wenn es um den BMW mit der Startnummer 46 geht?
A.F.: Für mich ist es eine Ehre, zusammen mit dem größten MotoGP-Star der Geschichte zu fahren. Für mich ist es völlig normal, dass Hunderte Fans im Fahrerlager und auf den Tribünen auf ihr Idol warten.
M.M.: (grinst) Aber Augusto, Blau-Gelb-Grün sind doch auch die brasilianischen Farben und somit kannst du immer sagen, dass die vielen Fans dir zujubeln …
A.F.: (lacht) Ja, das ist richtig, ich sage meiner Mutter auch immer, dass es meine Fans sind.
BMW tritt nächstes Jahr mit dem LMDh in der WEC an. Augusto, Sie fahren das Auto bereits jetzt in der amerikanischen IMSA-Serie; Max, Sie haben das Auto kürzlich in Spanien getestet. Was können Sie uns hierzu sagen?
M.M.: Es war sehr interessant, bei diesem Test zu sehen, wie das Hypercar sich verhält. Dieses ist schon sehr unterschiedlich zum GT3 M4: Es verfügt über unheimlich viel Power, ist technisch sehr ausgetüftelt, hat viel Anpressdruck und die Beschleunigung ist phänomenal. Ich empfinde das Verhalten des LMDh als eine Mixtur von allen Rennwagen, die ich bisher gefahren bin, ob das jetzt LMP2, DTM oder GT sind. Diese Autos sind einfach überwältigend. Ich verstehe jetzt besser, wieso so viele Marken an diesen Meisterschaften (WEC und IMSA; Anm. d. Red.) teilnehmen.
A.F.: In der IMSA-Serie sind wir jetzt seit Anfang des Jahres dabei und wir entwickeln das Auto immer weiter. Sowohl wir Fahrer als auch das Einsatzteam von Bobby Rahal haben keine Prototypen-Erfahrung auf den amerikanischen Strecken, aber von Rennen zu Rennen werden wir immer besser. In Watkins Glen haben wir vor kurzem dann auch unser erstes Rennen gewonnen. Von allen LMDh-Teilnehmern haben wir in kürzester Zeit, seit Daytona im Januar, den größten Entwicklungsschritt erzielt. Es ist nicht einfach, besonders da es viele Standardteile für alle Marken gibt, die jeder für sich anpassen muss. Des Weiteren ist es das Zusammenspiel von dem amerikanischen Einsatzteam, den deutschen Technikern von BMW und von uns (internationalen) Piloten. All diese Leute sind nicht permanent beisammen, aber wir alle sind sehr bescheiden, niemand zeigt mit dem Finger auf den anderen und wir machen zusammen einen sehr guten Job. Es ist eine große Herausforderung, aber es macht sehr viel Spaß.
Kommen wir auf die GT-Autos zurück. Sie sind beide Class1-DTM, LMGTE- und GT3-Renner gefahren. Inwiefern unterscheiden diese sich?
M.M.: Eigentlich gibt es gar keine so großen Unterschiede. Es sind die Reifen, die alles so verschieden machen. In der LMGTE hat Michelin für jeden einzelnen Hersteller (Aston Martin, BMW, Corvette, Ferrari, Porsche usw.; Anm. d. Red.) einen eigenen Reifen entwickelt, wogegen in der GT3 sich alle Marken mit ein und demselben Reifen begnügen müssen. In Europa (GTWC) kommt dieser von Pirelli und in Amerika (IMSA) von Michelin. Es ist natürlich einfacher, wenn du einen spezifischen Reifen für dein Auto entwickeln kannst, als wenn du deine Abstimmung mit einem Standardreifen machen musst. Die Herausforderung für den Reifenhersteller eines Einheitsreifens ist natürlich, dass er einen Reifen bauen muss, der auf allen Strecken sowohl für Autos mit Frontmotor wie Mittel- und Heckmotor, mit kurzem, mittel und langem Radstand funktionieren muss. Das Resultat ist also immer ein Kompromiss für jedermann.
Sie haben beide bereits viele große Rennen gewonnen. Welche Rennen stehen noch ganz oben auf Ihrer Sieges-Wunschliste und wo würden Sie nächstes Jahr gerne fahren?
A.F.: Ich will die 24 Stunden von Spa gewinnen und (er witzelt) ich möchte IMSA und WEC in einem LMDh, GTWC in einem GT3, die 24 Stunden vom Nürburgring und auch noch Macao bestreiten, also eine gaaaanz lange Liste.
M.M.: Man möchte ganz einfach alle großen Rennen gewinnen, an denen man teilnimmt, egal ob das nun das erste Mal ist oder ob man schon einmal siegreich war. Genau wie Augusto würde ich es lieben, nächstes Jahr im Hypercar (LMDh) zu sitzen.
Sie haben beide Kinder. Was würden Sie sagen, wenn diese den Wunsch äußern würden, Rennfahrer zu werden?
AF: Meine Tochter Victoria, die jetzt zwölf ist, hat bereits drei Rennen bestritten. Ihre beste Freundin ist die Tochter von Mika Häkkinen und diese fährt Kart und ist immer „Maximum Attack“. So kam es, dass Victoria uns eines Tages sagte: „Hey, ich will auch Go-Kart-Rennen fahren.“ Wir haben das dann probiert und ich muss leider sagen, dass sie sich verdammt gut geschlagen hat. Sie hat übrigens auch kürzlich ihren ersten Überschlag erlebt und ihre Mutter war geschockt. Ob Victoria nun Rennfahrerin werden wird, muss man sehen – ich glaube es aber eher nicht. Max, deine Kinder sind wohl noch zu klein, aber du könntest ja Victorias Sponsor werden und sie würde dann das Logo „Pushmommy“ tragen (der Spitzname von Maxime Martin lautet „Pushpappy“, Anm. d. Red.). (beide lachen)
Zum Schluss vielleicht noch eine „luxemburgische“ Anekdote, wenn es denn eine solche gibt?
A.F.: Oh ja. 2016 war ich als Rennfahrer Gast in Colmar-Berg beim „Young Drivers Day“. Als ich am Abend mit dem Flieger nach Nice zurückflog und danach mit dem Auto heim nach Monaco fuhr, kam mir auf der Autobahn, mit voller Geschwindigkeit, ein suizidaler Geisterfahrer entgegen. Dies war eine schreckliche Erfahrung, die ich niemandem wünsche. Ich zitterte am ganzen Körper und musste sofort am Straßenrand anhalten. Das war die Geschichte meines Luxemburg-Trips, bei dem es den ganzen Tag über nur um Unfallvermeidung und Fahrsicherheit ging.
De Maart
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