22. November 2025 - 9.33 Uhr
ForumDie Europäer lassen sich von den USA und China abhängen – Robert Goebbels über den Adler, den Drachen und die Schafe
Trumps Tarif-Krieg gegen China ist um ein Jahr ausgesetzt. Nicht allein die beidseitigen Straf-Zölle wurden herabgesetzt. Eine Reihe sich gegenseitig blockierende Handels-Hindernisse wurden vertagt. Etwa überhöhte Hafengebühren oder Beschränkungen beim Schiffbau. Alles Maßnahmen, die den Chinesen mehr nutzen als den Amerikanern. In der Schifffahrt wie im Schiffbau ist China deutlich stärker als die USA. Im Gegenzug dürfen sich die Soja-Züchter der USA wieder auf massive chinesische Einkäufe freuen. Die nunmehr billiger verschifft werden. Über die strategischen Vorteile des „Deals“ – ungehinderter Ausbau der chinesischen Flotte gegenüber mehr Lieferungen von Soja – darf man geteilter Meinung sein.

China gibt sich als Nation, die alle politischen Systeme respektiert. Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates ist offiziell das oberste Credo Pekings. Deshalb reagiert die Volksrepublik mit größter Empfindlichkeit auf jede vermeintliche Attacke gegen das „Ein-China-Prinzip“. Was Taiwan als unverzichtbarer Teil Chinas begreift.
Eine Bemerkung der neuen japanischen Premierministerin Sanae Takaichi, ein potenzieller Waffengang in der Taiwan-Straße sei eine „Überlebensfrage“ für Japan, veranlasste die chinesische Regierung zu massiven Protesten. Dabei hat China in Bezug auf Taiwan eigentlich das internationale Recht auf seiner Seite. Die Insel mit dem japanischen Namen Formosa gehört historisch zu China. Selbst wenn sie lange von Japan besetzt war. Als Roosevelt und Churchill sich im November 1943 in Kairo trafen, um die Kriegsziele in Europa wie Asien festzulegen, beschlossen sie in Präsenz von Kuomintang-Generalissimus Chiang Kai-shek die Rückgabe aller von Japan annektierten Gebiete an China. Auch Taiwan. Als Nixon und Kissinger 1972 in Peking mit Mao zusammentrafen, um durch die Anerkennung der Volksrepublik China deren Abspaltung vom Sowjet-Imperium zu betreiben, unterschrieben die USA die Zugehörigkeit Taiwans zum Kontinent. Der nationalistischen Regierung in Taiwan wurde ihr Sitz im Uno-Sicherheitsrat aberkannt und dem kommunistischen China zugeteilt. Die Volksrepublik China erbte somit ein Veto-Recht, das sie in der Folge weniger ausübte als die Russen oder die Amerikaner.
Die Bindungen zwischen der Volksrepublik und Taiwan sind größer als allgemein geglaubt. Taiwan ist ein bedeutender Investor in China. Eine taiwanesische Firma stellt dort die Apple-Produkte her, „conceived in California, produced in China“. Jedes Jahr heiraten Tausende Paare aus Taiwan und vom Kontinent. Bei allem Waffengeklirr um Taiwan bleibt die Frage: „Wächst da nicht etwas zusammen, was zusammengehört?“
Wirtschaftsmacht Nummer eins?
Die USA fürchten um ihre globale Vormachtstellung. Seit Obama versuchen alle US-Präsidenten die Volksrepublik in ihrer politischen wie wirtschaftlichen Entwicklung zu behindern. Durch eine verstärkte militärische Präsenz der USA im Pazifik sowie einem kunstvollen Geflecht von Allianzen mit diversen asiatischen Partnern.
China versucht seinerseits, seine Handelsbeziehungen mit dem Rest der Welt abzusichern. Dazu gehört der militärische Ausbau von Felsenriffen im südchinesischen Meer. Dem die USA die Strategie der drei pazifischen Inselketten entgegensetzen. Die „freie Seefahrt“ entlang von Japan, Taiwan, Philippinen, Borneo. Die Route von Japan, Marianen, Guam bis Neu-Guinea. Schließlich die Kette von den Aleutischen Inseln Alaskas über Hawaii, den US-Samoa, Fidschi bis Neuseeland.
Die NATO wurde um den Nord-Atlantik geschaffen. Wird von den USA zunehmend Richtung Asien gedrängt. Der NATO-Einsatz in Afghanistan war nicht gerade ein Erfolg. Wurde von den USA ohne Konsultierung ihrer „Alliierten“ eingestellt. Deshalb sei die Frage erlaubt, ob Europa als Hilfs-Sheriff der USA im Wettstreit mit China fungieren soll.
Zermalmt zwischen zwei Riesen?
Die Europäer sollten sich schon anstrengen, um sich wirtschaftlich zwischen den Giganten USA und China zu behaupten. Noch stellt die EU mit 6 Prozent der Weltbevölkerung zirka 18 Prozent des globalen Sozialproduktes. Tendenz abnehmend. Die Europäer haben ihre Vormachtstellung in allen klassischen Industrien verloren: Chemie, Stahl, Automobile, Kernenergie. In neuen Sektoren, von IT bis KI, glänzen die Europäer durch ihre Abhängigkeit von sechs US-Unternehmen. Denen nur die Chinesen technisch Paroli bieten können.
Airbus, eine der wenigen Erfolgsgeschichten europäischer Industriepolitik, ist bedroht. Die Europäische Luftfahrt gerät durch übertriebene „Umwelt“-Auflagen ins Hintertreffen. Noch verkauft Airbus mehr Flugzeuge als Boeing. Vor allem in China, wo ein Airbus-Werk Flugzeuge für den asiatischen Markt herstellt. Doch entwickelten die Chinesen ein eigenes Passagier-Flugzeug, den „Jet L-919“, vergleichbar dem Airbus 330 oder dem Boeing 737. Bislang sind 1.000 Bestellungen eingegangen.
Es gibt gar eine chinesische Neugeburt für den legendären „Zeppelin“. 50 Meter lang, kann die „Xiangyun AS700“ bis zu 10 Passagiere über 700 km transportieren. Die aus 100 bis 300 Meter Höhe die touristischen Attraktionen der Provinz Jiangnan aus Vogelperspektive bewundern können.
Viele dieser Entwicklungen werden dezentral betrieben. Von den rivalisierenden 31 chinesischen Provinzen. Wobei vielfach die Privatinitiative die treibende Kraft ist. Die Volksrepublik wird zwar zentral geführt durch das Machtmonopol der Kommunistische Partei, die über ambitiöse Fünf-Jahres-Pläne Entwicklungsziele für das gesamte Land erstellt. „Eine neue Form der Planung, welche die marktgetriebenen Prinzipien einer kapitalistischen Wirtschaft und deren unsichtbare Hand mit der sichtbaren Hand einer gesteuerten Regierungspolitik verbindet“, wie es in einem Kommentar der „Peking Review“ zum 15. Fünf-Jahres-Plan (2026-2030) heißt.
Das Zentralkomitee der KPCh erließ „attraktivere Regeln“ für private Investitionen in strategisch wichtigen Sektoren, vom Ausbau der Eisenbahnen bis hin zum Bau von kleineren Kernkraftwerken. Es ist dieser Mix aus staatlichen Ambitionen und privater Kreativität, welche den unaufhaltsamen wirtschaftlichen Aufstieg der Volksrepublik bewirkte. Das chinesische Volk brachte im Lauf seiner Geschichte viele neue Technologien hervor. Selbst wenn es 100 Jahre Entwicklung durch ausländische Bevormundung und Bürgerkriege verlor. Zu Maos Zeiten exportierte China keine 100 Produkte. Doch die Entfesselung der wirklichen Kapazitäten der Chinesen war damals schon in Singapur und Hongkong zu bewundern.
China, das sind 1,4 Milliarden Menschen. Selbst wenn seit 2022 die Demografie rückläufig ist. Dennoch besitzt die Volksrepublik weiterhin mehr Arbeitskraft als die Europäer und die Nord-Amerikaner zusammen. Was automatisch den Produkt-Ausstoß in astronomische Höhen treibt. Höhere Stückzahlen führen zu mehr Produktivität und zu konkurrenzlosen Preisen.
Beispielsweise ist China führend im Bereich von Industrierobotern. In den ersten neun Monaten des Jahres wurden 595.000 Industrie-Roboter produziert, und gar 13,5 Millionen Service-Roboter. Bis 2027 sollen in 100 Industrie- und Logistik-Bereichen zahlreiche „gefährliche, repetitive oder arbeitsintensive“ Jobs durch KI-fähige Roboter ersetzt werden.
„Grüner Wasserstoff“
Wobei die Chinesen allen Technologien den freien Wettbewerb erlauben. Im Gegensatz zu Europa hat China den Verbrennungsmotor nicht verboten. Es werden weiterhin Benziner und Diesel gebaut. Ein halbes Hundert chinesische Autobauer bieten preislich sehr günstige E-Autos an, ausgestattet mit allen elektronischen Gadgets, die Chinas Hightech-Industrie mit immer neuen Anwendungen auf den Markt wirft. Verkaufsfördernd ist, dass in großen Städten wie Peking und Schanghai nur E-Autos uneingeschränkt fahren dürfen. An ein bis zwei Wochentagen dürfen Verbrenner nicht auf die Straßen. Zur Kontrolle haben E-Autos grüne Kennzeichen, Verbrenner blaue! Gelbe Schilder erlauben dieselgetriebenen Nutzfahrzeugen überall freie Fahrt! Zudem ist elektrische Kraft in China drei- bis viermal billiger als in Europa und halb so teuer als in den USA. Weil China keinen Energieträger, von Atom über Kohle, Erdöl, Erdgas bis hin zu den Erneuerbaren, verschmäht.
Die beste Technologie soll sich durchsetzen. Die Volksrepublik investiert in Wasserkraft. Zurzeit entsteht der weltweit größte Staudamm in Tibet, der jährlich 60.000 Megawatt-Stunden Strom produzieren soll. Dabei stellt China bereits 29 Prozent der weltweit genutzten Wasserkraft. Auch bei den anderen Erneuerbaren ist China führend. Es produziert an die 70 Prozent aller Windkraftanlagen. 80 Prozent aller weltweit genutzten Solarzellen werden in China hergestellt. Zunehmend an Entwicklungsländer ausgeliefert. Mit bereits 43 Nationen unterzeichnete Peking „Grüne-Energie-Pakte“, die zu 300 konkreten Projekten führten. Ein konkreterer Beitrag zur Verringerung der Klima-Gase als die Moralpredigten der EU.
Die von „grünem Wasserstoff“ träumt. Dabei werden 60 Prozent aller zur Herstellung von Wasserstoff unerlässlichen Elektrolyseure in China produziert. Peking hat sich zum Ziel gesetzt, bis spätestens 2035 mit Wasserstoff angetriebene Autos auf den Markt zu bringen. Zu diesem Datum will die EU bekanntlich die Produktion von Verbrennungsmotoren beendigen. Dummerweise benötigen Wasserstoff-Autos Verbrennungsmotoren. Welche der Kontinent, der den Verbrennungsmotor erfand, dann wohl aus China importieren muss …
Überhaupt kontrolliert China die gesamte technologische Entwicklung. Ob Batterien, Magnete, moderne Elektronik bis hin zu Künstlicher Intelligenz, nichts funktioniert ohne seltene Erden oder Metalle. Die zu 95 Prozent in China raffiniert werden. Was Umweltauflagen in Europa praktisch verbieten.
Es ist die Vormachtstellung Chinas für kritische Mineralien, die Trump zum Einlenken in seinem Handelskrieg mit China zwang. Die USA sind dabei, sich ihrerseits mit diesen Mineralien einzudecken, um ihren Führungsanspruch bei Chips, Batterien und KI zu sichern. Derweilen streiten sich die Europäer um Lieferketten-Regulierung und andere bürokratische Beschränkungen ihrer wirtschaftlichen Zukunft!
De Maart
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