Die Ein-Zimmer-Lösung: Wohngemeinschaften in Luxemburg

Die Ein-Zimmer-Lösung: Wohngemeinschaften in Luxemburg

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Die Situation am luxemburgischen Immobilienmarkt ist unschön. Ein Element im Lösungspuzzle könnten Wohngemeinschaften sein. Gesetzgeber und Gemeinden behindern diese Art des Wohnens allerdings eher, als dass sie sie fördern.

Wohnen ist ein dringendes Problem in Luxemburg. Junge Menschen können es sich kaum mehr leisten, in Luxemburg zu wohnen. Vier Parteien in Regierungsverantwortung konnten nicht für Linderung sorgen. Immer öfter ist zu hören, es könne eben nicht mehr jeder ein eigenes Haus besitzen. Die Bewohner Luxemburgs müssten sich an kleinere Wohnungen gewöhnen. Die Politik scheint machtlos.

Vor allem junge Bürger sind betroffen. Sie stehen vor der Entscheidung, sich langfristig zu verschulden, um eine teure Immobilie zu kaufen, oder monatlich eine hohe Miete zu zahlen. Die Alternative ist das Hotel Mama. Die Zahlen sprechen dafür, dass letztere Lösung viel in Anspruch genommen wird. Luxemburger werden zwar sehr früh flügge – was wohl dem Umstand geschuldet ist, dass viele im Ausland studieren –, betrachtet man allerdings die Alterskategorie von 25 bis 35 Jahren, so stellt man fest, dass ein Drittel noch im Elternhaus lebt. Viele trotz festem Arbeitsvertrag.

Eine wirkliche Alternative kann die Wohngemeinschaft sein. Christian Kirpach lebt in einer solchen WG. Er ist der Hauptmieter des Hauses in Esch. Seine Mitbewohner sind Untermieter. Er ist dafür zuständig, neue Mitbewohner zu finden, wenn einer auszieht. „Die Leute stehen Schlange“, sagt er. Noch nie musste er eine Anzeige schalten. Es gibt immer jemanden im Bekanntenkreis der Bewohner, der eine Bleibe sucht und einziehen will.

Steigende Zustimmung

Bis vor ein paar Jahren hätte das noch nicht funktioniert, meint er. Eine WG war ein No-Go. Die Immobilienbesitzer wollten am liebsten nur an junge Paare mit zwei festen Einkommen vermieten. Das habe sich aber geändert. Er sieht in den Wohngemeinschaften auch einen Gewinn an Lebensqualität. Zuvor habe er in einem Wohngebäude gelebt und fühlte sich durch die Nachbarn gestört. Durch die Wohngemeinschaft kann er es sich erlauben, in einem Haus zu leben. Das Leben in der WG ist auch nachhaltiger, behauptet er. Die Bewohner können sich ein Auto teilen und ihren Wocheneinkauf gemeinsam planen. Mit 31 ist Kirpach der älteste Bewohner. Das heißt auch, dass in dem Haus öfters mal Besuch stattfindet. Kirpach stört sich nicht daran. Jeder Hausbewohner hat seinen Rückzugsort, erklärt er.

Offiziell gibt es Wohngemeinschaften in Luxemburg nicht. Nicht juristisch. Das statistische Amt kennt zwar die Wohnform, in der Menschen ohne Familienbande in einem Haushalt zusammen wohnen. Dies trifft aber genauso gut auf unverheiratete Paare zu, sodass die festgestellte Explosion dieser Wohnform nichts über die Zahl der Wohngemeinschaften in Luxemburg verrät. Wer in Luxemburg zusammen wohnt, bildet einen Haushalt. Mit allen Verpflichtungen, die damit verbunden sind. Der Staat erwartet, dass Haushaltsmitglieder in schwierigen Zeiten füreinander aufkommen. Deshalb wird zum Beispiel bei der Berechnung des sozialen Mindesteinkommens „Revis“ auch das Gehalt der anderen Haushaltsmitglieder eingerechnet. In einer Wohngemeinschaft, in der junge Menschen mehr oder weniger zweckmäßig zusammen wohnen, kann das zur Belastung werden.

Dass das Gesetz Wohngemeinschaften nicht gerade fördert, weiß auch Sarah Mellouet. Sie hat sich für „Fondation Idea“, den Think-Tank der Handelskammer, mit dem Thema beschäftigt. Zum einen gibt es steuerliche Gründe, keine Wohngemeinschaft zu gründen. Wer eine Immobilie kauft und dann Mieter aufnimmt, verliert seine steuerlichen Vergünstigungen. Auch der „bëllegen Akt“ gilt nur, wenn die gekaufte Wohnung in den zwei ersten Jahren nicht kommerziell genutzt wird – es dürfen also keine Untermieter aufgenommen werden.

Bremse im Bebauungsplan

Für Unklarheiten können auch die Bebauungspläne (PAG) der Gemeinden sorgen. In der Regel sehen sie nur zwei Arten von Wohngebäuden vor: Einfamilienhäuser und Appartementhäuser (Residenzen). Bei Zweiteren sehen sie oft auch vor, wie viele Wohneinheiten in einem Gebäude sein dürfen. Wohngemeinschaften sind in den Bebauungsplänen nicht vorgesehen.

Liegt ein Einfamilienhaus in einer Zone, die nur solche Häuser vorsieht, ist es unmöglich, das Haus in mehrere Wohnungen zu unterteilen. Hinzu kommt, so Mellouet, dass es Probleme mit den Parkplätzen gibt. In der Stadt Luxemburg zum Beispiel müssen Einfamilienhäuser nicht dringend einen Parkplatz haben. Für Residenzen ist stellenweise ein Minimum von 0,8 Parkplätzen pro Wohneinheit vorgeschrieben. Wird ein Einfamilienhaus in ein Appartementgebäude umdeklariert, dann müssen plötzlich Parkplätze aus dem Nichts geschaffen werden.

Es stellt sich also die Frage, ob eine Wohngemeinschaft im juristischen Sinne ein Mehrfamilienhaus ist oder ein Einfamilienhaus. Anwältin Inès Goeminne beleuchtet das Thema in einem Blogeintrag auf der Internetseite des Anwaltsbüros Krieger Associates. Dort heißt es: „Ainsi, il se pourrait que dans certaines zones, si l’on doit admettre que chaque chambre louée dans le cadre d’une colocation constitue une unité de logement, la colocation ne soit pas admissible.“ Nach einer Analyse hält sie fest, dass ein Einfamilienhaus seinen Status nicht verliert, wenn sich darin eine Wohngemeinschaft niederlässt. Das Gebäude bleibt im Sinne des Gesetzes ein Einfamilienhaus, egal wie viele Menschen ohne Familienbande darin leben. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Bewohner einzelne Mietverträge haben.

In der Analyse geht die Anwältin auf einen Rechtsstreit ein. Die Gemeinde Monnerich hatte sich einem Projekt, eine Wohngemeinschaft zu schaffen, entgegengestellt und war davon ausgegangen, dass das Haus dadurch seinen Status als Einfamilienhaus verliert. Eine solche Änderung des Status hätte eine Genehmigung des Bürgermeisters gebraucht. Das Gericht entschied anders. Die Anwältin schreibt unter Berufung auf das Urteil: „Il en résulte donc que l’usage d’une habitation à des fins de colocation ne modifie pas le statut de la maison unifamiliale et n’implique donc pas la création de nouvelles unités de logement.“

Alleine in der großen Wohnung

Während viele junge Menschen es schwer haben, eine bezahlbare Wohnung zu finden, leben in Luxemburg viele Menschen alleine auf sehr großem Raum. Darunter ältere Menschen etwa, wenn die Kinder das Haus verlassen haben und der Partner verstorben ist oder sie sich haben scheiden lassen. 77 Prozent der über 65-Jährigen leben alleine.
Natürlich gibt es auch eine kulturelle Komponente, gibt Sarah Mellouet zu. So sind z.B. viele ältere, alleinlebende Menschen vielleicht mit ihrer Wohnsituation zufrieden und können sich nicht vorstellen, eine unter Umständen sehr viel jüngere Person bei sich einziehen zu lassen.

Schlussendlich, sagt Kirpach, bietet das Leben in einer WG auch die Möglichkeit, Geld zu sparen, um sich irgendwann etwas Eigenes zu kaufen. Er glaubt, dass es in Zukunft immer mehr Wohngemeinschaften geben wird. Insbesondere in Luxemburg-Stadt. Dort, so der WG-Kenner, gibt es bereits einige Wohnungen, in denen einzelne Zimmer für 1.200 Euro vermietet werden.

Roby
1. Oktober 2019 - 12.45

In allen Großstädten der Welt sind ein oder mehrere Mitbewohner die Regel wenn man im Zentrum wohnen will.

Jang
1. Oktober 2019 - 9.08

Was für eine dreckige Politik, was zählt der Mensch heute noch, armseliges reiches korruptes Luxusbuerg.

Mensch
30. September 2019 - 11.46

Wenn das in Luxemburg so weitergeht werden die ärmeren Menschen wohl bald in armseligen Hütten leben müssen, wie in den USA. Hauptsache wird haben einen Spitzenplatz unter den reichsten Ländern der Welt.

Laird Glenmore
30. September 2019 - 10.40

Dann kaufen wir und jetzt alte große Häuser mit vielen Zimmern ( 10 - 14 ) bauen eine große Gemeinschaftsküche und ein großes Bad, ein paar separate Toiletten und schon habe wir ein tolles WG Modell, jeder ist glücklich weil er billig wohnt und man kann abends gemütlich beisammen sein und Quatschen. Was für eine Vorstellung. das erinnert einen an Plattenbau ich könnte kotzen bei der Vorstellung in so einem Haus zu wohnen das ist wie im Knast außer das man abends bei bedarf raus kann, wenn doch bloß diese verdammte GELDGIER der Immobilienbesitzer nicht da wäre die den Hals nicht voll kriegen, Leute das letzte Hemd hat keine Taschen.

Jemp
29. September 2019 - 18.38

Preiswert wohnen! In Howald zahlen Sie 1.000.-€/Monat für ein Zimmer, gemeinsame Nutzung von Küche, Bad, WC. Manchmal Nebenkosten noch zusätzlich. Dieses Model ist für Eigentümer so interessant, dass 1-Zimmer-Apartements wie folgt umgebaut werden. Küche fliegt raus, wird duch eine Kitchinette im Flur ersetzt. Ergibt als ein 2tes Zimmer. Wohnzimmer wird in zwei geteilt, ergibt Zimmer 3 und 4. Schon erhalten anstelle von 1.200.-€ Monatsmiete deren 4.000.-€ (4 Zimmer à 1.000.-€). Dies hat selbstverständlich nichts mit Mietwucher zu tun. Die Gemeindeverwaltung hat KEINE rechtliche Handhabe!!! Es liegt la keine Nutzungsänderung vor.

Jimbo
29. September 2019 - 17.47

dLéisung ass, dass ech deemnächst iwwert der Grenz wunnen...

Jang
29. September 2019 - 15.57

Wohngettos in Luxusburg. Traurig aber wahr, reiches Land, zum Kotzen das ganze.,