Freitag7. November 2025

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Die Düdelinger „Vollgranate“ Levan Kenia über Shakira, Schalke und den AC Mailand

Die Düdelinger „Vollgranate“ Levan Kenia über Shakira, Schalke und den AC Mailand

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In Düsseldorf tauften ihn seine Teamkollegen wegen seines Hüftschwungs bei Dribblings nach einem Popstar: „Shakira“. Ausgerechnet dieser Körperteil machte dem Georgier Levan Kenia das Leben nach seiner Ankunft in Luxemburg zunächst schwer. Für den heißen Tanz beim AC Mailand fühlt sich der offensive Mittelfeldspieler trotzdem fit. Neben der eigenen Willenskraft hat er einem einzigen Menschen diese Chance zu verdanken: Klaus Toppmöller.

Dass Levan Kenia seinen 28. Geburtstag in Düdelingen feiern würde, war aufgrund seines begnadeten Talents in jungen Jahren nicht unbedingt abzusehen. Sein Bundesliga-Debüt gab er als 18-Jähriger, zwei Jahre davor sammelte er bereits internationale Erfahrung in der georgischen Nationalmannschaft. Der für sein Ballgefühl und seine Finesse hoch gehandelte Linksfuß wurde allerdings im Laufe seiner Karriere immer wieder von schweren Verletzungen heimgesucht. Ein roter Faden, der ihn bis nach Luxemburg verfolgte.

STECKBRIEF: Levan Kenia
Geboren am 18. Oktober 1990 in Tiflis (Georgier)
Position: Offensives Mittelfeld
Größe: 1,76 Meter
Fuß: links

Bisherige Vereine: Lokomotivi Tiflis (GEO), Schalke 04 (D), Karpaty Lviv (UKR), Fortuna Düsseldorf (D), vereinslos, Slavia Prag (SLO), vereinslos, Lokomotivi Tiflis (GEO), F91 Düdelingen
Länderspiele: 29, 4 Tore

Rückblick: Im April 2009 gab er sein Debüt für den FC Schalke 04. Eine Sprunggelenksverletzung hatte die Auflösung des Vertrags beim Revierklub zur Folge. „Die schlimmste Zeit in meinem Leben“, resümiert er im Nachhinein. Kenia wechselte zu Karpaty Lviv in die Ukraine. Damals nannte er den Transfer einen Rückschritt, bevor er wiedererstarkt nach Deutschland, zu Fortuna Düsseldorf, zurückkehrte. Doch die Misere setzte sich fort. In Düsseldorf brach er sich den Finger und schaffte es 2014 nicht mehr in den Kader. Bei SK Slavia Prag wollte er in Tschechien wieder durchstarten, doch nach weiteren zwei Seuchenjahren erreichte ihn im Sommer (nach einem kurzen Zwischenstopp in der Heimat Tiflis) ein entscheidender Anruf: Am anderen Ende der Leitung … Klaus Toppmöller. Der ehemalige Nationaltrainer Georgiens hat scheinbar sehr gute Erinnerungen an das vielversprechende Talent, das er 2007 gegen die Ukraine debütieren ließ: „Wenn er zaubert, ist es ein Gedicht. Er wird eine Vollgranate, ein absoluter Weltstar“, zitiert ihn www.goal.com in einem Artikel mit dem Titel „Levan Kenia – der Hiob Georgiens“.

Es war dieser Einsatz mit der Nationalmannschaft, der den Stein ins Rollen brachte: Die Scouts des Bundesligisten in Blau-Weiß wurden auf das junge Talent aufmerksam, luden ihn zum Probetraining ein. Nach acht Monaten in der A-Jugend unterschrieb er schließlich den ersten Vertrag bei Schalke 04.

Der dritte Frühling

Kenia ist dankbar für das Vertrauen, das ihm Klaus Toppmöller nicht nur vor elf Jahren, sondern auch noch in diesem Sommer schenkte: „Ich hatte gleich ein gutes Gefühl. Nachdem ich später ein paar Mal mit Dino telefoniert hatte, war ich überzeugt. Ich bin sehr froh darüber.“ Grund dafür ist auch die Einstellung zum Fußball, die bei beiden Toppmöllers identisch ist, wie Kenia meint: „Mit Klaus hatte ich weniger zu tun, da man den Nationaltrainer ja weniger sieht. Aber beide mögen Offensivfußball, schnelles Passspiel.“

Als Dribbelspezialist liegt er damit auch auf der Wellenlänge mit den Coaches.
Als dritten Frühling bezeichnet der mittlerweile in Trier wohnhafte Düdelinger Mittelfeldspieler seine aktuelle Saison. Die vielen Zwangspausen nagten am Selbstbewusstsein – obwohl man ihn bei den Knappen als mental sehr stark erlebte: Als 18-Jähriger feierte er damals schon mit geballter Faust vor der Südtribüne. „Es bringt nichts, zurückzudenken. Ich will meine verbleibende Zeit nutzen. Es gab viele Momente, in denen ich alles hinschmeißen wollte. Doch am Ende des Tages habe ich trotz der vielen Schmerzen weitergekämpft“, sagt er heute.

Obwohl es viele Rückschläge in der zehnjährigen Profilaufbahn gab, bereut Kenia keinen seiner Transfers. Vielmehr war es der jugendliche Leichtsinn, der ihn möglicherweise eine spektakuläre Karriere gekostet hat: „Ich war zu jung, wollte alles zu schnell machen. Meine Reha habe ich zu früh abgebrochen und musste deshalb später noch mal operiert werden. Zudem lagen einige Ärzte falsch. Ich wusste als 19-Jähriger noch nicht, wie ich mit Verletzungen umgehen muss. Heute dagegen komme ich damit klar und kann die Schmerzen einschätzen.“

Keine Messis beim AC

Nicht verwunderlich also, dass er auch in Düdelingen kein Risiko eingehen wollte – und mehrere Spiele wegen Hüft- und Oberschenkelproblemen verpasste. „Es dauerte eben sechs Monate, um meine Form wiederzufinden.“ Zwei Kurzeinsätze in der Europa League stimmen ihn jedenfalls zuversichtlich. Ob er in Mailand eingesetzt wird? „Ich hoffe es, damit ich die Chance bekomme, mich auf diesem Niveau zu beweisen.“ Herausstechen wie Hakan Çalhanoglu („super Schuss, super Technik“) oder Gonzalo Higuaín („der beste Stürmer“) will auch Levan Kenia. „Der AC Mailand ist nicht mehr so stark wie zu den glorreichen Zeiten. Klar, ihre Spieler sind von der individuellen Qualität her überlegen. Aber wenn man mich nach richtig besonderen Spielern fragt, denke ich da an Messi oder Ronaldo.“

Bei der 0:1-Hinspielniederlage stand der Georgier nicht in Toppmöllers Kader. „Wir haben als Team gut verteidigt und mit Überzeugung und einer feurigen Einstellung gespielt. An diesem Abend hat jeder an sich geglaubt“, blickt er zurück. Allerdings musste auch er zugeben, dass man beim letzten Auswärtsspiel viel einstecken musste. „Das Selbstvertrauen war weg. Wir dürfen aber in Mailand nicht schüchtern sein, sondern wollen aggressiv auftreten.“


„Eine hübsche Frau“

Wie kommt man eigentlich darauf, einen Fußballspieler als kolumbianische Sängerin mit dem weltberühmten Hüftschwung zu betiteln? „Shakira“ wird Levan Kenia nämlich seit der Saison 2013 in der zweiten Bundesliga genannt: „Diesen Spitznamen habe ich von den Spielern in Düsseldorf bekommen. Warum auch immer … Nicht, dass ich ein Problem damit hätte“, lacht er, und fügt gleich hinzu: „Shakira ist eine hübsche Frau.“ Der Westen schrieb damals: „Wenn Levan Kenia blitzschnell ballführend mit der Hüfte wackelt, wird’s für den Gegenspieler haarig. Des vergleichbaren Hüftschwungs wegen, den die 1,57 Meter große Sängerin bei Auftritten zelebriert, als hätte sie schon in der Kindheit nichts anderes vor dem heimischen Spiegel geübt.“


Das F91-Revierderby

Dortmund gegen Schalke 04 – das gibt es seit Sommer auch beim F91 Düdelingen. Nach dem ehemaligen Dortmunder Marc-André Kruska schloss sich auch Ex-Schalker Levan Kenia den Luxemburgern an. Das Revierderby, in Deutschland auch die „Mutter aller Derbys“ genannt, findet am 8. Dezember statt. Geärgert haben sich die beiden ehemaligen Männer aus der Bundesliga zwar gegenseitig auch schon das ein oder andere Mal, aber alles im freundschaftlichen Rahmen: „Marc-André ist ein netter Junge. Klar ziehen wir uns manchmal auf, aber das ist alles sehr freundschaftlich und nichts Besonderes. Er hat vor meiner Zeit in der Bundesliga gespielt, wir sind uns vorher nie über den Weg gelaufen.“