Montag10. November 2025

Demaart De Maart

StandpunktDie deutsche Migrationswende ist und bleibt ein schwammiger Begriff

Standpunkt / Die deutsche Migrationswende ist und bleibt ein schwammiger Begriff
Kontrollen an den Grenzen zu den Niederlanden: „Falsche Erwartungen, die kaum einzulösen sind“ Foto: dpa/Lars Penning

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Die „Migrationswende“ war bislang kein feststehender Begriff aus dem politischen Vokabular. Sie ist vielmehr eine Wortschöpfung des heutigen Kanzlers Friedrich Merz (CDU) und seiner Partei aus dem Bundestagswahlkampf. Was also ist damit gemeint? Welche Maßnahmen müssen kommen, damit die Migrationswende als eingelöst gelten kann? Der Begriff lässt der Union viel Spielraum zur eigenen Auslegung und er birgt zugleich die große Gefahr, geweckte Erwartungen zu enttäuschen. Die Messlatte jedenfalls hat Merz im Wahlkampf hoch gehängt. Der CDU-Chef versprach vollmundig, die irreguläre Migration entschieden zurückzudrängen, die Einreise nach Deutschland strikt zu begrenzen und Zurückweisungen auch bei Asylgesuchen vorzunehmen. Diese und weitere Punkte können zumindest als Anhaltspunkte für das Gelingen oder Scheitern der Migrationswende gelten. Die Kanzlerpartei CDU und ihre Schwester CSU müssen sich nun daran messen lassen.

Unabhängig davon, wie man zu dem schärferen Migrationskurs in der Sache steht, kann man der neuen Bundesregierung und ihrem Innenminister Alexander Dobrindt zugutehalten, erste Schritte kurz nach Amtsantritt eingeleitet zu haben. So werden die deutschen Grenzen strikter kontrolliert und auch Asylsuchende werden nun zurückgewiesen. Dobrindt sieht die ersten Effekte erwartungsgemäß als Bestätigung seines Kurses. Ob die Zurückweisungen aber auch vor Gerichten Bestand haben, ist noch völlig offen. Ganz abgesehen davon, dass die Bundespolizei unter der Mehrbelastung ächzt und die verstärkten Grenzkontrollen laut Polizeigewerkschaft personell nicht mehr lange durchzuhalten sind. Eine weitsichtige und nachhaltige Politik sieht wahrlich anders aus.

Am kommenden Mittwoch nun sollen weitere Migrationsvorhaben durch das Kabinett gehen. Als gesetzt gilt die Aussetzung des Familiennachzuges für sogenannte subsidiär Schutzberechtigte, worauf sich Union und SPD im Koalitionsvertrag verständigt hatten. Der tatsächliche Beitrag zur „Migrationswende“ ist aber fraglich, denn schon jetzt ist der Familiennachzug für diese Gruppe auf 1.000 Personen begrenzt. Hinzu kommt, dass das Aussetzen die Integration der Betroffenen erschweren kann, was nicht im Sinne Deutschlands sein kann. Strittig ist innerhalb der Koalition noch die Abschaffung der „Turboeinbürgerungen“ nach drei Jahren, obwohl auch dieses Vorhaben im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist. All das zeigt: Der Teufel liegt im Detail, gerade in der Migrationspolitik. Ein schwammiger Begriff wie die „Migrationswende“ weckt nur falsche Erwartungen, die kaum einzulösen sind. Sinnvoller wäre eine realistische Migrationspolitik, die sich am rechtlich Möglichen orientiert und das transparent kommuniziert.