Dienstag18. November 2025

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„Conseil national des finances publiques“Die Defizite beim Luxemburger Staat steigen immer weiter

„Conseil national des finances publiques“ / Die Defizite beim Luxemburger Staat steigen immer weiter
Als Präsident des CNFP prüft Romain Bausch, früherer Mitarbeiter im Finanzministerium und langjähriger Geschäftsführer des Satellitenbetreibers SES, heute die nationalen Staatsfinanzen auf ihre Nachhaltigkeit Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Der Zustand der Luxemburger Staatsfinanzen ist dabei, sich deutlich zu verschlechtern, so das Urteil des CNFP über das im Oktober von der Regierung vorgestellte Budget. Vor allem beim Zentralstaat (den Ministerien) steigen die Defizite immer weiter. Gleichzeitig schrumpfen die Überschüsse im Bereich der Sozialversicherungen und die Wirtschaft schwächelt.

Die kleine staatliche Institution CNFP („Conseil national des finances publiques“), die nicht einmal eine Handvoll Mitarbeiter zählt, hat als Mission, eine unabhängige Bewertung zur Entwicklung der Planung und der Lage der Staatsfinanzen des Landes vorzunehmen. In jedem Mitgliedsland des Euroraums gibt es eine solche Institution. Am Dienstag gab der Rat nun seine Bewertung für den Staatshaushalt 2026 und die Pläne für die kommenden Jahre (bis 2029) ab.

„Während dieser ganzen Periode bleibt der Saldo des Staatshaushaltes negativ“, unterstreicht CNFP-Präsident Romain Bausch. „Er steigt von einem Defizit von 706 Millionen in 2025 auf ein Defizit von 1,3 Milliarden im Jahr 2029.“ Dieser schrittweise Anstieg des Defizits ist auf die anhaltend hohen Defizite des Zentralstaates (die Ministerien) in Verbindung mit einer schrittweisen Verschlechterung des Überschusses der Sozialversicherung zurückzuführen, erläutert er.

Der Zentralstaat gibt im Schnitt 1,5 Milliarden Euro pro Jahr mehr aus, als er Einnahmen hat, so Bausch weiter. Hintergrund sind Einnahmen, die um etwa fünf Prozent pro Jahr zulegen, was langsamer ist als in der Vergangenheit, und „Ausgaben, die weiter relativ stark steigen, und das bereits seit langer Zeit“. Dabei geht er davon aus, dass die Ausgaben noch stärker steigen werden als die ebenfalls rund fünf Prozent, die im Budget aufgeführt sind. „Das ist Wunschdenken“, sagt er. Traditionell würden im Mehrjahresbudget zum Ende der Berichtsperiode niedrigere Ausgaben eingeplant, die dann jedoch nicht eintreffen.

Hintergrund bei der schwächlicheren Entwicklung bei den Einnahmen ist die wirtschaftliche Entwicklung, die nicht mehr so rasant voranschreitet wie in der Vergangenheit. Nicht hilfreich ist dabei, dass die Eurozone deutlich langsamer wächst als die Weltwirtschaft.

Im Luxemburger Mehrjahresbudget bis 2029 wurden, verglichen mit dem Vorjahr, auch wieder die erwarteten Zuwachsraten heruntergeschraubt. „Mit 2,3 oder 2,4 Prozent bleiben wir krass unter dem historischen Durchschnitt“, so Bausch.

Während der Staat früher für einen von zehn neu geschaffenen Arbeitsplätzen stand, so waren es in den letzten Jahren einer von drei neuen Jobs

Romain Bausch, CNFP

Trotzdem ist das CNFP der Überzeugung, dass zu positive Zahlen als Grundlage für das Berechnen des Mehrjahresbudgets verwendet wurden. Vor allem über die optimistischen Statec-Prognosen, was die Arbeitslosenquote anbelangt, gibt sich Bausch überrascht: Die Statistiker gehen davon aus, dass die Quote der Menschen auf Arbeitssuche von 6 Prozent in 2025 auf 5,1 Prozent 2029 zurückgehen wird. „Da sind wir erstaunt.“ Die Zahl der Arbeitsplätze soll im gleichen Zeitraum nur um ein bis 1,9 Prozent zulegen, während in der Vergangenheit drei Prozent normal waren. Dieses Wachstum ist wichtig für Steuereinnahmen und  Sozialabgaben.

Stark zulegende Gehaltskosten beim Staat

Weiter hebt er hervor, wie auch bereits die Handwerkskammer vor einigen Tagen, dass die Zahl der neuen Jobs nicht nur langsamer wächst als in der Vergangenheit, sondern auch noch zum großen Teil auf den Staat zurückzuführen ist. „Während der Staat früher für einen von zehn neu geschaffenen Arbeitsplätzen stand, so waren es in den letzten Jahren einer von drei neuen Jobs.“ In der Folge ist das Volumen der Gelder zum Zahlen der Gehälter in den letzten fünf Jahren um jeweils acht bis neun Prozent gestiegen, warnt er. „Das ist ganz, ganz viel.“

Im Bereich der Sozialversicherungen seien die Prognosen nun, nach den Renten-Maßnahmen, besser als letztes Jahr geplant. Dank der Erhöhung der Beträge werde 2028 nicht mehr mit einem Defizit gerechnet. Trotzdem muss von einem stark sinkenden Überschuss ausgegangen werden: von einer Milliarde 2026 auf ein viel kleineres Plus von 145 Millionen im Jahr 2029. Dank der Maßnahmen würde man so zwei Jahre gewinnen. Danach, 2029/2030, soll der Bereich dann doch wieder ins Minus rutschen.

Im Endeffekt soll die Luxemburger Staatsverschuldung damit in jedem Jahr bis zum Ende der Berichtsperiode 2029 weiter steigen, von aktuell 24 auf rund 30 Milliarden Euro. Gerechnet wird 2029 dann schon mit allein Zinszahlungen in Höhe von mehr als 700 Millionen Euro.

Steuerreform und Verteidigung belasten

Romain Bausch geht dabei davon aus, dass die Zahlen tatsächlich noch schlechter ausfallen werden als geplant. So fehlen in den Prognosen die von Finanzminister Gilles Roth geplante Reform der Steuerklassen, die ab 2028 mit einem jährlichen Rückgang von mehr als 800 Millionen Euro bei den Einnahmen zu Buche schlagen könnte, wie auch die geplante Erhöhung bei den Ausgaben zur Landesverteidigung. Bausch stellt sich jedoch die Frage, ob sich Luxemburg an die diesbezüglichen NATO-Vorgaben halten wird. „Im Budget für 2025 sind bisher nur Ausgaben von 1,3 Prozent des RNB vorgesehen – nicht von 2 Prozent, wie versprochen.“ Ausgaben in Höhe von 450 Millionen Euro würden demnach noch fehlen.

Da es, was diese beiden Punkte anbelangt, aber noch keine Gesetze gebe, sei es gesetzlich nicht falsch, dass die Ausgaben in dem Budget nicht aufgelistet sind, hebt er hervor. Er geht jedoch davon aus, dass die Zahlen für Einnahmen und Ausgaben sich dementsprechend verschlechtern werden. Der Hypothese des CNFP zufolge könnte das Defizit 2029 damit 1,3 Milliarden Euro höher ausfallen als erwartet. Auch die Staatschuld wäre damit höher.

Bausch beschäftigen damit Fragen zur Zukunft: Auch wenn das Land noch deutlich besser aufgestellt ist als viele seiner Nachbarn. „Relativ gesehen stehen wir noch gut da. (…) Doch mit welchen Ressourcen wollen wir künftige Herausforderungen angehen? Welcher Handlungsspielraum bleibt dem Staat? (…) Haben wir noch einen ‚Apfel für den Durst’ – oder haben wir ihn bereits gegessen?“

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Pit Federspiel, Jill Thinnes und Romain Bausch vom Conseil national des finances publiques (CNFP)
Pit Federspiel, Jill Thinnes und Romain Bausch vom Conseil national des finances publiques (CNFP) Foto: Editpress/Hervé Montaigu