In Großbritannien schreitet der Abbau des Asylrechts voran. Um das hochumstrittene Vorhaben der Abschiebung von Flüchtlingen nach Afrika voranzutreiben, will die konservative Regierung von Premier Rishi Sunak diese Woche ein neues Gesetz verabschieden. Es soll Ministern die Möglichkeit geben, Klagen vor dem Europäischen Menschengerichtshof in Straßburg zu ignorieren. Konservative Hinterbänkler sowie die anglikanische Staatskirche haben Widerstand angemeldet.
Die frühere Innenministerin Priti Patel war im vergangenen Jahr nach Kigali gereist, um Ruanda als Aufnahmeland für sogenannte „illegale Migranten“ zu gewinnen. Als solche gelten auf der Insel alle Flüchtlinge, die nicht mittels ordentlicher Visaverfahren ins Land kommen. Ein Straßburger Richter hatte vergangenen Sommer den ersten Deportationsflug mittels einstweiliger Anordnung unterbunden. Auch vor britischen Gerichten laufen Klagen der Betroffenen.
Ein Jahr nach dem Vertragsabschluss und der Zahlung von 140 Millionen Pfund (158 Mio. Euro) an das zentralafrikanische Land hat Großbritannien deshalb noch keinen einzigen Flüchtling nach Ruanda abgeschoben. In Zukunft sollen die Deportierten dort einer rechtlichen Prüfung unterzogen werden und gegebenenfalls dauerhafte Ansiedlungsrechte erhalten. Die Rückkehr nach Großbritannien wäre ausgeschlossen. Umfragen zufolge unterstützt eine Mehrheit der Briten das Vorhaben, bezweifelt aber den von der Regierung behaupteten Abschreckungseffekt.
Zielgruppe des Regierungsplans sind vor allem alleinreisende junge Männer, die seit mehreren Jahren vermehrt mit Schlauchbooten den Ärmelkanal, eine der am meisten befahrenen Schifffahrtsstraßen der Welt, durchqueren. Auf diesem Weg kamen zuletzt jährlich mehrere Zehntausend Menschen ins Land. Den organisierten Schlepperbanden müssen sie dafür zwischen 3.000 und 7.000 Euro pro Person bezahlen.
Viele Bedenken
Der Londoner High Court hatte im Dezember die Abschiebung solcher, „auf irregulärem Weg“ auf die Insel Gekommener für rechtens erklärt. Dagegen haben mehrere Menschenrechtsgruppen Einspruch eingelegt; dieser wird diese Woche vom Appellationsgericht verhandelt, ein Urteil ist nicht vor Juni zu erwarten.
Im Unterhaus richtet sich der Widerstand nicht nur gegen die Aushebelung der Europäischen Menschenrechtskonvention, über deren Einhaltung das Straßburger Gericht wacht. Erfahrene Konservative wie Ex-Premier Theresa May und Ex-Parteichef Iain Duncan Smith hegen auch erhebliche Bedenken gegen die geplante Dauer-Internierung von Flüchtlingen. Das zuständige Innenministerium unter Suella Braverman, die dem äußersten rechten Flügel der Torys angehört, erweist sich seit Jahren als unfähig, die Asyl-Verfahren zügig abzuwickeln. Viele Afghanen, Iraner und Menschen aus Ostafrika, vor allem aus dem kriegsgebeutelten Sudan, warten deshalb jahrelang auf ihren Bescheid, ehe sie am Ende doch politisches Asyl erhalten.
Im Oberhaus wird die Opposition vom anglikanischen Bischof von Durham angeführt. Bravermans Asylpolitik werde „bei Flüchtlingen und der ganzen Gesellschaft Schaden anrichten“, argumentiert Paul Butler.
De Maart
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