Sonntag9. November 2025

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Ehrenamt Die Asbl „Cliärrwer Kanton“ kämpft seit mehr als 40 Jahren für die Interessen des Nordens

Ehrenamt  / Die Asbl „Cliärrwer Kanton“ kämpft seit mehr als 40 Jahren für die Interessen des Nordens
Seit mehr als 40 Jahren kämpft die Asbl „De Cliärrwer Kanton“ gegen das Gefühl, als Region „abgehängt“ zu sein. Im Bild Adrien Wouters vom Vorstand des Vereins. Foto: Editpress/Julien Garroy

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„Nordstrooss”, „Lycée Edward Steichen“ oder die medizinische Versorgung: Bei vielen Projekten in der Region war und ist die Asbl „De Cliärrwer Kanton“ ein Initiator. Dabei hat sich die Vereinigung vor mehr als 40 Jahren gegründet, weil die Landflucht im Norden nicht abnehmen wollte. Davon kann heute keine Rede mehr sein.

„Probleme muss man lösen, bevor sie zu einem werden.“ Der Satz steht für den Selbstzweck von „De Cliärrwer Kanton“. Schatzmeister Adrien Wouters (68) sagt das selbstbewusst. Der pensionierte Bankbeamte ist seit 1996 Vorstandsmitglied in der Asbl. „Wir wissen, wie lange manche Entscheidungsprozesse im Land dauern, bis es dann zu einem konkreten Projekt kommt“, sagt er.

Die Asbl meldet sich in schöner Regelmäßigkeit zu Wort, wenn es um die Interessen der Region geht. Vor allem, wenn sie verletzt werden. Das war zuletzt der Fall, als es um die Schließung der Steuerbüros in Clerf und Wiltz ging. Für die Bürger aus Clerf bedeutet das, dass sie für ihre Steuersachen ab 2028 in die Gemeinde Park Hosingen fahren müssen.

Probleme muss man lösen, bevor sie zu einem werden

Adrien Wouters , Trésorier bei der Asbl „De Cliärrwer Kantin“

Das Büro, das geschlossen werden soll 
Das Büro, das geschlossen werden soll  Foto: Editpress/Julien Garroy

„Wir engagieren uns für Dezentralität“, sagt Wouters, „jeder nicht gefahrene Kilometer ist für mich ein guter Kilometer“. Die Asbl hat sofort protestiert, wie auch, als 2023 bekannt wurde, die Führerscheinexamen von Wiltz in den „Nordstad“-Raum zu verlegen zu wollen. Die Asbl ist eine Größe in der Region. Immerhin repräsentiert der Kanton mit den fünf Gemeinden Clerf, Park Hosingen, Wintger, Ulflingen und Weiswampach mittlerweile über 21.000 Einwohner.

Enormes Wachstum

Das sind fast so viele Menschen wie Einwohner in der Südgemeinde Düdelingen. Der Kanton ist flächenmäßig jedoch viel größer. Während rund 22.000 Menschen in der Südgemeinde auf 21,4 Quadratkilometern zusammenleben, erstreckt sich der Kanton über 331,75 Quadratkilometer. Von daher begrüßt der Verein jede Initiative zu mehr Bürgernähe. In Clerf wurde nach Schieren Anfang Mai der zweite Co-Working-Space für Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes eröffnet.

14 Arbeitsplätze garantieren zukünftig kurze Wege. Dafür kämpft die Asbl seit langem. „Wir repräsentieren 3,2 Prozent der Gesamtbevölkerung und wollen deshalb 3,2 Prozent der Bürgerdienste hier haben“, argumentiert Wouters. In Gemeinden, wo nichts „gleich um die Ecke“ und „Proximité“ ein dehnbarer Begriff ist, ist nicht nur Bürgernähe wichtig, sondern auch die Verkehrspolitik.

Im Kanton Clerf leben mittlerweile über 21.000 Menschen
Im Kanton Clerf leben mittlerweile über 21.000 Menschen Foto: Editpress/Julien Garroy

Verkehrspolitik wichtig 

Immer wieder hat sich die Asbl daher für gute Anbindungen mit dem öffentlichen Nahverkehr als auch für den Privatverkehr eingesetzt. „Nordstrooss“, die Modernisierung der Eisenbahnlinie zwischen Ettelbrück über Ulflingen bis nach Belgien oder die Sanierung der N7, die die Hauptstadt mit der belgischen Grenze verbindet, sind Themen, bei denen die Asbl – oft als Impulsgeber – präsent war und ist.  

Beim Thema Steuerverwaltung kommt aber noch etwas anderes hinzu. Die Asbl kämpft um jeden Arbeitsplatz in der Region und fürchtet jeden Verlust. Viele, die in den letzten Jahren in die Region gezogen sind, kamen und kommen, weil die Preise für Bauland und die Mieten im Vergleich zum Rest des Landes (noch) einigermaßen günstig sind.

Arbeitsplätze erhalten

Aber nur wenige arbeiten in der Region. Die kürzlich veröffentlichte Studie des  Observatoriums für Raumentwicklung (ODT) und des Forschungsinstituts Liser stellt für das gesamte Land fest: Nur knapp jeder vierte Arbeitnehmer arbeitet in Wohnortnähe. Das ist im Norden trotz eines enormen Bevölkerungszuwachses nicht anders. Nach Angaben des „Cliärrwer Kanton“ verzeichnet der Kanton einen Bevölkerungszuwachs von 30 Prozent in den letzten zehn Jahren.

Lycée Edward Steichen: Vor dem Bau umstritten, heute eine „Success Story“ 
Lycée Edward Steichen: Vor dem Bau umstritten, heute eine „Success Story“  Foto: Editpress/Julien Garroy

Das bringt für die Region weitere Herausforderungen mit sich. Dass es seit 2018 das Lycée Edward Steichen in Clerf gibt, schreibt sich die Asbl auf die Fahne. Vorher mussten Schüler nach Wiltz, Diekirch oder Ettelbrück wechseln. Sie hatten damals sogar eine Petition gestartet für den Bau der Schule, die für 800 Schüler ausgelegt ist. „Wir haben trotz anfänglicher, öffentlicher Bedenken immer daran geglaubt, dass es eine Success Story wird“, sagt Wouters.

Bedarf für ein Nordspital

Jetzt steht, nach nur sieben Jahren Betrieb, eine Erweiterung für weitere 700 Schüler an und das gibt dem Verein nachträglich recht. Die Asbl schaltet sich nicht nur per Pressekommuniqué ein. Ihr eigentliches „Kampforgan“ sind die viermal im Jahr von ihr herausgegebenen Hefte plus Sonderausgaben. Auf „17.000 Seiten und über 4.000 Artikel“ summiert Wouters die vereinseigene Rechercheleistung und Öffentlichkeitsarbeit seit 1979.  

Und es gibt immer etwas, für das es sich zu kämpfen lohnt. Das geht aus dem Vorwort der aktuellen Ausgabe hervor. Darin fordern sie die Politik auf, sich „mit der fundamentalen Frage auseinanderzusetzen (…), ein gut erreichbares, zentral gelegenes und für Spezialisten attraktives Nordspital zu planen“.  Wieder mal denkt die Asbl in die Zukunft.  

„De Cliärrwer Kanton”

Die Asbl hat sich 1979 gegründet. Der Vorstand besteht aus neun Mitgliedern, 17 stimmberechtigte Mitglieder gibt es. Die Zahl der „Membres adhérents” liegt über 800. Die Publikation hat eine Auflage von 1.150 Exemplaren. www.dck.lu.