Dichter-Wald: Luxemburgische Poesie in zwölf Stationen

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Wer Erholung in der Natur mit Kultur verbinden möchte, der wird rund um den „Tëtelbierg“ fündig: Dort kann man die Schönheit des Waldes auf poetische Weise entdecken.

Wer als Ausgangspunkt für den Dichterwanderweg die rue du Titelberg in Lamadelaine wählt, sollte wissen, dass der Weg erst mal ein paar hundert Meter ziemlich ansteigt. Bei den augenblicklichen Backofentemperaturen, die eher an die afrikanische Savanne als an eine Naturschutzzone im Süden Luxemburgs denken lassen, kam ich jedenfalls bereits schweißgebadet und außer Atem beim ersten „Dichter“ an.

In diesem Fall handelt es sich offiziell um die Tafel mit der Nummer sechs, die unweit eines Aussichtsturms angebracht ist. Dort kann man „Du dreifs mech op de Beemchen“, eine Beziehungsgeschichte der besonderen Art von Guy Rewenig, lesen.

Die nächste Etappe widmet sich Josiane Kartheiser mit „Och du fënns däi Bam“. In ihrem Gedicht erzählt sie einem kleinen Jungen, dass jeder im Leben seinen Baum findet, der seine Seele aufnehmen wird. Weitere Stationen befassen sich mit Danielle Hoffelt und Michèle Thoma.

Der „Sentier des poètes“ wurde 2011 im Rahmen des Internationalen Jahres der Wälder zusammen mit dem Nationalen Literaturzentrum in Mersch eingerichtet. Zwischen Lamadelaine, Rodange und dem Fond-de-Gras befindet sich der Lehrpfad. Auf zwölf Stationen lernt man literarische Texte luxemburgischer Autoren kennen, die sich auf den Wald oder auf Bäume beziehen.

Doch was bringt es, Poesie im Wald zu lesen, wo man es doch zu Hause auf der Couch, dem Balkon oder der Terrasse viel gemütlicher hat? Wo man nicht noch laufen muss und man sich voll und ganz auf die Wörter auf den Seiten konzentrieren kann?

Im Wald kann man die Poesie mit allen Sinnen erfahren. Man spricht zwar viel von der Stille des Waldes, das stimmt aber nur insofern, dass man vom Lärm der Stadt verschont bleibt. Dass Bewegung an der frischen Luft guttut, ist keine Neuigkeit. Versucht man, sich dabei die Poesie von Claudine Muno, Jean Portante und anderen bildlich vorzustellen, dann erlebt man Literatur auf eine neue Art. Vorausgesetzt, Sie verfügen über eine bessere Kondition als der Autor dieser Zeilen. Nach nur wenigen Stationen musste ich unweigerlich an die Stationen der Via Dolorosa denken.

Die Verantwortlichen für die Richtungsanweisungen am Wanderweg jedenfalls müssen über einen ausgezeichneten Humor verfügen, denn irgendwo im Wald zwischen zwei Stationen, an einer Weggabelung, hängt an einem Baum ein Wegzeiger mit der Aufschrift „Chemin de la soif“.

Ich bezweifle, dass sie damit den Wissensdurst bezüglich der Poesie gemeint haben.