Eine innere Unruhe begleitet Ezzat Aljourdi. Der Familienvater muss an seine Angehörigen denken, die noch in Syrien leben und die wieder vom Albtraum des Krieges eingeholt worden sind. Trotz der Waffenruhe ist am vergangenen Wochenende in der Provinz Suweida wieder die Gewalt ausgebrochen und haben sich sunnitische Beduinen und Drusen bekämpft.
Ezzat Aljourdi hat sich mit Ruba Ghabra in Grevenmacher getroffen. Der Bauingenieur hatte einige Jahre in den Vereinigten Arabischen Emiraten gelebt und ging danach wieder in seine syrische Heimat. „Doch dort in Sicherheit zu leben, war in Zeiten des Krieges nicht mehr möglich. Jede Familie hat Kriegsopfer zu beklagen, in jeder ist jemand gestorben“, sagt er. „So machte ich mich auf den Weg, war zuerst in der Türkei und flog schließlich von dort nach Luxemburg. Ich bewarb mich hier sofort um Asyl. Meine Frau und meine drei Söhne durften nach zwei Jahren nachkommen.“
Heute wohnt die Familie in Differdingen. Eine Arbeit als Bauingenieur fand Ezzat Aljourdi schnell. Seine Erfahrung und seine Fachkenntnisse sind gefragt. Ruba Ghabra musste länger warten. Die Rechtsanwältin hatte jahrelang auszureisen versucht, weil ihr kleiner Sohn schwerkrank wurde und eine Operation zum Überleben nötig war. Nach zehn Jahren Warten war es soweit. Mutter und Sohn konnten ausreisen und zogen zuerst zu Ruba Ghabras Bruder nach Deutschland und von dort nach Luxemburg.
Nach dem Massaker die Blockade
Bereits im vergangenen Monat war es in Suweida nach offiziellen Angaben zu Kämpfen gekommen, auch in der gleichnamigen Provinzhauptstadt, die unter einer Belagerung leidet. Die Provinz im Süden Syriens ist mehrheitlich von Drusen bewohnt. Während die Regierungskräfte auf Seiten der Beduinen eingegriffen hätten, seien die Drusen von den israelischen Streitkräften unterstützt worden. Etwa 1.475 Menschen starben nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die allerdings ihren Sitz in London hat. Ruba Ghabra und ihre Mitstreiter sprechen von einem Massaker.
Nach den Gefechten gingen etwa 80 bis 100 – die große Mehrheit der in Luxemburg lebenden Drusen – Menschen auf die Straße und demonstrierten auf der Place Clairefontaine vor dem Staatsministerium, um die Öffentlichkeit, aber auch die Regierung auf die Situation ihrer Glaubensgemeinschaft in Syrien aufmerksam zu machen. Sie befürchten eine gezielte Vernichtung ihrer Bevölkerungsgruppe. Auf Plakaten zeigten sie Fotos von Getöteten. Nach den Worten von Ezzat Aljourdi wurden ganze Dörfer dem Erdboden gleichgemacht. „Insgesamt wurden mindestens 42 Dörfer angegriffen“, sagt er, „sie stahlen alles, brannten die Häuser nieder und töteten die Familien“. Andere wurden entführt. Sechs Häuser von Verwandten seien niedergebrannt worden.
Der Familienvater will einiges klarstellen: „Offiziell wird es als Konflikt zwischen den Beduinen und den Drusen dargestellt. Doch wir wollen die Wirklichkeit zeigen. Deshalb sind wir auf die Straße gegangen“, sagt er. Die Menschen in der Region haben kein fließendes Wasser mehr, sind ohne Strom und ohne medizinische Hilfe. „Sie haben unseren Männern die Schnauzbärte abgeschnitten, was für die Drusen demütigend ist. Denn die Männer tragen mit Stolz ihre Schnauzbärte, neben dem weißen Fes der Geistlichen ein Erkennungsmerkmal der männlichen Drusen. „Wir sind gewissermaßen hilflos“, so Ezzat Aljourdi. „Wie können wir unseren Familien helfen?“
Denn auch wenn es sich nach außen hin demokratisch und gemäßigt gibt, ist es illegal. Die Regierung besteht aus Dschihadisten.
Er zeigt das Foto von einem Auto, das er im Parkhaus eines Luxemburger Einkaufszentrums gemacht hat. Auf der Rückscheibe ist in arabischer Schrift der Hinweis zu lesen, dass die Drusen auch hierzulande auf der Hut sein und sich ihres Lebens nicht sicher sein sollten. Eine klare Drohung. „Wir wollen die luxemburgische Regierung auf diese Gefahren aufmerksam machen“, sagt Ruba Ghabra, „und wollen das wahre Gesicht des syrischen Regimes enthüllen. Denn auch wenn es sich nach außen hin demokratisch und gemäßigt gibt, ist es illegal. Die Regierung besteht aus Dschihadisten.“
Auch wenn unter Baschar al-Assad und dessen Vater eine Diktatur geherrscht habe, betont Ezzat Aljourdi, hätten die ethnischen und religiösen Minderheiten in Syrien – Alawiten, denen die al-Assad-Familie angehörte, Drusen, Christen und Kurden – relativ unbehelligt leben können. Doch der sich seit 2011 im Zuge des Arabischen Frühlings hauptsächlich auf die sunnitische Bevölkerungsmehrheit beschränkende und von Islamisten ausgehende Aufstand hatte sie zunehmend in Gefahr gebracht.
„Der Sturz des Regimes im Dezember 2024 und der Aufstieg der islamistischen Miliz HTS (Hai’at Tahrir asch-Scham), die früher als al-Nusra-Front bekannt war, ließen die schlimmsten Befürchtungen der Minderheiten wahr werden“, erklärt Yusri Hazran, Senior Lecturer für Nahost- und Islamwissenschaften am Shalem College in Jerusalem, in einem Beitrag für die Zeitschrift „Aus Politik und Zeitgeschichte“. „Gleichzeitig wurde aber auch deutlich, dass ein neues Syrien nicht ohne eine Partnerschaft mit den Minderheiten aufgebaut werden kann.“
Von Regimetreue und Opposition
Die vor allem in Syrien, dem Libanon, Israel – das sich häufig als Schutzmacht der Drusen ausgibt – und Jordanien lebenden Drusen sind eine aus dem Ismailismus hervorgegangene religiöse Gemeinschaft, die nicht zum Islam zählt. Zwar machen sie nur drei Prozent der syrischen Bevölkerung aus, haben aber in der Geschichte des Landes eine bedeutende Rolle gespielt. So ist etwa die Große Syrische Revolution (1925 bis 1927) gegen die französische Kolonialherrschaft von dem Drusen Sultan al-Atrasch angeführt worden. Nach dem Putsch der Baath-Partei 1963 konnten Minderheiten wie Alawiten und Drusen führende Rollen in der Partei, Regierung und Armee übernehmen.
Beim Aufstand 2011 unterstützen einige Drusen diesen, die große Mehrheit sei jedoch dem Regime treu geblieben, weiß Yusri Hazran. Viele waren der Überzeugung, es sei das geringere Übel. Dazu habe nicht zuletzt die zunehmende Islamisierung des Aufstands beigetragen. Im Juni 2015 wurden Dutzende Drusen in der Nähe von Idlib in Nordsyrien von den Dschihadisten der al-Nusra-Front massakriert. Wegen ihrer Loyalität zum Regime galten sie als suspekt, wegen ihres Glaubens als Ungläubige. Auch der Islamische Staat (IS) überfiel im Juli 2018 drusische Dörfer, brachte rund 260 Einwohner um und verschleppte Frauen und Kinder.
Mashyakhat al Aql, das spirituelle Oberhaupt der Drusen, hielt dem al-Assad-Regime lange die Treue, der religiöse Führer Scheich Wahid al-Balous leitete hingegen eine Protestbewegung und versuchte, das Drusengebirge von den Islamisten zu schützen. Er wurde im September 2015 ermordet. Die Haltung der Drusen zum syrischen Regime wurde kritischer und neutraler, obwohl ihre Existenz von diesem abhing. Auch blieben sie nicht von den Schrecken des Krieges verschont. Zunehmend versuchten Drusen, sich dem Militärdienst zu entziehen.
Den neuen Machthabern seit dem Sturz al-Assads im Dezember 2024 unter Interimspräsident Ahmed al-Scharaa trauen sie nicht wegen ihres dschihadistischen Hintergrunds. Die jüngsten Ereignisse bestätigen ihre Skepsis und Ängste. Der Traum von einem friedlichen Zusammenleben der religiösen Gemeinschaften und Minderheiten in Frieden ist in weite Ferne gerückt. Und dass die drusische Gemeinschaft im Ausland sich auch vor den Bedrohungen fürchtet, ist berechtigt, wie Ezzat Aljourdis Entdeckung im Parkhaus zeigt.
Dabei habe Religion für ihn nie eine Rolle gespielt, sagt er. „Meine Eltern haben ihren Glauben praktiziert, aber ich nicht. Doch ich respektiere die Tradition.“ Ruba Ghabra und Ezzat Aljourdi wissen, dass den Drusen in Syrien heute Hass und Vorurteile entgegenschlagen. Dabei ist ihre Gemeinschaft seit jeher darauf bedacht, sich den Gegebenheiten und Pflichten einer Gesellschaft in einem Land anzupassen. Auf Missionierung wird verzichtet. Aber auf die Situation der Mitglieder ihrer Gemeinschaft müssen sie aufmerksam machen. Denn wie Ryyan Alshebl, Bürgermeister der kleinen Gemeinde Ostelsheim im Nordschwarzwald im Landkreis Calw und Mitglied von Bündnis90/Die Grünen, vermutet: „Ich habe manchmal den Eindruck, die Bundesregierung sieht bewusst weg.“ Der schwäbisch-syrische Druse befürchtet auch Drohungen und Übergriffe in Deutschland. So wie die Drusen in Luxemburg.

De Maart

Syrien wird immer mehr zu einem failed state mit politischer Zerrissenheit, da Land mit seinen verschiedenen Religionsgemeinschaften wird einfach nicht zur Ruhe kommen....
An wat hun ons sie all an d'Hänn geklatscht an ons EU-Politiker sech op d'Schëlleren geklappt wéi den Assad gangen ass.
An elo... dat geet wéi an Afghanistan... et huet 20 Joer gedauert, et huet 3 US-Präsidenten gebraucht, dausenden vun Doudegen bei Arméi an Zivilisten... an virwat?
Fir d'Taliban duerch d'Taliban ze ersëtzen. À la bonne heure!
Der Westen hatte eben als der Buergerkrieg in Syrien begann , das saekulare
Regime von Baschar fallen gelassen wie eine heisse Kartoffel . Es ging um den Verlauf einer Pipeline und die Christen , Alawiten und Drusen muessen jetzt die Konsequenzen tragen . Immerhin gibt es ein Land das nicht weg schaut -Israel .