Zunächst wurden Anfang Februar knapp 900 Kilogramm Kokain auf einem Bauernhof in der Nähe von Bilsdorf gefunden. Dann wurde bekannt, dass auf Findel gut 500 Kilogramm des Rauschgifts gefunden worden waren – der bisher größte Fund im Luftfrachtsektor. Dabei handelt es um Stoff höchster Qualität. Allgemein hat die Reinheit des Kokains, bis auf einen leichten Rückgang im vergangenen Jahr, in den letzten zehn Jahren zugenommen, hat Daniel Brombacher, Direktor des Observatory of Organized Crime in Europe bei der in Genf ansässigen Global Initiative Against Transnational Organized Crime kürzlich in einem Interview gegenüber dem Tageblatt bestätigt. Er sprach nicht nur von einer „Kokainschwemme auf der Angebotsseite“, sondern auch von einer „deutlichen Zunahme der Nachfrage“ in Westeuropa. Und er sagte: „Vieles spricht dafür, dass wir zurzeit ein Überangebot haben.“
In Zusammenhang mit dem Kokain-Fund im Ösling wurden nach Angaben des Luxemburger Wort ein 38-jähriger serbischer Staatsbürger und ein 43-jähriger Albaner festgenommen, die beide im Großherzogtum gemeldet sind. Während der Stoff, der in Bilsdorf sichergestellt wurde, in einer Baumaschine versteckt war, befand sich der Stoff, den der Zoll auf Findel beschlagnahmte, auf fünf Paletten zwischen Päckchen mit Tapioka verteilt. Im ersten Fall kam die Lieferung aus Kolumbien, im zweiten Fall stammte die Luftfracht aus Brasilien. „Generell gehen wir davon aus, dass die beschlagnahmten Drogen nicht für den luxemburgischen Markt bestimmt waren“, antwortete Polizeipressesprecher Frank Stoltz auf Anfrage des Tageblatt.
„Solche großen Beschlagnahmungen kann man dadurch erklären, dass die Nachfrage extrem hoch ist und der europäische Markt derzeit mit Kokain überschwemmt wird.“ Damit bestätigte Stoltz das, was bereits der Drogenexperte Daniel Brombacher beobachtet hat. Zudem gebe es Erkenntnisse, so der Pressesprecher weiter, „dass sich verschiedene Drogenbanden – etwa aus Kolumbien, Marokko, Albanien … – hauptsächlich in den Niederlanden eingenistet haben, um von dort aus den Drogenhandel, soweit es Kokain betrifft, zu kontrollieren“. Der große Teil des Stoffs komme in den Häfen an und werde von dort aus mit verschiedenen Mitteln – Lastwagen, Autos mit geheimem Versteck, Zug – weitertransportiert.
Keine Hinweise auf mafiöse Strukturen
Mit der wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung des Drogenhandels werde die Brutalität unter den „Konkurrenten“ immer größer, erklärte Stoltz weiter. Luxemburg könne als Transitland betrachtet werden. Bisher gebe es keine Hinweise darauf, „dass wir, wie teilweise in unseren Nachbarländern, mafiöse Strukturen in Luxemburg haben“. Natürlich kommt es vor, dass mitunter einzelne Personen oder kleine Personengruppen, die der organisierten Kriminalität zugeordnet werden können, hier Fuß fassen. Der Polizeipressesprecher betont, dass die Beschlagnahmung auf Findel durch eine gute Zielerfassung durch den Zoll gelang. Wo die Ware hin sollte, sei zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bekannt. Es liefen noch gerichtliche Ermittlungen.
Stoltz bestätigte auch, dass „wir in einem ständigen Informationsaustausch mit den ausländischen Behörden stehen, und zwar nicht nur mit denen aus der direkten Nachbarschaft“ (Belgien, Deutschland, Frankreich und Niederlande). „Unsere Justizbehörden stehen auch mit ihren Kollegen im Ausland in Kontakt.“ Was den Austausch und die Zusammenarbeit mit den südamerikanischen Behörden betreffe, erfolge die Zusammenarbeit über Europol (mit Sitz in Den Haag), die über die notwendigen Kontakte in Südamerika verfügen.
Ins Netz der Fahnder
Bereits im November 2018 war am Flughafen Kokain in der Fracht eines Fliegers aus Südamerika entdeckt worden. Damals handelte es sich um 300 Kilogramm. Der jüngste Fund hat einen Wert von schätzungsweise hundert Millionen Euro. Das Kokain aus Südamerika gelangt zumeist über den Seeweg nach Europa. Die Ware wird dann in der Nähe von Häfen wie Rotterdam, Antwerpen oder Hamburg verteilt. Die knapp 900 Kilogramm Kokain, die in Bilsdorf beschlagnahmt wurden, sollen an einem geheimen Ort bewacht – zu groß ist die Gefahr, dass Kriminelle an den Stoff zu gelangen versuchen – und innerhalb einer Woche vernichtet worden sein. Ein zeitintensives Verfahren.
Erst Mitte Februar hatten die deutschen Behörden in Hamburg rund 20 Tonnen Kokain vernichtet. Die Drogen waren aus mehreren geheimen Lagern des Hamburger Zolls zusammengetragen worden. Allein zwei Tonnen Kokain hatten Polizei und Zoll bei einem Einsatz in der Hansestadt gefunden – in einem Schiffscontainer mit Bananen. Dabei wurden zwölf Verdächtige festgenommen. In Antwerpen wurden im vergangenen Jahr insgesamt 44 Tonnen Kokain sichergestellt, nachdem 2023 sogar 121 Tonnen ins Netz der Fahnder gegangen waren.
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