Seit dem 23. August und noch bis zum 15. September ist die Zugstrecke Luxemburg-Wasserbillig wegen Bauarbeiten gesperrt. Während dieser Zeit ist einer der größten Gleisumbauzüge Europas zum ersten Mal in Luxemburg im Einsatz, um das gesamte Gleis schnellstmöglich zu erneuern. Am Montag konnte sich das Tageblatt einen Eindruck vom Baustellenabschnitt zwischen Betzdorf und Hagelsdorf machen.

Um die 40 Mitarbeiter der österreichischen Firma Swietelsky sind täglich damit beschäftigt, den knapp 1.000 Meter langen Gleisumbauzug RUS 1000 S zu betreiben. Wo die luxemburgische Eisenbahngesellschaft CFL mehrere Maschinen, etliche Arbeitsschritte und viele Wochen Zeit bräuchte, wird der kolossale Bauzug in drei Wochen fertig: der Austausch von 13 Kilometern Gleis, 22.000 Schwellen und 30.000 Tonnen Schotter. Lokführer Erwin Fixl zufolge dauert es etwa eine Stunde, um 150 Meter Gleis zu erneuern. Er freut sich über die Arbeitsbedingungen an der Baustelle in Luxemburg: „Es ist wenig Schmutz am Gleis. Wir sind da anderes gewohnt.“
Die Maschine gleicht einer gigantischen, gelben Raupe, während sie langsam auf dem Gleisbett vorwärts kriecht und die Schwellen mit ohrenbetäubendem Lärm aus dem Schotter reißt und verschlingt. Im Inneren des Zugs werden die Überreste auf Fließbändern bis ans Ende der RUS 1000 S befördert, um anschließend entsorgt zu werden. Alles, was zurückbleibt, ist die Bestellung der CFL: ein nagelneues Gleis, glänzende Holzschwellen und eine sorgfältig verteilte, beinahe saubere Schottermischung aus Schlacke und Naturstein.

„Schlacken dürfen nicht mehr eingesetzt werden“, sagt Laurent François. Er ist bei der CFL für den Gleisbau verantwortlich und erklärt, dass Schlacke als industrielles Abfallprodukt giftige Stoffe enthält. Aus diesem Grund werde der Schotter durch Naturstein ersetzt. Dieser weise zudem eine höhere Dichte auf und sei stabiler, fügt François hinzu.
Ein eingeschweißtes Team

Gertjan van Niftrik ist Manager bei Swietelsky und für die Projekte in Benelux zuständig. Er erklärt im Gespräch mit dem Tageblatt, dass die RUS 1000 S in ganz Europa einzigartig sei und für Bauprojekte von 5 bis 50 Kilometern gebucht werde. „Die Arbeiter sind ein eingeschweißtes Team. Sie verbringen die ganze Zeit zusammen und sind überall gemeinsam unterwegs.“ Mittlerweile würden sie den Zug nur noch mit dem Kosenamen „Lady“ nennen. Die Nacht verbringen sie im Hotel, sagt Gertjan. Manchmal hätten sie auch ein Schlafwaggon, der dranhängt.
Angetrieben wird die Maschine von vier Dieselmotoren. Gertjan rechnet nach, wann die Tanks zuletzt gefüllt wurden und kommt zum Schluss, dass die „Lady“ 3.000 Liter am Tag verbrauche. Hinzu kommen 15.000 Liter Wasser, um die Staubproduktion zu dämmen und die Mitarbeiter zu schützen. Während Gertjan die Zahlen nennt, greift die Maschine unter tosendem Lärm mit einer Aushubkette unter die schweren Schwellen und reißt sie heraus. Kurz danach gleiten im regelmäßigen Abstand nagelneue Schwellen aus Bongossi-Holz vom Fließband auf das Gleisbett.

Eigentlich wird heutzutage vor allem auf langlebigere Betonschwellen zurückgegriffen. Warum die CFL auf dieser Strecke trotzdem noch Holzschwellen bestellt hat, sei vor allem auf die Tragfähigkeit des Erdplanums* zurückzuführen. Laut dem Verantwortlichen des „Service communication“ der CFL, Tom Ewert, sind Betonschwellen mit 40 Jahren zwar um gut zehn Jahre langlebiger als Holzschwellen, doch mit 320 kg sind sie auch dreimal so schwer. Es wären also zusätzliche Stabilisierungsarbeiten notwendig gewesen, um Betonschwellen einsetzen zu können. Ewert zufolge wurde darauf verzichtet, um die Baustellenzeit zu verkürzen.
3.000
Liter Diesel werden pro Tag verbraucht
Die RUS 1000 S ist eine Fabrik auf Rädern. Sie kombiniert dabei Gleisumbau und Schotterbettreinigung, wodurch Arbeitsschritte eingespart und viel Zeit gewonnen wird. Während im vorderen Teil des Zuges das neue Gleismaterial gelagert ist, wird dieses über einen Kran und Fließbänder durch die Maschine und schließlich auf das Gleisbett befördert. Gleichzeitig wird der Schotter ausgehoben, gereinigt und wieder aufgetragen. Die Schienen werden in Abschnitten von 360 Metern auf 27 Grad erhitzt, um fachgerecht verschweißt zu werden. Da der Stahl sich abhängig von der Temperatur zusammenzieht oder ausdehnt, sei es wichtig, die Schienen zusammenzuschweißen, wenn sie sich ausdehnen, erklärt Carlo Givert von der CFL: „Sonst kann es passieren, dass eine Lücke entsteht.“
*In einer früheren Version des Artikels stand, dass die Schwellenwahl auf die Schottermischung aus Schlacke und Naturstein zurückzuführen sei. Wir haben den Artikel an dieser Stelle korrigiert.
Ich war die RU 1000 S bereits auf der Nordstrecke zweimal "besuchen" und bin Riiiieeesenfan. Was für eine beeindruckende Maschine! Vielen Dank für den Artikel und die Erinnerung, ihr nochmal einen Besuch abzustatten, bevor sie uns wieder verlässt. ❤