Schon seit Monaten sind bestimmte (Un-)Glückslosnummern restlos ausverkauft. Dazu zählen zum Beispiel Lose mit der Endziffer 20. Diese Nummernfolge steht für dieses Virusjahr 2020, in dem allein in Spanien laut der offiziellen Statistik 49.000 Menschen an oder mit Corona starben. Auch die Endnummer 19, in der sich die durch Corona verursachte Krankheit Covid-19 spiegelt, ist schon seit Monaten ausverkauft.
„Jeden Tag bekomme ich viele Anrufe und E-Mails, in denen mich Leute nach diesen Schicksalsnummern fragen“, erzählt der Losverkäufer Alejandro Aznar, Besitzer eines Lottogeschäftes in der nordostspanischen Stadt Saragossa. Manche Menschen suchen in ganz Spanien, bis sie ihre fünfstellige Glücks- oder Unglückslosnummer ausfindig machen. „Ich habe die Losnummer 02020 ergattert“, erzählt Jorge, ein Madrider Kneipenwirt, voller Hoffnung seinen Stammkunden.
688 Millionen als Hauptpreis
Die Jagd nach bestimmten Ziffernfolgen beginnt bereits im Sommer, wenn der Losverkauf startet. Und sie endet mit der Lottoziehung zwei Tage vor Heiligabend im „Königlichen Theater“, dem berühmten Opernhaus in der Hauptstadt Madrid. Die stundenlange Auslosung der millionenschweren Prämien, die den ganzen Vormittag dauert, wird live im Fernsehen übertragen und zieht die ganze Nation in den Bann. „Weihnachten beginnt in Spanien mit einem Geldregen“, lautet ein geflügeltes Wort im Königreich.
Allein der „gordo“, der dicke Hauptpreis, ist dieses Jahr 688 Millionen Euro schwer. Allerdings geht er selten nur an eine einzige Person. Sondern er verteilt sich über Hunderte oder sogar über Tausende Glückspilze. Das liegt daran, dass sich jede Losnummer in 172 Serien aufspaltet. Jede Seriennummer ist wiederum in Zehntellose, die „decimos“, gesplittet. Auch diese „decimos“ werden oft noch im Freundes- oder Familienkreis geteilt – nach dem Motto: Gemeinsames Glück ist doppeltes Glück.
Jedes Zehntellos kostet in den spanischen Lottogeschäften 20 Euro. Viele Touristen nutzen ihre Spanienferien, um gleich am Urlaubsort auf Mallorca oder andernorts ein Weihnachtslos als Souvenir zu erwerben. Wegen der Coronabeschränkungen, denen viele Ferienreisen zum Opfer fielen, boomte aber dieses Jahr im In- und Ausland der Internetverkauf. Was manche Online-Händler ausnutzen, um bis zu 100 Prozent an Gebühren auf den Lospreis aufzuschlagen.
Glückssteuer gesenkt
Übrigens: Nicht nur Losnummern, die mit der Corona-Epidemie in Verbindung stehen, sollen dieses Jahr dem Aberglauben zufolge Glück bringen: Auch der Todestag des argentinischen Fußballgottes Diego Maradona ist für zockende Fußballfans ein Motiv, auf die Losnummer 02511 zu setzen, da Maradona am 25. November starb. Und natürlich ist als Endziffer die 13 beliebt, die im Volksglauben nicht nur in Spanien als Unglückszahl gilt.
Um dem Glück zusätzlich auf die Sprünge zu helfen, vertrauen manche Spanier auf spezielle Rituale. Sie bewahren zum Beispiel das Los zusammen mit einer Goldmünze, einem Hufeisen oder einem Kleeblatt auf. Oder sie reiben ihr Glückslos am Bauch einer schwarzen Katze. Auch wer zuerst den linken Fuß in das Lottogeschäft zu setzt, soll angeblich mehr Glück haben. Zuweilen werden sogar Wahrsager vor dem Kauf des entscheidenden Nummernloses zu Rate gezogen.
Übrigens: Dieses Jahr ist der fette Hauptpreis noch etwas dicker, weil das spanische Finanzamt die Glückssteuer gesenkt hat. Nun sind die ersten 40.000 Euro steuerfrei. Vom Rest müssen (auch von glücksspielenden Ausländern) 20 Prozent an den spanischen Fiskus abgeführt werden. Sollte also zum Beispiel auf ein Zehntellos, was die handelsübliche Stückelung ist, der „gordo“ fallen, dann ist der Bruttogewinnbetrag 400.000 Euro, netto sind es nach Steuerabzug 328.000.
Wegen dieses Quellensteuerabzuges ist der größte Glückspilz der spanischen Weihnachtslotterie immer der Staat. Er macht mit dem Verkauf der insgesamt 172 Millionen Loszettel mehr als drei Milliarden Euro an Umsatz. Davon bleibt nach Ausschüttung der Prämien und zusammen mit den Glückssteuereinnahmen annähernd eine Milliarde Euro im Staatssäckel hängen. Aber der spanische Staat hat dies auch bitter nötig – denn in der Kasse klafft wegen der Corona-Sonderausgaben ein abgrundtiefes Loch.
Was macht ein Mensch mit 688 Millionen Euro? Wie wär's mit 688 Menschen die eine Million gewinnen? Das wären 688 Glückliche,so haben wir einen der den Kopf verlieren wird.