KunsteckeDenkmal in Erinnerung an Tornado in Petingen

Kunstecke / Denkmal in Erinnerung an Tornado in Petingen
Im Auftrag der Gemeinde Petingen hat die Künstlerin Florence Hoffmann mit mehreren Partnern im Team eine monumentale Säulen-Skulptur in Form überdimensionaler, unregelmäßig aufgeschichteter Bücher aus rostfreiem Stahl geschaffen Foto: Editpress/Julien Garroy

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Die Ortschaft Petingen zählt etwa zwölf Denkmäler und/oder Erinnerungsstätten, darunter u.a. ein Relief von Claus Cito in der Pfarrkirche der Ortschaft, ein Ort des Gedenkens an 35 von den Nazis zwischen 1940 und 1945 getöteten Mitglieder der Pfarrei, sowie das von Albert Hames geschaffene „Monument de souvenir“. Petingen erinnert sich somit auch auf künstlerische Art. Am Dienstag wurde die Gemeinde um ein derartiges Kunstwerk reicher. Es ist eine Erinnerungsskulptur an den Tornado vor drei Jahren, ein Werk, das Florence Hoffmann entworfen und mit einem Team in mühsamer Arbeit realisiert hat.

Es war in einem heißen Sommer 2019, als sich plötzlich ein Tornado bildete und ganze Straßenzüge in Petingen und Niederkerschen verwüstete. Das zerstörerische Naturphänomen dauerte nur wenige Minuten, doch die Folgen blieben lange spürbar. Die betroffenen Einwohner und die Rettungsdienste wurden überrascht, waren auf Anhieb eher ratlos, doch sehr schnell wurde Hand in Hand gearbeitet, um erste Aufräumarbeiten zu leisten, provisorische Stützen an Häusern zu errichten, Schutt in den Straßen wegzuräumen und Unterbringungsmöglichkeiten für die am ärgsten Getroffenen zu finden. Solidarität wurde großgeschrieben, nicht nur in den Ortschaften selber, auch von außerhalb eilte schnell Hilfe und Unterstützung herbei. Die mehrere Örtlichkeiten umfassende Gemeinde Petingen erinnert nun drei Jahre nach dieser Naturkatastrophe mit einem ganz originellen Denkmal und mehreren in Bürgersteige eingelegten Plaketten nicht nur an das tragische Ereignis selbst, vielmehr geht es darum, die Solidarität der Bevölkerung zu würdigen. Das am Dienstag eingeweihte Denkmal „Histoire.s“ der Bildhauerin Florence Hoffmann soll auf künstlerisch-geistvolle Weise an diesen tragischen 9. August 2019 erinnern.

Bücher und fliegende Blätter aus Stahl

Die Bildhauerin Florence Hoffmann, die international in Asien, Amerika und Europa tätig war und noch ist, hat das Thema Buch und Wissen seit Jahren zu ihrer Leitlinie gemacht. Sie verarbeitet gelesene Bücher oder schafft neue in anderen Materialien als Papier, etwa vor Jahren in Esch-Alzette mit temporär errichteten Mega-Büchern oder mit aufgespießten Bücherkolonnen „kebab…feed your brain“, die sie von der Decke herabhängen ließ wie bei einer Ausstellung in Istanbul. Rezent hat sie das Thema mit der Installation „armes d’instruction massive“ (Bücher wie Kanonen montiert) variiert und sich mit ihrer Serie „Homo Libri“ neben ihrer Tätigkeit als Kuratorin des Garer Art Festival, ein Skulptur-Symposium, oder des „Feierfestival“ in Bascharage mit brennbaren Skulpturen im Rahmen der Eröffnung des Kulturjahres Esch2022 einen Namen gemacht.

Im Auftrag der Gemeinde Petingen hat die Künstlerin mit mehreren Partnern im Team eine monumentale Säulen-Skulptur in Form überdimensionaler, unregelmäßig aufgeschichteter Bücher aus rostfreiem Stahl geschaffen. Diese wurde nun auf dem Kennedy-Platz vor dem Gemeindehaus errichtet und fest verankert. Die Skulptur trotzt sozusagen dem vorbeifließenden Verkehr der Hauptstraße, etwa so wie die Einwohner sich auch gegen den Tornado und seine Schäden zur Wehr gesetzt haben. In einem Folder wird die zerstörerische Schneise, die der Tornado durch einige Straßen geschlagen hat, aufgezeichnet, auch dient dieser als Wegweiser für einen entsprechenden Parcours. Mit „Histoire.s“ soll dauerhaft an dieses Ereignis erinnert werden, auch will man einzelne Schicksale direkt Betroffener und Bemühungen der Helfer nicht vergessen. Das Motto „Geschicht.en“ verweist auf die spontane Solidarität der Menschen in Form von vor Ort geleisteter Hilfe oder getätigten Sach- und Geldspenden. Mit Sockel ist die 1,20 x 1,20 ausgelegte Skulptur rund 5,10 m hoch, wiegt mehr als zwei Tonnen und zeigt Bücher aus Stahl, die mit ansteigender Höhe immer lockerer aufgeschichtet sind, und an der Spitze ein geöffnetes Buch, aus dem sich Blätter lösen und fast entfliehen. Dies symbolisiert nicht nur Auftrieb nach oben, sondern auch den Weg in eine bessere Zukunft.

Plaketten an „Schauplätzen“ eingelegt

Da man nicht nur zentral erinnern will, sondern auch den Einwohnern in den vom Tornado zerstörten Straßenzügen Tribut zollen möchte, hat die Künstlerin Erinnerungsplaketten mit für sie typischen losen Blättern und dem Schriftzug „Néngten August Zweedausendnonzéng, mir erënneren eis“ in Anlehnung an die Skulptur entworfen. Diese fünf aus Bronze gegossenen Reliefs werden in den betreffenden Straßen in den Belag eingefügt. Wie eingangs erwähnt, ist die lebensfreudige Gemeinde Petingen sowohl um ein Monument als auch, selbst wenn aus traurigem Anlass, um eine kulturell nennenswerte Sehenswürdigkeit reicher.

Am Rande sei erwähnt, dass im Herbst eine weitere Skulptur in Gestalt einer riesigen Stahl-Eule aus der Hand von Bettina Scholl-Sabattini in Rodange errichtet wird, ergo die Gemeinde Petingen ein weiteres künstlerisches Schmuckstück aufzuweisen haben wird. Mit einem vielseitigen Veranstaltungsprogramm das ganze Jahr über und seinem WAX-Kulturzentrum hat sich die Gemeinde in den letzten Jahren kulturell gemausert. Es ist schon interessant festzustellen, dass man sich nicht nur für ein einfaches Denkmal als Erinnerung an den 9. August 2019 entschieden hat, sondern sich zu einer kulturell wertvollen Skulptur mit mehrschichtiger Symbolkraft und künstlerischer Perfektion durchgerungen hat. Bleibt zu hoffen, dass Einwohner und Besucher dies zu schätzen wissen, wohl in der Hoffnung, dass sich der Tornado nicht wiederholen wird.

Im Auftrag der Gemeinde Petingen hat die Künstlerin Florence Hoffmann mit mehreren Partnern im Team eine monumentale Säulen-Skulptur in Form überdimensionaler, unregelmäßig aufgeschichteter Bücher aus rostfreiem Stahl geschaffen
Im Auftrag der Gemeinde Petingen hat die Künstlerin Florence Hoffmann mit mehreren Partnern im Team eine monumentale Säulen-Skulptur in Form überdimensionaler, unregelmäßig aufgeschichteter Bücher aus rostfreiem Stahl geschaffen Foto: Editpress/Julien Garroy
Leila
15. August 2022 - 10.49

Gut, dass des Bücherturms Sinn erklärt wird. Ich wäre nicht darauf gekommen, was damit symbolisiert wird, sehe keinen Zusammenhang zu einem Tornado - außer vielleicht mit viel Fantasie fliegende Buchseiten

Grober J-P.
11. August 2022 - 9.36

Der nächste Tornado kommt bestimmt, was machen wir dann?