„Seit den Überschwemmungen von 1993 und 1995 habe ich mich als langjähriges Gemeinderatsmitglied respektiv als Schöffe der Gemeinde Diekirch mit dem Problem Hochwasser beschäftigt“, so René Blum heute. „Man kann es nicht oft genug sagen: Die Hochwasserschutzmaßnahmen, die wir in Diekirch als Gemeinde, mit Hilfe des Staates, zwischen 1995 und 2005 an der Sauer durchführten, haben auch beim Extremhochwasser im Juli letzten Jahres ihren Zweck vollkommen erfüllt. Der Pegelstand hatte zwar einen sehr kritischen Punkt erreicht und lag nur noch 20 Zentimeter unterhalb der Höhe, die die Schutzwände zulassen, doch die Schutzmaßnahmen konnten ein Debakel, wie es die Stadt Echternach – um nur dieses Beispiel zu nennen – erlebte, vermeiden.“
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Auch wenn sich dies nun alles sehr positiv anhört, gibt es doch einige Schwachpunkte, die dem engagierten Lokalpolitiker bitter aufstoßen. Zum besseren Verständnis wollen wir hier aus dem Informationsblatt „Deiwelselter“ der Gemeinde Diekirch aus dem Jahre 1999 zitieren: „Nachdem die Ausbaggerung der ‚Spidolswiss‘ (80.000 Kubikmeter) im vergangenen Jahr erfolgt ist, werden jetzt weitere Schutzmaßnahmen gegen das Hochwasser durchgeführt. Im Stadtpark werden die über ein Jahrhundert angeschwemmten Aluvien abgetragen. Der Abflussraum der Sauer wird durch das Abflachen der Uferbereiche vergrößert. Der Durchflussquerschnitt unter der Brücke wird erweitert. Die Einmündung des Bamerthalerbaches wird neu angelegt. Einige Bäume werden aus Sicherheitsgründen gefällt und anderenorts durch Neuanpflanzungen ersetzt. Auf der Sauerwiss-Seite werden Maßnahmen getroffen, damit in Zukunft eine Überschwemmung dieses Wohnviertels und der ‚Promenade de la Sûre‘ (entlang des Anwesens Laubach) nicht mehr vorkommt. Hiermit wird ebenfalls ein gesichertes Funktionieren der Pumpenanlage auf dem ‚Camping de la Sûre‘ gewährleistet. Diese verhindert einen Rückstau der Sauer über das Kanalsystem bis in die Keller der Wohnhäuser hinein. Es muss also dafür Sorge getragen werden, dass das Hochwasser nicht über die Straßenabläufe in die Kanalisation dringt. (…) ln einem vom Schöffenrat, unter Mitwirkung des ‚groupe de travail Héichwaasser‘ abgefassten Schreiben wurden dieser Verwaltungsstelle zusätzliche Verbesserungsvorschläge unterbreitet. Mit Nachdruck wurde auch auf die sich aufdrängende Ausbaggerung der Sauer hingewiesen. Eine sofortige Inangriffnahme dieser unbedingt notwendigen Schutzmaßnahmen im Interesse der Bewohner der Gilsdorfer Straße wurde angefordert.“
Verbesserungsvorschläge
Das war, wie gesagt, 1999. Da in der Zwischenzeit nur einige wenige Verbesserungsvorschläge in die Realität umgesetzt wurden, beschäftigte sich der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 22. November 2021 einmal mehr mit diesem Thema und verabschiedete den zweiten „Plan de gestion des risques d’inondation“.
In seinem Gutachten hält der Gemeinderat gleich zu Beginn einstimmig Folgendes fest: „Le conseil communal prie Madame la Ministre de l’Environnement de prendre en considération l’avis du conseil communal formulé lors de sa séance du 22.04.2015 relatif au 1er projet de plan de gestion des risques d’innondation alors que certaines des observations formulées restent toujours dans l’attente d’être réalisées.“
Und schon sind wir bei dem oben erwähnten Schuh, der schmerzhaft drückt. Nach jedem Hochwasser wird über das Leid, das die Betroffenen erfahren, über die großen Schäden, über das Wieso dieser Katastrophen lamentiert und debattiert. Doch Verbesserungsvorschläge von Seiten lokaler Mitbürger – und da ist Diekirch kein Einzelfall – verharren Jahre lang bei den verantwortlichen staatlichen Instanzen in Schubläden oder auf dem Zeichenbrett, währenddem sich Politiker in Sonntagsreden üben.
Niemand widerspricht einer Ministerin, wenn sie sagt, dass solch folgenschwere Wetterphänomene, wie wir sie beispielsweise im Sommer vergangenen Jahres erlebt haben, voraussehbar seien, doch wäre es dann nicht an der Zeit, dass Tacheles geredet wird? Im Juli 2021 mussten viele Gemeinden feststellen, dass Häuser, Straßen, ja ganze Landstriche, die bis dahin nie überschwemmt gewesen waren, plötzlich mit Hochwasser zu kämpfen hatten. Die heftigen Niederschläge über eine kurze Zeitspanne können als einer der Gründe aufgeführt werden, doch in vielen Fällen war die Hauptursache anders gelagert und im Vorfeld längstens bekannt. Nichtsdestotrotz wird nur in wenigen Fällen reagiert, geschweige denn präventiv agiert.
Bekannt, doch …
Ein Beispiel hierfür ist Gilsdorf, das zur Nachbargemeinde Bettendorf gehört. Dort sorgte die „Tirelbaach“ bei den letzten Hochwassern stets für große Schäden. Dieser Bach fließt auf Gilsdorfer Gebiet, überflutet aber bei schweren Regengüssen nicht nur die Ortschaft Gilsdorf, sondern auch den sich östlich befindenden, tiefer liegenden Teil Diekirchs. Das hat sich im Juli 2021 wiederholt und viel Leid sowie großen Schaden verursacht.
In einem Schreiben an das Wasserwirtschaftsamt vom 20. September vergangenen Jahres machte René Blum einmal mehr darauf aufmerksam, wie wichtig doch ein schnelles und adäquates Handeln zwecks Reduzierung der Hochwasserrisiken sei. Dieses Schreiben wurde u.a. vom Gemeinderat in der Sitzung vom 22. November 2021 einstimmig unterstützt.
Es geht erneut die Rede von einer dringend notwendigen Uferverbreiterung des erwähnten Baches auf den letzten 150 Metern vor der Sauereinmündung, mit gleichzeitiger Aufhebung des rechtwinkligen Saueranschlusses, der für Wasserrückstau bis in die Wohngebiete sorgt, von der Vertiefung des Bachbettes unter den verschiedenen Brücken und Überdeckungen, von einer regelmäßigen jährlichen Entfernung des abgelagerten Steingerölls in den Bachüberdeckungen, vom Anlegen eines Wasserausdehnungsgebietes und von Bachpoldern oberhalb des Wohngebietes „um Aal“ in Gilsdorf, vom Bau einer Wasserrückhaltemauer oberhalb von Gilsdorf, vom Einbau eines Regulierungsschiebers im Rohr unter der N14 sowie von einer jährlichen Entfernung des gelösten Geästes entlang des Tirelbachs.
Regional und national handeln
Dazu kommt aber noch ein weiteres, zunehmend größer werdendes Problem, und das ist nicht spezifisch für diesen Fall, sondern steht für viele weitere, ähnlich gelagerte Fälle. Im oberhalb von Gilsdorf und Diekirch gelegenen Ort Stegen („Ärenzdallgemeng“) wurden in den letzten Jahren viele Gebiete zwecks Wohnungsbaus erschlossen. Das Oberflächenwasser wird ausnahmslos in den Tirelbach geleitet. Das Gleiche passierte bei der durch die Straßenbauverwaltung realisierten Instandsetzung der Broderbourer Straße in Richtung Gilsdorf. Hier schütten die beidseitig verlegten Drainagerohre ebenfalls in den genannten Bach aus. „Die unterhalb gelegenen Orte Gilsdorf und Diekirch können in Zukunft nicht weiterhin die Leidtragenden dieses Zustandes sein“, so René Blum in seinem Schreiben vom 20. September letzten Jahres an das Wasserwirtschaftsamt.
Dies ist ein exzellentes Beispiel, um zu erklären, warum Häuser, die nie mit Hochwasser geplagt waren, plötzlich mit Überschwemmungen zu kämpfen haben. Ein Beispiel auch dafür, dass es in puncto Hochwasserschutzmaßnahmen nicht nur lokale Bemühungen, sondern auch gemeindeübergreifendes, sprich regionales und nationales Denken und Handeln braucht. „Das ist auf jeden Fall besser, als später kostenintensiv auf Hochwasserschäden reagieren und das Leid der hochwassergeschädigten Einwohner mitansehen zu müssen“, so René Blum abschließend.



De Maart
@HTK
Alles richtig was Sie schreiben, es bleibt deswegen viel zu tun !
@mersch,
es sind eben diese großen Q´s die das Wasser in Rekordzeit in die Bäche leiten.Es gibt Orte da ist das Fassungsvermögen der Kanalrohre größer als das der Bäche. Rosport hat seit einigen Jahren eine Überflutungszone bekommen.Hat beim letzten HW nichts genutzt. Gegen die Versiegelung der Böden gibt es nur ein Mittel.Aber davon will niemand etwas wissen. Ich befürchte unser Großherzog muss sich die Stiefel einige Nummern größer kaufen für den nächsten Tostbesuch im Lande.
Letztens bin ich entlang der Sauer zwischen Moestroff und Reisdorf spaziert und war schockiert. Dort wo früher sanfte Hänge und flache Wiesen das Ufer gesäumt haben, gibt es jetzt nur steile mannshohe Wände. Die Sauer ist kein Fluss mehr, sondern ein Kanal.
Früher wurde die Sauer regelmässig ausgebaggert, und die Bodenhebungen an den Ufern wurden ausgeglichen. Das scheint seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten nicht mehr gemacht zu werden. Wieso ??
Warum das Regenwasser nicht direkt in den Boden leiten. ZB die alten Mienen mittels Bohrungen oder andere Hohlräume unter der Erde
Stille Wasser die sind tief !
Man braucht nicht Wasserbau Ingenieur zu sein um zu verstehen dass ein grösserer Q (Querschnittfläche) die bessere Möglichkeit ist um Landunter zu vermeiden ! Seit Jahren werden die Bäche und Flüsse total vermüllt und vernachlässigt. Seit den Arbeiten der DAC vor Jahrzehnten wächst die Natur vor allem mit wilden Bäumen in die Wasserläufe hinein. Hier fehlt einfach der Wille mit Arbeiten den "Curage des ruisseaux et rivières" zu tätigen, wo dieser Posten doch in den Gemeindenflichten steht. Auch wenn möglich könnten Rückhaltebecken wie z.B. in Eischen/Waltzing weiter helfen.
Fazit man kann ganz klar gegen Überflutungen sofort etwas unternehmen, nicht aber mit dauernden Verboten und Baustopps wie z.B. geschehen im Müllertal !
die Landversiegelung geht weiter,die Niederschlagsmengen erhöhen sich,.Wasser das früher auf Wiesen und Feldern oder Auen mit Sumpfgebieten langer verweilen konnte ist heuer in Sekunden oder Minuten gefasst und wird abgeleitet in die Bäche und Flüsse.
Der Rest ist eine einfache Rechnung.