EditorialDas Virus deckt Missstände auf und führt unweigerlich zu positiven Veränderungen

Editorial / Das Virus deckt Missstände auf und führt unweigerlich zu positiven Veränderungen
Die Chancen stehen gut, dass wir in 20 Jahren auf diese Zeit zurückblicken und dankbar für das sind, was sie uns gelehrt hat Foto: Editpress/Julien Garroy

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„Schwere Zeiten bringen immer Veränderungen mit sich und meistens sind es positive Veränderungen.“ Das sagte die hundertjährige Maria Grober-Paciotti im Mai dieses Jahres im Gespräch mit dem Tageblatt. Je länger die Corona-Krise andauert, desto mehr zeigt sich, wie recht die lebenserfahrene Escherin hat. Denn das Virus hat weltweit unerbittlich Missstände aufgedeckt und die Geduld der Menschen diesbezüglich überstrapaziert.

In Belarus hat die sanitäre Krise das Misstrauen in den „letzten Diktator Europas“, wie Präsident Alexander Lukaschenko auch genannt wird, unwiderruflich erhärtet. Zwar gab es nach vergangenen Wahlen bereits Proteste, denen mit Polizeigewalt begegnet wurde, diese flauten jedoch relativ schnell wieder ab. In diesem Jahr lassen sich die Menschen in Belarus jedoch nicht davon abbringen, für ihr Recht auf faire Wahlen auf die Straße zu gehen. Dabei fällt auf, wie friedlich und solidarisch sie dabei vorgehen. Das, obwohl sie mit schlimmster Polizeibrutalität konfrontiert und niedergeknüppelt, weggesperrt und regelrecht gefoltert wurden. Die Zeichen stehen auf Veränderung.

Weltweit hat die sanitäre Krise ein Licht auf zum Teil desaströse Verhältnisse im Pflegebereich geworfen. Nie war eine gute medizinische Versorgung wichtiger als während der Pandemie. Auch in Luxemburg hat die Diskussion rund um die Probleme im Pflegebereich an Fahrt aufgenommen. Im „Blannenheem“ brachte der Lockdown das Fass zum Überlaufen und der Direktor musste schließlich seinen Platz räumen. Inzwischen hat sich das Leben im Heim zum Guten gewendet. Die positiven Konsequenzen sind jetzt schon spürbar und es ist zu erwarten, dass weitere folgen werden.

Auch die Globalisierung ist aufgrund der Krise in Verruf geraten. Die Abhängigkeit von anderen Ländern, was zum einen sanitäre Güter wie Masken oder Beatmungsgeräte betrifft, zum anderen aber auch Lebensmittel, hat insbesondere das kleine Luxemburg zu spüren bekommen. Lokales Einkaufen wird seitdem mehr und mehr gefördert und auch die Selbstversorgung des Landes ist aktuell Thema in der Politik. Das dürfte nicht nur positive Konsequenzen für die Lebensmittelproduzenten mit sich bringen, sondern auch für die Umwelt, die durch kürzere Transportwege geschont wird.

Das sind nur einige der Umbrüche, die wir in den letzten Monaten beobachten konnten. Die Liste könnte noch mit der Digitalisierung, den damit verbundenen Vorteilen des Home-Office und anderen Themen erweitert werden. Dabei gehen all diese Dinge mit Wachstumsschmerzen einher – alleine die Pandemie fordert enorme Tribute, sei es psychisch oder physisch. Veränderung ist schwer, sie tut weh, aber meistens lohnt es sich, durchzuhalten. Die Chancen stehen gut, dass wir in 20 Jahren auf diese Zeit zurückblicken und dankbar für das sind, was sie uns gelehrt hat. Im schönsten Fall nämlich Toleranz, Stärke, Durchsetzungsvermögen und Zusammenhalt. Und dann hatte Maria Grober-Paciotti recht.

Romain Juni
25. August 2020 - 11.05

Die Zeit ist reif für die Postwachstumsökonomie!Leider macht kaum einer mit!

winston
25. August 2020 - 9.23

Just de contraire...d'Leit sin mei agressiv a respektlos gin.Ech froen mech ween deen Quatsch do erem ausgeduecht huet...oder wei eng Studie dat beweist.

Harris
24. August 2020 - 21.21

@Carole Blond-Hanten "Et sollt een och net de Botz Secteur vergiessen wou enorm Mëssstänn sin, déi sech duerch d’Kris nach verstärkt hun. Virwât ass dat net mediatiséiert? " Ech schaffen am Home-Office an ech botze méi Büro selwer, wat an Zukunft vill méi oft wäert sinn, déi kréie sou nach ganz aner Problemer.

zyniker
24. August 2020 - 19.20

"Das Virus deckt Missstände auf und führt unweigerlich zu positiven Veränderungen" Das ist bestenfalls Wunschdenken. Dieses Virus wird sehr wenig Spuren hinterlassen. Es sind nicht sehr viele Menschen gesundheitlich zu Schaden gekommen. Die Spuren werden finanztechnischer Natur sein. Umdenken nach der „Krise“ ist nicht angesagt. 2008 hatte jahrelangen Schaden hinterlassen, 2020 wird nicht so lange dauern und der Schaden begrenzt sein und nicht vergessen Menschen extrem vergesslich. Noch etwas zu dem Artikel. Kann man wirklich davon ausgehen dass die Art und Weise wie Lukashenko mit dem Virus umgegangen ist, der Auslöser für die Unruhen in Weißrussland ist oder eher die sehr lang andauernde katastrophale Wirtschaftslage? Glaubt jemand im Ernst daran dass die Globalisierung als Modell ausgedient hat?

grenzgegner
24. August 2020 - 18.35

Positive Veränderungen? Welcher Optimismus! Allein mir fehlt der Glaube... Krisen - und als solche darf man eine Pandemie wohl bezeichnen - schweißen Menschen zusammen. Angeblich. Auch in Luxemburg wurde auf dem Höhepunkt der Pandemie viel von Solidarität gesprochen. Allerdings wurde damit, wie man längst weiss, nicht jeder erreicht. Gefeiert wurde trotzdem, denn man will ja schliesslich Spaß haben. Corona betrifft höchstens die Anderen. Gut das waren wenige, relativ gesehen. Global betrachtet hat die Pandemie die Menschheit nicht sichtbar zusammengebracht, hat keine Gräben überwunden. Im Gegenteil: Egoismus und Nationalismus blühen. Trump redet Corona klein, Putin hat auf einmal einen Impfstoff herbeigezaubert, die Europäer sind in erster Linie wieder Luxemburger, Deutsche oder Franzosen, die EU - als Institution - schaut zu. Die Welt ist noch immer, vielleicht noch mehr, ein Narrenhaus. Die wirtschaftlichen Folgen sind drastisch, aber, welch' Wunder, die Börsenkurse steigen, abgekoppelt vom realen Wirtschaften. Reibach muss ebenfalls sein, genau wie die eben schon erwähnten Parties. Und mehr Geld für Gesundheit oder Pflege gibt es vielleicht im Moment, aber später? Da wird der öffentliche Sektor wieder knapp gehalten. Kostet ja Geld, das keiner ausgeben will. Selbst bei der Frage, ob Corona wirklich gefährlich ist, wird gestritten. Denn: Die Menschen wollen ihre Vergangenheit zurück, sie wollen keine anders geartete, auch keine "bessere" Zukunft. Wobei sie dazu wohl auch nicht in der Lage sind...

CESHA
24. August 2020 - 13.26

Es kann in die eine oder in die andere Richtung gehen, welche hier in den Kommentare angedeutet werden. Man muss abwarten, wie die Entwicklung verläuft.

monique
24. August 2020 - 13.08

Man erkennt die Doofen und Ungebildeten in der Gesellschaft und kann sich von ihnen fernhalten.

C KIntzinger
24. August 2020 - 12.32

Schön wäre es wirklich würde uns diese Veränderungen Toleranz lehren. Wenn ich aber die Umfragen der letzten Zeit begutachte kann ich nur feststellen dass sehr viele Leute , Denunciation befürworten . Auch wenn die Angst herrscht hat dies nichts mit Toleranz zu tun .

Jemp
24. August 2020 - 12.18

Hoffen wir, dass das ganze nicht in eine galoppierende Inflation mit nachfolgendem dritten und letztem Weltkrieg mündet. Schulden werden ja im Moment genug gemacht und die Geldpressen in den Gelddruckereien laufen schon heiss. Das hatten wir doch schon mal, sogar mit einer Grippe-Pandemie davor.

Carole Blond-Hanten
24. August 2020 - 8.03

Et sollt een och net de Botz Secteur vergiessen wou enorm Mëssstänn sin, déi sech duerch d'Kris nach verstärkt hun. Virwât ass dat net mediatiséiert? Do wär et genau de Moment fir d'Oarbechtskonditiounen vun den Agent.e.s de nettoyage drastesch ze verbesseren.