Noch einmal etwas komplett „out of the box“ erleben, die eigenen Grenzen kennenlernen, sich „einen massiven Ausrutscher“ erlauben, so lauten die Worte von Pola, Ryck und Milli, wenn man sie nach den Gründen für ihre Reise zum „Burning Man“ fragt. 2012 verschlug es das Freunde-Trio aus Luxemburg in die Wüste Nevadas, um dort mit über 50.000 anderen eine Woche der Extravaganz zu verbringen. Das Event ist jedoch kein Festival, wie man es kennt, sondern beschreibt sich selbst als „Ökosystem von Künstlern, Machern und Gemeinschaftsorganisatoren“. In mehr als 35 Ländern gibt es heute Regionalversionen des „Burning Man“. „Black Rock City“ in Amerika ist und bleibt jedoch die größte Zusammenkunft.
Auf der „Playa“, wie sich das Zentrum des Geschehens beim „Burning Man“ nennt, treffen alle möglichen Charaktere aufeinander: Hippies, Technofans, Punks, Neulinge. Das Beeindruckendste, so Pola: „Der Zusammenhalt. Jeder passt auf jeden auf, das ist einfach einzigartig.“ Durch einen Freund sowie Berichte im Fernsehen hatte die Gruppe vom „Burning Man“ erfahren. Die riesigen Kunstwerke, typisch für das Event, die Farben und die Atmosphäre, all dies hatte sie neugierig gemacht. „Wenn man vor Ort ankommt, verspürt man ein Gefühl der Freude, das man zuletzt aus der Kindheit kannte“, sagt Pola. Nach der Taufe – dem Annehmen der zehn Prinzipien, dem Wälzen im alkalischen Staub der Wüste und dem Läuten des Gongs –, erhält jeder Man-Besucher einen Playa-Namen. „Ich war ,Sparkle Sunshine‘, Milli ‚Lights‘ und Ryck ,Desert Storm‘“, so die Luxemburgerin.
Tausend verschiedene Charaktere
Eine Woche lang verbrachte das Trio im Camper in der Wüste, tauschte Peanut Butter oder Ravioli aus der Dose gegen andere Lebensmittel und rechnete, wie viel Wasser es beim Klogang verbrauchen durfte, damit noch genug zum Spülen bleibt. „Wenn man den ,Burning Man‘ zusammen erlebt, verbindet das einen fürs Leben“, meint Milli. Mit gekauften Fahrrädern und jeder Menge Utensilien aus dem Baumarkt erkundeten die Burner – so nennen sich die Event-Besucher – die Metropolis in der Wüste, fuhren mit den geschmückten „Art Cars“ herum, machten Bekanntschaften. „Eine der skurrilsten Geschichten ist die von unserem Camp-Nachbarn Johann, der anderen Leuten per Autobatterie und Kabel das Logo des Man einbrannte“, erinnert sich Ryck.
Einer, der ebenfalls bereits am „Burning Man“-Spektakel teilhaben durfte, ist Armel. Zu Hause ist der gebürtige Pariser fünffacher Familienvater mit normalem Job. Wenn aber der Man ruft, folgt Armel der Reise in eine Welt, in der alles etwas anders ist. „Es ist schwer zu beschreiben, wenn man noch nie dort war, aber beim ,Burning Man‘ ist man einfach frei und keinen interessiert es, wie man aussieht oder wer man zu Hause ist.“ Durch Bekannte erfuhren Armel und seine Frau erstmals vom Event in der Wüste. Nachdem das Paar am „Nowhere“, dem Regionalevent in Spanien, teilgenommen hatte, reiste es, genau wie Pola, Milli und Ryck, 2012 zum Original nach Amerika.

„Man muss autonom sein, denn es gibt vor Ort nichts zu kaufen außer Kaffee und Eis“, erklärt Armel. Keine Währung, kein Kapitalismus, kein Neid: Beim „Burning Man“ herrschen eigene Regeln. „Jeder nimmt teil und trägt etwas zur Gemeinschaft bei“, sagt der Burner, der seither regelmäßig an Regional-Veranstaltungen teilnimmt. Trotz der Tatsache, dass sein Camp damals pures Chaos war, hat Armel seinen ersten Man-Besuch als magisch in Erinnerung. „Es ist wie ein großes Museum für Erwachsene und Kinder. Man läuft rum, verliert sich, erweitert den eigenen Horizont. Keine Man-Erfahrung ist wie die andere, sie sind alle einzigartig.“
Erinnerungen fürs Leben
Auf einer Karte sind alle wichtigen Standorte der Veranstaltung aufgezeigt. Von Kunstworkshops über Chill-Ecken bis hin zu Konferenzen wird alles angeboten, denn jeder Besucher ist frei zu entscheiden, wie der eigene Beitrag zur Gemeinschaft aussieht. „Ich habe einmal Polaroid-Fotos gemacht und verteilt, ein anderes Mal hat unser Camp Pfannkuchen angeboten. Von manchen Dingen kann ich gar nicht bei der Arbeit erzählen, etwa, dass ich einmal an einem Vulva-Nähkurs teilgenommen habe, das versteht hier niemand“, meint Armel. Der „Burning Man“, egal ob unter dem Titel „Crème brûlée“ in Frankreich oder „Midburn“ in Israel, sei wie eine eigene Welt, deshalb sei es auch schwierig, wieder in die Realität zurückzukehren.

Die Anekdoten und Erinnerungen der vier Burner sind zu viele, um sie alle in einem Artikel festzuhalten. Eines ist aber sicher: Der „Burning Man“ hat Spuren in ihrem Leben hinterlassen, sei es in Form von Kleinigkeiten, die man nun in den eigenen Alltag integriert, den besten Sprüchen, eingerahmt im Wohnzimmer, oder aber als Name des eigenen Kindes, so Pola und Ryck: „Juno hieß damals der Tempel, der am letzten Abend verbrannt wurde. Da das Motto des damaligen Mans ,Fertility 2.0‘ war, war Juno der perfekte Name für unsere Tochter.“
De Maart







"...wieder in die Realität zurückzukehren."
Da scheint es wohl bei vielen Probleme zu geben.
Tausend mal besser als diese Hipstrrrr Veranstaltung Coachella.