Sonntag9. November 2025

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DeutschlandDas steht im schwarz-roten Koalitionsvertrag

Deutschland / Das steht im schwarz-roten Koalitionsvertrag
Die Parteichefs verkünden die Einigung auf einen Koalitionsvertrag: (v.l.) Markus Söder (CSU), Friedrich Merz (CDU) sowie Lars Klingbeil und Saskia Esken (SPD) Foto: Odd Andersen/AFP

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Gut sechs Wochen nach der Wahl haben sich CDU, CSU und SPD auf einen Koalitionsvertrag verständigt. Rente, Pendlerpauschale, Bürgergeld, Cannabis, Gastronomie, Arzttermine – ein Überblick der wichtigsten Inhalte.

Wochenlang verhandelten Union und SPD miteinander, jetzt steht der Koalitionsvertrag. 144 Seiten lang ist er, „Verantwortung für Deutschland“ lautet der Titel. Hier ein Überblick, auf was sich die Vertreter von CDU, CSU und SPD in einzelnen Themenbereichen geeinigt haben.

Steuern und Finanzen: Die Koalition will die Bürger entlasten: „Wir werden die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen zur Mitte der Legislatur senken“, heißt es im Koalitionsvertrag. Der Solidaritätszuschlag bleibt allerdings unverändert bestehen. Wer Überstunden macht, soll mehr Netto vom Brutto haben: „Wir stellen umgehend Überstundenzuschläge steuerfrei, die über die tariflich vereinbarte beziehungsweise an Tarifverträgen orientierte Vollzeitarbeit hinausgehen.“ Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende soll steigen. Die Pendlerpauschale steigt ab dem Jahr 2026 auf einheitlich 38 Cent ab dem ersten Kilometer. Bisher gilt dieser Satz erst ab dem 21. Kilometer. Die Koalition will die steuerfreie Übungsleiterpauschale auf 3.300 Euro und die Ehrenamtspauschale auf 960 Euro anheben.

Die Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie wird ab Januar dauerhaft auf sieben Prozent reduziert. Die Agrardiesel-Subvention wird wieder vollständig eingeführt. Für die Unternehmen soll die Körperschaftsteuer sinken, wenn auch erst ab dem Jahr 2028: „Wir werden die Körperschaftsteuer in fünf Schritten um jeweils einen Prozentpunkt senken, beginnend mit dem 1. Januar 2028.“

Rente: Das gesetzliche Rentenalter wird, wie erwartet, nicht angehoben. Stattdessen setzt die Koalition auf Anreize und die so genannte Aktivrente: „Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, wird sein Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei erhalten“, schreiben die Koalitionäre. Das Rentenniveau wird bei 48 Prozent gesetzlich abgesichert und das bis zum Jahr 2031. Eigentlich wäre die Sicherung nun ausgelaufen. Um zu verhindern, dass die Rentenbeiträge deshalb steigen, greift die Koalition in den Bundeshaushalt: „Die Mehrausgaben, die sich daraus ergeben, gleichen wir mit Steuermitteln aus.“ Am Nachhaltigkeitsfaktor will die Koalition „grundsätzlich“ festhalten, er dämpft das Wachstum der Rente.

15 Euro Mindestlohn

Gesundheit und Pflege: Die Koalition will die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung stabilisieren und dafür eine Kommission unter Beteiligung von Experten und Sozialpartnern einrichten, diese soll bis 2027 Vorschläge vorlegen. Es soll eine Termingarantie bei Fachärzten geben: Die kassenärztlichen Vereinigungen werden verpflichtet, Termine beim Facharzt zu vermitteln. Gelingt das nicht, dürfen die Patienten sich ambulant im Krankenhaus behandeln lassen. Online-Krankschreibungen durch private Online-Plattformen werden verboten. Die Krankenhaus-Reform von Karl Lauterbach wird korrigiert und an die Reform von Nordrhein-Westfalen angepasst. Es soll eine große Pflegereform geben, die Bund und Länder vereinbaren. Die Ergebnisse sollen noch 2025 vorliegen. Die pflegebedingten Eigenanteile sollen begrenzt werden, aber auch Karenztage sollen eingeführt werden, in denen Bürger selbst zahlen müssen. Die Legalisierung von Cannabis soll im Herbst 2025 „ergebnisoffen“ evaluiert werden.

Bürgergeld und Mindestlohn: „Das bisherige Bürgergeldsystem gestalten wir zu einer neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende um“, heißt es. Rechte und Pflichten sollen nun verbindlich geregelt werden. Die Regelsätze sollen, wie vor der Pandemie, erst nachträglich an die Inflation angepasst werden. Die Karenzzeit, in der Arbeitslose ihr Vermögen nicht antasten müssen, wird abgeschafft. „Bei Menschen, die arbeiten können und wiederholt zumutbare Arbeit verweigern, wird ein vollständiger Leistungsentzug vorgenommen.“

Die Koalition will eine Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro erreichen: „Die Mindestlohnkommission wird sich im Rahmen einer Gesamtabwägung sowohl an der Tarifentwicklung als auch an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten orientieren. Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar“, heißt es.

Kohleausstieg bis 2038

Wirtschaft und Energie: „Neues Wirtschaftswachstum“ ist das erste Kapitel des Koalitionsvertrags überschrieben. Die Koalition will die Energiekosten senken, insbesondere für die Industrie: Sie will die Gasspeicherumlage abschaffen und die Netzentgelte senken. „Wir wollen Unternehmen und Verbraucher dauerhaft um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde entlasten.“ Der Kauf von E-Autos soll durch die Wiedereinführung von „Kaufanreizen“ unterstützt werden. Für Elektroautos muss bis 2035 keine Kfz-Steuer gezahlt werden. Der Kohleausstieg soll bis 2038 vollzogen werden, die Ampel hatte noch 2030 als Ideal genannt.

Verteidigung: Union und SPD wollen massiv in die Bundeswehr investieren, bekennen sich zu allen bestehenden Bündnissen – allen voran zur NATO und der nuklearen Teilhabe. Die Investitionsziele der NATO will Schwarz-Rot einhalten und sich für Rüstungskontrolle und Abrüstungsbestrebungen einsetzen. Von einer Taurus-Lieferung an die Ukraine ist im Koalitionsvertrag keine Rede. Union und SPD wollen einen neuen Wehrdienst schaffen, „der zunächst auf Freiwilligkeit basiert“. Also ist keine Rückkehr zur alten Wehrpflicht, sondern eine Orientierung am schwedischen Modell geplant. Noch in diesem Jahr sollen die Voraussetzungen für eine Wehrerfassung und Wehrüberwachung geschaffen werden.

Deutschlandticket bleibt

Migration: Schwarz-Rot hat lange über diesen Punkt gestritten, im Ergebnis stehen erhebliche Verschärfungen, auch wenn das Grundrecht auf Asyl unangetastet bleibt. So sollen auch Asylsuchende künftig an den deutschen Grenzen zurückgewiesen werden, und zwar „in Abstimmung mit den europäischen Nachbarn“. Humanitäre Aufnahmeprogramme wie etwa das für Ortskräfte und Menschenrechtler in Afghanistan eingerichtete Kontingent sollen „so weit wie möglich“ beendet werden. Der Familiennachzug zu Menschen mit subsidiärem Schutzstatus soll für zwei Jahre ausgesetzt werden. Schwarz-Rot will auch die Zahl der Abschiebungen weiter steigern. Zudem soll der verpflichtend beigestellte Rechtsbeistand vor einer Abschiebung wieder abgeschafft werden.

Bauen und Wohnen: Union und SPD wollen mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen, nennen aber keine konkrete Zahl von Wohnungen, die pro Jahr neu gebaut werden sollen. Eine „Investitions-, Steuerentlastungs- und Entbürokratisierungsoffensive“ soll dabei helfen. Investitionen in den sozialen Wohnungsbau sollen deutlich erhöht und die Mittel für das Programm „Junges Wohnen“ verdoppelt sowie Mittel für barrierefreies, altersgerechtes Wohnen zur Verfügung gestellt werden. Die Mietpreisbremse wird in angespannten Wohnungsmärkten für vier Jahre verlängert.

Verkehr: Das Deutschlandticket bleibt erhalten. Preissteigerungen für das Monatsabo soll es erst ab 2029 geben. Wie die Finanzierung künftig gesichert werden soll, ist noch offen.