Montag29. Dezember 2025

Demaart De Maart

DeutschlandDas sind die wichtigsten Knackpunkte von Union und SPD

Deutschland / Das sind die wichtigsten Knackpunkte von Union und SPD
CDU-Chef Friedrich Merz (r.) und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (l.) treffen für die ersten Sondierungsgespräche mit der SPD ein Foto: AFP/John MacDougall

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

19 Spitzenvertreter von Union und SPD haben in Berlin ein erstes Sondierungsgespräch für eine Koalition geführt. In der kommenden Woche geht es weiter. Einfache Verhandlungen sind nicht zu erwarten, denn die Positionen liegen teils weit auseinander. Ein Überblick.

Fünf Tage nach der Wahl haben am Freitag die ersten Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD über eine Regierungskoalition stattgefunden. Jeweils neun Vertreter von CDU/CSU und SPD saßen unter Führung von CDU-Chef Friedrich Merz und dem Partei- und Fraktionschef der SPD, Lars Klingbeil, im Jakob-Kaiser-Haus zusammen, einem Gebäude des Bundestags. Auch Finanzminister Jörg Kukies (SPD) nahm teil.

Nach dreieinhalb Stunden endete das Treffen. „Die Sondierungsgespräche haben in einer offenen und konstruktiven Atmosphäre begonnen“, teilten CDU, CSU und SPD mit. „Die Sondierungsrunde trifft sich kommende Woche wieder.“

Kukies habe der Runde zunächst einen Überblick über die Haushaltslage gegeben, erklärten die drei Generalsekretäre von CDU, CSU und SPD, Carsten Linnemann, Martin Huber und Matthias Miersch. „Die Herausforderungen werden nun Gegenstand der kommenden Gespräche sein.“

Die Sondierungsgespräche haben in einer offenen und konstruktiven Atmosphäre begonnen

CDU/CSU und SPD in einer Mitteilung

Bei diesem ersten Treffen ging es zunächst um grobe Linien und einen Zeitplan für das weitere Vorgehen. Auch sollten atmosphärische Schwierigkeiten nach dem teils hart geführten Wahlkampf ausgeräumt werden. Merz hatte wiederholt deutlich gemacht, dass er keine Zeit verlieren und bis Ostern eine Regierung bilden möchte. Klingbeil dagegen hatte betont, es gebe keinen Automatismus einer Regierungsbeteiligung der SPD.

Eine schwarz-rote Koalition ist nach der Bundestagswahl allerdings die einzige realistische Option. Union und SPD müssen sich also zusammenraufen. Dies sind wichtige Knackpunkte der Gespräche.

Verteidigung: Wegen der Abkehr der neuen US-Administration unter Präsident Donald Trump von Europa und der russischen Bedrohung nicht zuletzt durch den weiter tobenden Ukraine-Krieg hat eine schnellere Ertüchtigung der Bundeswehr große Dringlichkeit. Verteidigungsexperten halten eine Aufstockung der Finanzmittel für die Bundeswehr von deutlich mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für nötig. Die Mittel müssten demnach um zweistellige Milliardenbeträge pro Jahr erhöht werden. Derzeit gibt der Bund etwa 90 Milliarden Euro für die Bundeswehr aus, davon gut 50 Milliarden aus dem regulären Verteidigungsetat. Der Rest kommt aus dem 100-Milliarden-Sondervermögen.

Sondervermögen für Verteidigung ausweiten

Das wird jedoch 2027 aufgebraucht sein, sodass Union und SPD über zusätzliche Schulden diskutieren. Da AfD und Linke im neuen Bundestag über eine Sperrminorität verfügen, könnten sie nach der Konstituierung des Parlaments die nötige Zweidrittelmehrheit für eine Grundgesetzänderung verhindern. Deshalb hat Merz eine Änderung noch durch den alten Bundestag ins Spiel gebracht, in dem Union, SPD und Grüne über die notwendige Mehrheit verfügen. Die kurzfristige Reform der Schuldenbremse hat der CDU-Chef bereits ausgeschlossen. Allerdings könnten die Parteien das bestehende Sondervermögen aufstocken oder ein neues in dreistelliger Milliardenhöhe einrichten.

Die SPD dürfte sich ihre Zustimmung durch die Zusage der Union abkaufen lassen, dass weitere Schulden auch für andere Zwecke aufgenommen werden – etwa für weitere Sondervermögen für Infrastruktur und Bildung. Eine andere Möglichkeit wäre, das Sondervermögen für Verteidigung so weit zu definieren, dass auch neue Straßen und Brücken damit finanziert werden könnten. Die Grünen haben bereits erklärt, sie würden nur zustimmen, wenn auch die Schuldenbremse reformiert würde. Käme es zu einem Beschluss durch den alten Bundestag zu einem neuen Sondervermögen, will die Linke beim Bundesverfassungsgericht klagen.

Migration: Merz hatte nach dem Aschaffenburger Attentat erklärt, er werde als Kanzler am ersten Tag per Richtlinienkompetenz Zurückweisungen von irregulären Asylbewerbern an den deutschen Grenzen anweisen. Die SPD hatte Merz’ Zurückweisungspläne als rechtlich nicht durchsetzbar scharf kritisiert. Stattdessen pocht die SPD auf das Migrationsabkommen der EU, das ab sofort umgesetzt werden solle. Unterm Strich sind sich Union und SPD beim Migrationsthema aber näher als etwa Union und Grüne.

Unterschiedliche Rezepte gegen Wachstumsschwäche

Wirtschaft: Über die Gründe der andauernden Wachstumsschwäche besteht zwischen Union und SPD wenig Einigkeit: Während die Union vor allem angebotsseitige Probleme sieht, etwa die zu hohen Energiekosten, die Bürokratielast und steigende Lohnnebenkosten, betont die SPD nachfrageseitige Gründe. Sie pocht neben geringeren Energiekosten auf die massive Ausweitung öffentlicher Investitionen, staatliche Investitionsanreize durch Prämien und auf einen höheren Mindestlohn.

Die Union dagegen setzt vor allem auf Steuersenkungen für Unternehmen. Zudem will sie den Soli komplett abschaffen – ein Schritt, der nach einem Verfassungsgerichtsurteil ohnehin anstehen dürfte. Schnell einig werden könnten sich beide Seiten über die Senkung der Stromnetzentgelte und beim Bürokratieabbau. Eine Mischung aus Steuersenkungen und Investitionsanreizen wäre ein Kompromiss. Fest steht: Auch für die Wirtschaftsförderung müsste Schwarz-Rot viel Geld in die Hand nehmen, das eigentlich nicht da ist.

Soziales und Arbeitsmarkt: Die Union will das Bürgergeld reformieren, um den Abstand zwischen regulären Verdiensten und der Sozialleistung wieder zu vergrößern. Sanktionen sollen verschärft, viel mehr Langzeitarbeitslose zum Arbeiten gebracht werden. Die Weiterentwicklung von Hartz IV war den Sozialdemokraten in der vergangenen Legislaturperiode wichtig. Große Änderungen würde die SPD deshalb nicht mitmachen. Einer bloßen Umbenennung und etwas härteren Sanktionen würde sich die SPD aber wohl nicht verweigern. Auch bei Rente, Gesundheit und Pflege müsste es eigentlich wirkungsvolle Reformen geben, um den Beitragsanstieg zu stoppen. Doch Union und SPD haben sich im Wahlkampf mit Reformplänen zurückgehalten – vor allem, um ältere Wähler nicht zu verschrecken. Um die SPD ins Boot zu holen, dürfte Merz hier von großen Einschnitten absehen.