Montag29. Dezember 2025

Demaart De Maart

EditorialDas Migrationsparadox: Warum einst gefeierte Exilanten heute als Bedrohung gelten

Editorial / Das Migrationsparadox: Warum einst gefeierte Exilanten heute als Bedrohung gelten
Viele Bereiche in den westlichen Ländern funktionieren ohne die Migranten nicht mehr Foto: AFP

Migrationsparadox in Europa: Warum einst gefeierte Exilanten heute als Bedrohung gelten – ein Editorial über die Wende in der Migrationspolitik, die Ausbeutung von Arbeitskräften und die Folgen der Abschottung für Gesellschaft und Menschenrechte.

Der rumänische Violinist Bela Tambrea trifft 1985 eine schwere Entscheidung: Er kehrt nach einer Konzertreise nicht mehr in sein Land zurück. Zwei Jahre später folgen ihm seine Frau und die beiden Kinder nach Deutschland. Es ist kurz vor dem Ende des Ceaușescu-Regimes. Fast vier Jahrzehnte später erzählt Tambreas Sohn Sabin, ein bekannter deutscher Film- und Theaterschauspieler, in Romanform die Geschichte seiner Familie. Wie für diese bedeutete das Exil für viele, die den kommunistischen Regimen in Mittel- und Osteuropa oder lateinamerikanischen und südeuropäischen Diktaturen entfliehen konnten, die Rettung. „Jahrzehntelang hatte der Westen den Osten für seine geschlossenen Grenzen kritisiert“, schreibt die aus Albanien stammende britische Philosophin und Politologin Lea Ypi. „Er hatte Kampagnen zur Förderung der Freizügigkeit finanziert und die Staaten, die das Recht auf Ausreise verweigerten, moralisch verurteilt.“

Exilanten seien damals noch als Helden empfangen worden. Doch mit der Zeit habe sich die Rhetorik geändert, stellt Ypi fest. Migranten würden heute eher als Kriminelle und gefährliche Subjekte betrachtet, die den „European Way of Life“ bedrohten. Die europäische Migrationspolitik zielt darauf ab, Europa in eine Festung zu verwandeln. Das zeigt sich zum Beispiel in der Arbeit der europäischen Grenzschutzagentur Frontex, die seit Jahren mitansieht, wie Bootsflüchtlinge im Mittelmeer ertrinken, während die EU mit Staaten wie Libyen und Tunesien paktiert und sie als rechtliche Grauzonen nutzt, in denen Migranten unter menschenunwürdigen Bedingungen interniert werden. Die Sonderausgabe „Die Unerwünschten“ der Monatszeitung Le Monde diplomatique weist auf das Paradox hin, dass in den meisten europäischen Ländern häufig nur negativ über Migration gesprochen wird. Dabei sind diese Länder dringend auf Einwanderung angewiesen. Sie brauchen ausländische Arbeitskräfte, ob gut ausgebildete Fachleute oder Billiglohnarbeiter.

Letztere werden oft schamlos ausgenutzt – ob im Bausektor, in der Landwirtschaft oder anderen Sektoren wie dem Gesundheitswesen, das ohne die Migranten kaum noch aufrechtzuerhalten wäre. Ähnlich ist es in den USA, wo viele Bereiche von der Arbeit der vor allem lateinamerikanischen Einwanderer abhängen. Doch mittlerweile machen dort die Schergen der unter Präsident Donald Trump massiv ausgebauten Einwanderungsbehörde Immigration and Customs Enforcement (ICE) Jagd auf mut-maßlich illegale Migranten, um sie festzunehmen und danach abzuschieben. Was die westlichen Staaten einst verurteilten, ist nun ihre gängige Praxis und wird als Zeichen der Stärke gefeiert. Es geht darum, so wenig Asylbewerber wie möglich ins Land zu lassen und so viele wie möglich in ihre Herkunfts- oder angeblich sichere Drittländer zurückzuführen. Der Wind in der Migrations- und Asylpolitik hat sich gedreht. Der verschärfte Diskurs über und die Abschottung gegen schutzsuchende Fremde bleibe nicht folgenlos für die Gesellschaften, stellt die österreichische Soziologin Judith Kohlenberger in ihrem Buch „Gegen die neue Härte“ fest. So werden universale Rechte relativiert, etwa beim EU-Migrations- und Asylpaket. Die „neue Härte“ repräsentiert hierzulande Innenminister Léon Gloden (CSV), der im Oktober das Konzept der „Maison retour“ vorstellte, die Softversion des „Centre de rétention“.

Über die Missstände in den Auffangstrukturen für Schutzsuchende wurde schon mehrfach berichtet. In den vergangenen beiden Jahren ist die Zahl der Asylbewerber derweil zurückgegangen. Zum Ziel der EU-Migrations- und Asylpolitik gehört neben der solidarischen Lastenverteilung und beschleunigten, strengeren Asylverfahren, die Zahl der Antragsteller zu reduzieren und sie möglichst an den EU-Außengrenzen abzuweisen, um sie nicht auf das Gebiet der Union kommen zu lassen. Eine sozioökonomische Problemdiagnose, für die Lea Ypi plädiert, findet nicht statt. Und von einer „Politik der Empathie“, wie sie Judith Kohlenberger fordert, ist erst gar keine Rede.

Reinertz Barriera Manfred
29. Dezember 2025 - 8.01

Migration ist eben auch nicht unproblematisch, es ist richtig, dass wir Arbeitskräfte in vielen Bereichen brauchen, aber in unseren Ländern gibt es nicht genügend Aufnahmestrukturen, man bedenke Luxemburg z.B. die Wohnungsnot, nicht genügend bezahlbarer Wohnraum, da eben Migration, Flüchtlinge an...weil die einheimische Bevölkerung sich im Ausland niederlassen muss, d.h. emigrieren muss aus wirtschaftlichen Gründen: bezahlbarer Wohnraum...und es gibt auch in der Migration kriminelle Elemente, die man nicht aussondieren kann von den normalen Leuten, die zu uns kommen wollen....