EditorialDas Koalitionsprogramm ist ein angekündigter Rückschritt in der Flüchtlingspolitik

Editorial / Das Koalitionsprogramm ist ein angekündigter Rückschritt in der Flüchtlingspolitik
 Foto: dpa/Boris Roessler

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Als „historischen Erfolg“ haben die EU-Kommission und die nationalen Regierungen die Reform des europäischen Asylsystems bezeichnet. Dagegen sehen nicht wenige Kritiker dies als das Ende des europäischen Asylrechts, wie wir es bisher kannten. Zumindest ist es ein weiterer Schritt auf dem Weg, die Flüchtlingspolitik unter dem Aspekt der Sicherheit statt unter humanitären Gesichtspunkten zu betrachten.

Dieser Trend schlägt sich nicht nur im EU-Asylkompromiss nieder. Wer das Kapitel „Migration“ des Koalitionsabkommens der CSV-DP-Regierung liest, stellt fest, dass Luxemburg dieser Politik folgt: „Die Regierung unterstützt den Europäischen Pakt zu Einwanderung und Asyl und wird sich bei der Bearbeitung von Anträgen auf internationalen Schutz an der Praxis anderer Mitgliedstaaten orientieren.“ Außerdem soll es der Einwanderungsbehörde ermöglicht werden, DNA-Tests in Auftrag zu geben, wenn keine Dokumente vorliegen und Zweifel am Alter eines Asylbewerbers bestehen.

Ärztliche Untersuchungen zur Feststellung des Alters von Flüchtlingen sind nicht neu. Denn unbegleitete Minderjährige genießen einen besonderen Schutz und dürfen nicht abgeschoben werden. In Luxemburg wie auch in anderen Ländern finden deshalb medizinische Tests statt. Menschenrechtler kritisieren dies immer wieder. Trotzdem werden die Tests durchgeführt, sobald Zweifel an der Minderjährigkeit der betreffenden Person bestehen, selbst wenn ein offizielles Dokument des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR vorliegt. Einem Gespräch mit einem Beamten der Immigrationsbehörde, der die psychische Reife einschätzen soll, folgen medizinische und zahnmedizinische Untersuchungen. Schließlich werden Röntgenbilder des Handgelenks und der Schulter erstellt. Im ersten Fall wird untersucht, ob die Wachstumsfugen der linken Hand bereits verschlossen sind, im zweiten, inwieweit der Schlüsselbeinknorpel verknöchert ist. Bis vor einigen Jahren wurden gar die Genitalien der Asylbewerber untersucht.

Allerdings ist es wissenschaftlich bestätigt, dass sich das Alter einer Person nicht hundertprozentig feststellen lässt. Die Tests gelten als nicht zuverlässig. Nur grobe Schätzungen seien möglich, bestätigt die Arbeitsgemeinschaft für forensische Altersdiagnostik der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin. Häufig komme es zu Fehleinschätzungen. Das UNHCR legt daher nahe, im Zweifel für den jungen Flüchtling zu entscheiden. Kinder- und Jugendärzte favorisieren die „holistische“ Methode: einen ganzheitlichen Ansatz, nach dem Mediziner, Kinderpsychologen und/oder Sozialarbeiter nach einem mehrstündigen Gespräch den kognitiven, sozialen und emotionalen Entwicklungsstand einer Person sowie ihre Bedürfnisse und Glaubwürdigkeit einzuschätzen versuchen.

In der Kriminalistik hat sich der genetische Fingerabdruck als Beweismittel bewährt, in der Herkunftsanalyse, Familien- und Ahnenforschung hat er für mehr Verwirrung als für Aufklärung geführt, DNA-Tests von Migranten hingegen sind vor allem entwürdigend – und sie bedeuten einen großen Schritt zurück: In der Schweiz etwa befand der Nationalrat vor zehn Jahren, dass Flüchtlinge mit Einreichung ihres Antrags eine DNA-Probe abgeben sollten. Dadurch ließen sich Straftaten schneller aufklären und verhindern, lautete das Argument der Befürworter. Der Ständerat, die andere Kammer des Schweizer Parlaments, erteilte dem Ansinnen eine Absage: Schließlich handle es sich um einen Eingriff in die Grundrechte. Eine Ablehnung ist ähnlichen Plänen der hiesigen Regierung zu wünschen.

Denn sie würden in der Gesellschaft nur weiter Misstrauen und Ausgrenzung der betroffenen Menschen schüren. Politisch gesehen wäre es nichts anderes als ein Rückschritt. Und eine weitere Aushöhlung des Asylrechts. 

Wollen wir so nett sein?
24. November 2023 - 20.40

Holland hat Euch jetzt klar bewiesen wie die nette Flüchtlingspolitik a la Jang endet. Wollen wir das?

jung.luc.lux
24. November 2023 - 19.56

An desem Domän stemmen ech dem Regierungsprogramm 100 % zou. Endlech Neel mat Kaep.

fraulein smilla
24. November 2023 - 16.36

Es ist die Open Bar Fluechtlingspolitik denen wir die Wilders in Europa zu verdanken haben .Die daenischen Sozialdemokraten haben vordemonstriert wie man die Rechtpopulisten zur Bedeutungslosigkeit runterfahren kann .

Ben Faber
24. November 2023 - 14.15

“im Zweifel für den jungen Flüchtling zu entscheiden” dat hescht wann en 20 jaergegen Algerier oder Tunesier ( beid sinn secher Hierkunftslaenner btw) seht hien wier en 16 jaergen Syrier, opwuel keen syreschen Dialekt kann, dann huelen mer denn op ?
Majo esou weltfriem Argumenter bereden iwerall en Europa den Rietsextremen de Terrain fier.