Sonntag9. November 2025

Demaart De Maart

Kopf des TagesDas Gesicht der CDU im Osten: Haseloff übertrifft alle Erwartungen

Kopf des Tages / Das Gesicht der CDU im Osten: Haseloff übertrifft alle Erwartungen
 Foto: AFP

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Reiner Haseloff übertrifft alle Erwartungen

Eigentlich wollte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff nach seiner zweiten Amtszeit abtreten, wie sein Vorgänger Wolfgang Böhmer. Doch im Herbst vorigen Jahres entschied sich der 67-Jährige, noch einmal anzutreten – und wurde gestern mit einem sensationellen Wahlsieg dafür belohnt. Nun steht Haseloff vor einer dritten Amtszeit.

Damit startet der Wittenberger im letzten Abschnitt seiner langen politischen Karriere noch einmal kräftig durch: Schon seine Rolle in den Verhandlungen um den Kohleausstieg hatte ihm in der CDU viel Respekt eingebracht. Im Herbst übernahm er turnusmäßig die Präsidentschaft im Bundesrat, die er sichtlich genießt, und stieg im Januar erstmals ins CDU-Bundespräsidium auf.

Sein alle Erwartungen übertreffender Sieg dürfte Haseloff in der Partei nun noch mehr Gewicht einbringen: Kein anderer Christdemokrat erreichte im Osten zuletzt ein auch nur annähernd so starkes Ergebnis, niemand sonst konnte die AfD so deutlich auf Distanz zur CDU halten. Sein Freund und Wahlkämpfer Friedrich Merz nennt Haseloff „das Gesicht der CDU im Osten“ – diesen Titel kann ihm nun keiner mehr streitig machen.

Haseloff ist gläubiger Katholik, promovierter Physiker und Großvater. Seinen Kaffee trinkt er schwach und süß – mit Milch und drei Stück Zucker. Für komplizierte technische Vorgänge kann er sich ebenso begeistern wie für Geschichte und Antiquitäten. In Antiquariaten stöbert er gern in uralten Büchern. Als Polizisten in einem Keller in Sachsen-Anhalt jüngst mehrere Maya-Skulpturen fanden, ließ er es sich nicht nehmen, die Fundstücke mit geradezu kindlicher Begeisterung selbst zu bestaunen, bevor sie zurück nach Mexiko geschickt worden.

Sein Interesse an Geschichte passt gut zum glühenden Lokalpatriotismus des Ministerpräsidenten. Bei jeder Gelegenheit preist Haseloff die reiche Geschichte des heutigen Sachsen-Anhalts, mit seinen Kaisern, Reformatoren, Künstlern und Erfindern. Seine Heimatstadt, die Reformationsstadt Wittenberg, sei neben Berlin die bekannteste deutsche Stadt der Welt, sagt Haseloff.

Die vielen Westdeutschen in ostdeutschen Führungspositionen sind ihm ein Dorn im Auge – auch am Kabinettstisch, wo er zuletzt der einzige gebürtige Sachsen-Anhalter und einer von nur zwei gebürtigen Ostdeutschen war. Anders als die Linke, die diese Ungleichheit zum zentralen Wahlkampfthema gemacht hat, drängt Haseloff mit dem Wunsch nach mehr Landeskindern in Verantwortung kaum in die Öffentlichkeit.

Überhaupt ist Haseloff kein Mann der markanten Slogans oder großer Kontroversen – sein zentrales Thema ist die Regierung selbst: Eine stabile Regierung aus der Mitte. Die Kenia-Koalition zusammenzuhalten, war in den vergangenen Jahren die schwierigste und wichtigste Aufgabe des 67-Jährigen und sie ist ihm gelungen. Folglich wirbt er vor allem mit dem Stabilitätsversprechen und vermeidet es, wo immer es geht, sich inhaltlich festzulegen oder gar mit zugespitzten Positionen seine potenziellen Koalitionspartner zu verprellen. (dpa)