Die Diagnose war fatal. Nie wieder, so waren sich die Analysten und Prognostiker damals einig, würde die republikanische Partei eine US-Wahl gewinnen können. Damals, das waren die Obama-Jahre. Der Senator aus Illinois war gerade zum ersten schwarzen Präsidenten in der Geschichte der Vereinigten Staaten gewählt worden. Und die „Grand Old Party“, wie der Spitzname der Republikaner lautet, wurde zum alten Eisen geworfen. Als Partei mit einer Klientel, die sich demografisch ebenfalls auf dem absteigenden Ast befand: alte, weiße Männer. Der gesellschaftliche Wandel in den USA arbeite gegen die Republikaner, hieß es damals. Weiße würden bald zum ersten Mal in der Geschichte des Landes nicht mehr die Mehrheit stellen. Die Gesellschaft werde immer diverser – und nicht-weiße Menschen würden demokratisch wählen.
Schon Donald Trumps erster Wahlsieg 2016 strafte diese Sichtweise teilweise Lügen. Teilweise, weil zum einen das US-Wahlsystem mit seiner Wahlmännerversammlung die kleinen und ländlicheren Bundesstaaten, ergo die republikanischen, bevorzugt. Zum anderen, weil die Republikaner tatsächlich seit 2004 nicht ein einziges Mal die sogenannte „Popular Vote“ gewinnen konnten, also die tatsächliche Mehrheit aller Stimmen über das ganze Land verteilt. Der Glaube an die grundsätzliche Zukunftslosigkeit der Republikaner bestand weiter – und festigte identitäre politische Vorstellungen. Weiße Männer aus dem Hinterland wählen Trump, Frauen eher nicht, Schwarze, Muslime, Latinos (in geringerem Maße) tendieren demokratisch.
Donald Trumps Wahlsieg in der vergangenen Nacht hat diese vermeintlichen politischen Gewissheiten endgültig zerschmettert. Zum ersten Mal seit 20 Jahren hat ein Republikaner auch die „Popular Vote“ deutlich für sich entscheiden können. Die identitätspolitische Lesart der amerikanischen Politik geht nicht mehr auf. Donald Trump hat geschafft, was man nicht für möglich hielt: Er hat sein Wählerreservoir erweitert – jenseits der klassischen republikanischen Wählerbasis und seiner treuen MAGA-Bewegung. Er hat schwarze Arbeiter in Detroit für sich gewonnen, Jungwähler in Wisconsin, er konnte selbst seinen Stimmanteil unter den Latinos in der zutiefst demokratischen New Yorker Bronx verdoppeln. Auf der anderen Seite verlor Kamala Harris bei vielen People of Color Stimmen im Vergleich zu Joe Biden, Frauen wählten sie nicht häufiger als Trump – dabei hatte die Vizepräsidentin ihre Kampagne gerade auf Abtreibungsrecht fokussiert, in der Hoffnung, damit mehr Frauen mobilisieren zu können.
Die USA sind in einer neuen politischen Realität aufgewacht. Trump hat die republikanische Partei nicht nur zu seiner Partei, dem Vehikel der rechtspopulistischen MAGA-Bewegung, umgebaut, er hat sie im gleichen Zug wieder zu einer Volkspartei gemacht: multiethnisch und alle Bevölkerungsschichten durchdringend. Es ist paradox. Ebenso wie die Tatsache, dass in den gespaltenen USA zwar andauernd über Kulturkampf diskutiert wird, am Ende aber die Wirtschaft an der Wahlurne entschieden hat. Bill Clintons berühmter Spruch „It’s the economy, stupid!“, angepasst auf 2024: „It’s the inflation, stupid!“ Trumps rechtspopulistisches Gepolter, seine Lügen und unrealistischen Versprechungen konnten in diesem Bereich bei einer Mehrheit der Amerikaner besser punkten. Die politische Lehre daraus? Identitätspolitik ist out, Klassenkampf und Anti-Establishment wieder in. Völlig egal dabei, ob er von einem superreichen Straftäter mit Hilfe eines noch reicheren Tech-Moguls angeführt wird, der erwiesenermaßen keinen Deut auf Arbeiterrechte gibt. Oder, um es mit Brecht zu sagen: Erst kommt das Fressen, dann die Moral.
De Maart
Niemand weint der woken Identitaetspolitik eine Traene nach ,weil sie rassistisch ist . Weisser Mann immer boeser Mann und schon durch Erbschuld immer Rassist .Frauen wollen nicht zuerst als Frau wahrgenommen werden , Genauso wollen Schwarze Menschen nicht zuerst als Schwarze wahrgenommen werden . Das gleiche gilt fuer Behinderte , Asiaten ,Latinos und Schwule von denen die meisten mit LGBTQ nichts am Hut haben .
Sind Demokratien in der Zeitenwende vielleicht ein Auslaufmodell?🚦🚥🍊🕳️