In Dänemark leben ungefähr doppelt so viele Schweine wie Menschen. Das Land gehört neben Deutschland zu den größten Schweinefleischproduzenten Europas. „Die riesigen Schlachthöfe sind mit denen in Deutschland vergleichbar“, sagt Jim Jensen, Vizechef der Gewerkschaft NNF, gegenüber dem Tageblatt. Danish Crown ist der größte Betrieb mit rund 8.000 Mitarbeitern und 105.000 getöteten und verarbeiteten Schweinen pro Woche. Trotz Vergleichbarkeit der Branche und auch des Lockdowns, den Dänemark ähnlich wie Deutschland durchführte, samt gegenwärtigen Lockerungen, ist es auf dänischen Schweinefleischschlachthöfen nicht zu so dramatischen Coronaausbrüchen gekommen wie nun in Deutschland.
Das habe mehrere Gründe, glaubt Jensen. Die Lage für die Fleischarbeiter sei seiner Meinung nach grundsätzlich härter in Deutschland. Im gnadenlosen Wettkampf um immer niedrigere Kosten, gerade auch beim Lohn und der sozialen Absicherung etwa im Krankheitsfall, hat Dänemark laut der Gewerkschaft NNF in den letzten 15 bis 20 Jahren rund 4.000 bis 5.000 Arbeitsplätze an Deutschland verloren. „Die Deutschen haben uns aus dem Weg konkurriert sozusagen, sie haben die Kosten so weit gesenkt, unter anderem beim Lohn, dass wir nicht mithalten konnten“, sagt der Vizegewerkschaftschef. Dafür sei die Fleischindustrie in Dänemark sozial ausgewogener. Die Stundenlöhne von 25 Euro gehören zu den höchsten in Europa.
Die Deutschen haben die Kosten unter anderem beim Lohn so weit gesenkt, dass wir nicht mithalten konnten
„Wir haben Tarifverträge in der gesamten Schweinefleischindustrie, an denen sich fast 100 Prozent der Firmen orientieren. Im Vergleich zu Deutschland, wo die Lage viel schwieriger für Gewerkschaften ist, haben wir noch immer sehr gute Arbeitsbedingungen“, sagt Jensen.
Schwarzarbeit, Scheinselbstständigkeit mit Werkverträgen und Subunternehmen in Osteuropa gibt es so gut wie nicht. All das sei sehr gut geregelt und kontrolliert in Dänemark. „Die Arbeiter sind direkt bei den Fleischfirmen angestellt und der gewerkschaftliche Organisationsgrad ist relativ hoch“, sagt Jensen. In Deutschland sei der gewerkschaftliche Organisationsgrad viel schlechter. „Unsere Kollegen von der deutschen Gewerkschaft kommen ja an die Mitarbeiter kaum ran. Die sind oft in Osteuropa angestellt und haben mehr oder weniger ein Verbot, mit der deutschen Gewerkschaft überhaupt zu sprechen. Wenn sie das tun, werden sie gefeuert.“
Keine Angst vor der Krankmeldung
Ähnliches gelte im Krankheitsfall und das sei der Knackpunkt im Vergleich zu Dänemark. „Ich glaube, die Kollegen, die in Deutschland arbeiten, haben große Angst, ihren Job zu verlieren, wenn sie sich krankschreiben. Die wichtigste Anti-Corona-Maßnahme bei uns an den Schlachthöfen war, dass die Arbeitnehmer sich mit Lohnfortzahlung krankschreiben können, ohne Angst vor der Kündigung haben zu müssen“, sagt Jensen.
„Wir haben auch viele Nationalitäten, aber alle sind im Tarifvertrag. Die meisten sind Dänen, etwa 70 Prozent, gefolgt von Polen mit 15 Prozent, das sind aber nur grobe Schätzungen, und dann haben wir zwischen 5 und 10 Prozent deutsche Gastarbeiter. Auch Rumänen und Bulgaren gibt es.“ Ein weiterer wichtiger Punkt seien die besseren Unterkünfte für dänische Fleischarbeiter. Mit den Unterbringungen der Arbeiter haben die dänischen Unternehmen nichts zu tun.
Es geht etwa nicht in Dänemark, dass man als direkt bei der dänischen Fleischfirma angestellter Arbeitnehmer verpflichtet ist, in irgendeiner Baracke zu wohnen mit vielen anderen und dann dafür auch noch einen Lohnabzug vom Mindestlohn für die Unterkunft verhängt bekommt. Jensen hat den Eindruck, dass die Gastarbeiter in Deutschland beengter wohnen, sich etwa dasselbe Bett teilen und dann unterschiedliche Schichten annehmen.
„Wir haben nur 7,4 Stunden Arbeit maximal pro Tag, Arbeitnehmer haben dann mehr Freizeit und wollen auch deshalb besser wohnen, als wenn sie nur zum Schlafen nach Hause kommen, wie es nach den langen Schichten in Deutschland der Fall ist. Man sagt ja da: Ich bekomme immer ein warmes Bett, weil der Kollege aufsteht und zum Schlachthof geht, wenn du dich ins selbe noch warme Bett schlafen legst. Da wird dann auch Corona übertragen. In Dänemarks Fleischindustrie gibt es diese warmen Betten nicht“, so Jensen.
Ein weiterer Punkt seien die hohen dänischen Hygienestandards mit Handschuhen, Masken etc., die aber schon vor Corona bestanden. Nach dem Coronaausbruch wurde der Abstand zwischen den Arbeitern vergrößert oder sie wurden mit Plastikvorhängen isoliert. Auch die Pausen wurden gestaffelt, sodass immer nur sehr wenige Mitarbeiter auf größerem Raum Pause machen können. Statt wie früher Buffets in den Kantinen anzubieten, werden nun Portionen von Kantinenmitarbeitern auf Tellern ausgegeben.
„In Deutschland sind vermutlich einige oder mehrere ungünstige Faktoren zusammengekommen und haben zu den Ausbrüchen geführt. Ich denke, vor allem die Angst der Mitarbeiter vor Lohnausfall und Kündigung im Krankheitsfall ist eines der gravierendsten Probleme in Deutschland“, so Jensen.
De Maart
Natürlich, keine Werksverträge mit ausländischen Sub-Sub-Unternehmen.
Auch die Schule wird da ganz von Privatbeamten erledigt, Kindern Lesen und Schreiben beizubringen ist schließlich keine hoheitliche Aufgabe die Staatsbeamte erfordert.