
Tageblatt: Darko Milowich, wie ist das Ensemble d’Arco vor 30 Jahren entstanden?
Darko Milowich: Das Ensemble d’Arco wurde 1995 gegründet, also in dem Jahr, als Luxemburg zum ersten Mal Kulturhauptstadt Europas wurde. Die Idee kam eigentlich von Eugène Prim, dem damaligen Präsidenten der Solistes Européens Luxembourg, der neben den Orchesterkonzerten auch Kammermusikprojekte fördern und in die Programmierung der SEL aufnehmen wollte. Er kam auf mich zu und ich war von seiner Idee begeistert. Wir beschlossen, das Ensemble d’Arco als ein variables Ensemble zu gestalten, also vom Trio bis hin zum Streichquintett, in manchen Fällen sogar bis zum kleinen Orchesterensemble. Ich spielte damals noch im RTL-Symphonieorchester, dessen Zukunft sehr unsicher war. RTL wollte sich ja vom Orchester trennen und keiner wusste, wie es weitergehen sollte. So waren Projekte wie dieses eine willkommene Ablenkung.
In anderen Worten: Es gab auch keine festen Musiker im Ensemble?
Von Anfang an war es unsere Idee, jeweils die besten Musiker zu den angestrebten Projekten zu finden und so ein quasi ideales Ensemble zusammenzustellen. Und das ist bis heute so geblieben. Das hat den Vorteil, dass wirklich nur hundertprozentig interessierte Interpreten zusammenkommen und demnach eine sehr konstruktive Dynamik und Zusammenarbeit herrscht. Wir hatten die Gelegenheit, relativ früh schon eine CD für das Label Naxos einzuspielen, nämlich mit Werken von Joseph Haydn, die bis damals noch nie in ihrer Originalfassung aufgenommen worden waren. Die weltweit positiven Kritiken haben dem Ensemble d’Aarco natürlich sehr geholfen, sich künstlerisch zu positionieren.
Das heißt dann wohl auch, dass es keine feste Konzert- bzw. Programmstruktur gibt.
Nein, das Ensemble d’Arco arbeitet nur projektbezogen. Entweder auf Eigeninitiative oder wir werden für verschiedene Konzerte angefragt. Und dann stelle ich das Ensemble präzise für dieses Projekt zusammen. Wir haben beispielsweise einmal das Requiem von Johannes Brahms gespielt, dies dann aber in der Fassung für Kammerensemble. Wir haben auch sehr oft mit den besten Chören des Landes, wie dem Kammerchor des Conservatoire de la Ville de Luxembourg, den Pueri Cantores, der „Chorale Sainte-Cécile“ aus Junglinster oder dem Chor der Kathedrale zusammengearbeitet. Wichtig ist es uns aber, unser Repertoire vielseitig zu gestalten, das heißt, ebenso das konventionelle Repertoire zu bedienen wie auch vergessenen Komponisten zu ihrem Recht zu verhelfen. Es gibt so viele gute Werke von weniger bekannten Komponisten, man muss nur genau hinschauen.
Ensemble d’Arco: 30 years
Am Samstag, 14. Juni, ab 19.30 Uhr in der Philharmonie in Luxemburg-Stadt.
Mehr Infos: philharmonie.lu.
Einen dieser Komponisten haben Sie auch in dem Programm Ihres Jubiläumskonzertes am kommenden Samstag eingebunden.
Ja, dabei handelt es sich um den italienischen Komponisten Leone Sinigaglia, den ich eher zufällig entdeckt habe und über den ich auch eine Doktorarbeit geschrieben habe. Wir spielen von ihm die Romanze op. 3 für Horn und Streichquartett. Sinigaglia selbst lebte von 1868 bis 1944. Er distanzierte sich von der damaligen italienischen Opernkultur und schlug einen eigenen Weg ein. In Wien studierte er bei Eusebius Mandyczewski und seine frühen Werke standen deutlich unter dem Einfluss von Brahms und Dvorak. Später widmete er sich, ähnlich wie Kodaly und Bartok in Ungarn, den traditionellen piemontesischen Melodien. Als Jude wurde er im Zweiten Weltkrieg verfolgt, seine Musik wurde verboten und kurz vor seiner Deportation starb Sinigaglia an einem Herzinfarkt. Ein tragisches Schicksal. Nach dem Krieg wurde seine Musik so gut wie vergessen.
In Ihrem Programm des Jubiläumskonzerts gibt es zwei Themenkomplexe, auf der einen Seite das Thema „Krieg“, auf der anderen das Thema „Spaß“. Wie passt das zusammen?
Eigentlich wollten wir zwei Konzerte mit zwei verschiedenen Programmen, nämlich „Spaß“ und „Krieg“, spielen. Aus organisatorischen Gründen blieb es aber bei einem Konzert. Auf der einen Seite wird das Publikum das Streichquartett op. 33/2 von Haydn und Mozarts Sextett „Ein Musikalischer Spaß“ hören. Dazwischen den Quartettsatz D703 von Franz Schubert. Als Überleitung zum Thema Krieg haben wir die Ouvertüre zu „Der fliegende Holländer oder wie sie eine schlechte Kurkapelle morgens um 7 am Brunnen vom Blatt spielt“ von Paul Hindemith. Es ist natürlich eine Persiflage und eine witzige Auseinandersetzung mit dem quasi heiligen Richard Wagner, der von den Nazis über alles geschätzt wurde, während Hindemiths Musik selbst von ihnen als Kulturbolschewismus und entartet aus den Programmen entfernt wurde. Hindemith verließ schließlich Deutschland. Genauso wie Erich Wolfgang Korngold, der schon vor der nationalsozialistischen Machtübernahme 1938 in Österreich sein Land verlassen hatte und als erfolgreicher Filmkomponist in Hollywood lebte. Als Jude war es für ihn dann auch unmöglich, nach Europa zurückzukehren. Von ihm spielen wir das Streichquartett Nr. 2 op. 26. Ich denke, so haben wir ein sehr breites und vielseitiges Programm für unser Konzert zusammengestellt.
In welcher Besetzung wird das Ensemble d’Arco denn bei seinem Jubiläumskonzert spielen?
Valeria Pasternak und ich werden an den Violinen zu hören sein, Fernando Bencomo an der Bratsche und Sehee Kim am Cello. Dann werden die Hornisten Kerry Turner und Kristina Mascher-Turner für verschiedene Werke, wie Mozarts „Musikalischen Spaß“, Hindemiths Ouvertüre und Sinigaglias Romanze, hinzukommen. Es wird auf jeden Fall ein sehr abwechslungsreiches Konzert werden. Wir freuen uns darauf.
De Maart
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können