Sonntag28. Dezember 2025

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Chance oder Risiko für Luxemburg?Crosslauf und Cyclocross könnten 2030 bei Olympia im Programm sein

Chance oder Risiko für Luxemburg? / Crosslauf und Cyclocross könnten 2030 bei Olympia im Programm sein
Volksfeststimmung: Auch beim Weltcup in Namur zog es wieder tausende Fans an die Strecke Foto: AFP/David Pintens

Cyclocross und Crosslauf könnten ab 2030 Teil des olympischen Programms werden. Doch einer möglichen Aufnahme steht die Charta der Olympischen Winterspiele im Weg. Für Luxemburg wäre dieser Schritt dennoch eine große Chance – gleichzeitig würde die internationale Konkurrenz in beiden Sportarten deutlich zunehmen.

Wenn der Cyclocross-Weltcup in Belgien oder den Niederlanden Station macht, herrscht Volksfeststimmung. In dieser Saison richten die Belgier gleich sieben Weltcups aus, die Niederlande zwar nur einen, sind dafür aber mit Hulst Gastgeber der Weltmeisterschaften. Wenn dort am 30. Januar und 1. Februar 2026 die Regenbogentrikots vergeben werden, ist Ausnahmestimmung garantiert. Tausende Zuschauer werden nach Hulst strömen, die Rennen feiern – mit Musik, guter Stimmung und natürlich den obligatorischen Erfrischungsgetränken.

Auch in Frankreich genießt der Sport längst große Popularität und befindet sich weiter im Aufschwung. Da Frankreich die Olympischen Winterspiele 2030 austrägt, rückt eine Aufnahme des Cyclocross ins olympische Programm zunehmend in den Fokus. Ebenso steht der Crosslauf zur Diskussion.

Cross und Cyclocross auf gleicher Strecke?

Sebastian Coe, Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes World Athletics, äußerte sich kürzlich optimistisch: „Ich glaube, die Chancen stehen gut, dass es passieren wird. Und ich glaube, der Zeitpunkt ist der richtige, denn Kirsty (Coventry, IOC-Präsidentin) ist definitiv bereit, anders über das Programm nachzudenken – darüber, was außerhalb des Stadions stattfinden könnte, und über das Zusammenspiel von Winter- und Sommerspielen.“

Laut Coe existiert bereits ein vorläufiger Plan, die Wettbewerbe im Crosslauf und im Cyclocross auf derselben Strecke in den französischen Alpen auszutragen. „Das entstand aus einem Gespräch, das ich mit David (Lappartient, UCI-Präsident) hatte“, so Coe. Weiter betonte er: „Ich wollte den Crosslauf immer wieder im Programm sehen – aus vielen Gründen. Einige davon sind emotional. Aber er würde Afrika auch eine echte Präsenz bei den Winterspielen geben, die es derzeit, wenn wir ehrlich sind, kaum hat.“

Kernproblem olympische Charta

Die gemeinsame Nutzung einer Strecke mit dem Cyclocross sei für 2030 die bevorzugte Lösung. „Wir haben bereits gute Gespräche geführt. David ist dabei. Ich bin dabei. Natürlich müsste es eine Änderung der IOC-Charta geben, da dort Schnee und Eis vorgeschrieben sind – und daran hat es zuletzt offensichtlich gefehlt. Dennoch ist Crosslauf im Grunde ein Wintersport und würde im Winter deutlich mehr Sinn ergeben.“

Genau hier liegt das Kernproblem: Die Charta der Olympischen Winterspiele sieht vor, dass Wettkämpfe auf Schnee oder Eis stattfinden müssen. Eine Ausnahme oder Anpassung der Regeln wäre notwendig – ein politisch und organisatorisch anspruchsvoller Prozess. Zudem haben sich mehrere etablierte Wintersportverbände wie Biathlon, Ski alpin, Curling oder Skeleton klar gegen eine Aufnahme ausgesprochen. Sie befürchten eine Verwässerung der Identität und des Erbes der Winterspiele.

Coes Meinung hat erheblichen Einfluss

Ruben Querinjean nahm bereits an den Olympischen Sommerspielen 2024 in Paris teil
Ruben Querinjean nahm bereits an den Olympischen Sommerspielen 2024 in Paris teil Foto: sportspress.lu/Jeff Lahr

Coe verfügt dennoch über erheblichen Einfluss, da er Mitglied des neuen IOC-Arbeitskreises zur Neugestaltung des olympischen Programms ist. Dieser soll unter anderem prüfen, wie groß die Spiele künftig sein sollen, welche Sportarten aufgenommen oder gestrichen werden können und ob klassische Sommer- oder Wintersportarten die Spiele „wechseln“ könnten.

„Kirsty hat einige von uns gebeten, verschiedene Aspekte einer Art Turbo-Modernisierung zu prüfen“, erklärte Coe. „Und im kommenden Jahr müssen einige ziemlich weitreichende Entscheidungen getroffen werden.“ Dazu zählt auch die Frage, ob bestimmte Hallensportarten künftig bei den Winter- statt bei den Sommerspielen ausgetragen werden sollen. Eine Entscheidung könnte bereits vor den Winterspielen 2026 fallen.

Leistungsdichte steigt mit der Aufnahme

Aus luxemburgischer Sicht ist eine Aufnahme von Crosslauf und Cyclocross besonders interessant. Mit Ruben Querinjean verfügt die FLA über einen starken Crossläufer, der kürzlich bei der EM in Portugal Siebter wurde. Die FSCL hat mit Marie Schreiber eine Athletin in ihren Reihen, die im Cyclocross zur absoluten Weltspitze gehört.

„Cyclocross gehört bei uns bereits zur Winterkader-Revision“, erklärt Raymond Conzemius, Technischer Direktor des COSL. „Es ist ein Versuch, neue Sportarten zu integrieren. Wenn man sieht, welche Disziplinen im Sommer dazukommen, kann das schon bedenklich sein. Wenn Frankreich aber sagt, dass Cyclocross und der Crosslauf aufgenommen werden sollen, finde ich das sehr interessant. Die Entwicklung ist positiv – doch mich interessiert vor allem der Weg dorthin. Jede Sportart sollte die gleichen Chancen haben, und am Ende darf es keine rein politische Entscheidung sein.“

Conzemius warnt jedoch auch: Sobald eine Sportart olympisch wird, verändert sich ihr gesamter Kontext. In vielen Ländern steigt dann die Förderung deutlich an – was automatisch zu einer höheren Leistungsdichte führt. „Dort, wo wir aktuell zur Spitze gehören, können wir schnell zurückfallen. Das soll Maries Leistungen keinesfalls schmälern – im Gegenteil. Aber Fakt ist: Es gibt klare Unterschiede in der Leistungsdichte zwischen olympischen und nicht-olympischen Sportarten.“

Konkurrenz belebt das Geschäft

Misch Wolter, Trainer von Marie Schreiber, sieht die Entwicklung sehr positiv für die Sportart: „Ich meine, es würde der Sportart enormen Auftrieb geben und sie weiterentwickeln. International gibt es derzeit vielleicht zehn Fahrerinnen auf sehr hohem Niveau. Wäre Cyclocross olympisch, könnten sich auch Straßenfahrerinnen oder Mountainbikerinnen stärker darauf fokussieren. In Deutschland zum Beispiel hat Cyclocross aktuell kaum Stellenwert – das würde sich ändern, wenn es aufgenommen wird. Konkurrenz belebt das Geschäft, und das wäre insgesamt eine gute Sache.“

Marie Schreiber gehört im Cyclocross zur Weltspitze
Marie Schreiber gehört im Cyclocross zur Weltspitze Foto: Editpress/Luis Mangorrinha

Auch Crossläufer Ruben Querinjean blickt mit Begeisterung auf die mögliche Olympia-Perspektive: „Wenn Cross olympisch wird, würde ich zu 100 Prozent versuchen, mich zu qualifizieren. Es wäre unglaublich, sowohl an Sommer- als auch an Winterspielen teilzunehmen. Das Niveau wäre allerdings vermutlich monströs, weil im Cross die weltweit stärksten Läufer aus verschiedenen Disziplinen zusammenkommen.“

Trotzdem überwiegt für Querinjean die Vorfreude: „Ich würde mir wirklich wünschen, dass es dazu kommt. Es wäre sehr cool, bei der ersten Ausgabe dabei zu sein. Außerdem finden die Spiele 2030 in Frankreich statt, und ich habe gelesen, dass im Olympischen Dorf Objekte von Paris 2024 wiederverwendet werden. Es wäre schon ziemlich komisch, im gleichen Kartonbett zu schlafen wie 2024 in Paris.“