Donnerstag6. November 2025

Demaart De Maart

Coupe de Luxembourg: Zwei Torhüter als Scherzkekse mit Killerinstinkt

Coupe de Luxembourg: Zwei Torhüter als Scherzkekse mit Killerinstinkt

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Sie gelten generell als ein klein wenig wahnsinnig und verrückt, charakterstark, und haben auch meist ein ausgeprägtes Bauchgefühl: Drei Torhüter bewiesen während der 1/16-Finalspielen der Coupe de Luxembourg, dass Nerven wie Drahtseile, gutes Fingerspitzengefühl und ein kleiner lockerer Scherz in Extremsituationen manchmal goldrichtig sind. Trotz des unterschiedlichen Ausgangs blicken Mike Ewertz und Patrick Worré mit Stolz auf ihr letztes Spiel zurück.

„Torhüter (und Linksaußen) haben eine Macke“, erklärte einst der österreichische Fußballspieler und -trainer Max Merkel. Denn zumindest die Männer mit dem Leben auf der Linie verhindern genau das, was die Fans am liebsten sehen wollen: Tore und Jubel. Gleichzeitig kommt es aber auch vor, dass sie durch reflexartige Paraden oder gehaltene Elfmeter zu den Helden einer Mannschaft avancieren.

Genau das traf am Sonntag im Stade Camille Polfer auf Differdingens Männer mit den Handschuhen zu. Eigentlich hätte an diesem Nachmittag Patrick Worré in der Startformation stehen müssen, so will es zumindest die Pokal-Logik. Doch gegen „die Riesen“ des RFCU Lëtzebuerg bekam die Nummer eins Julien Weber ein weiteres Mal den Vortritt zwischen den Pfosten. „Wenn einer wie Nakache in die Höhe geht, kann ich nicht viel machen“, lachte der Ex-Mondorfer. Der 34-Jährige bringt es auf 1,78 Meter. Mit 18 Zentimetern mehr hat Weber in dieser Hinsicht ein klares Vorteil.

Statt zu schmollen, ging Worré gleich gelassen mit der Entscheidung um – ein kleiner Scherz als Wink mit dem Zaunpfahl inklusive: „Am Freitag haben wir im Training schon darüber gelacht, dass ich im Elfmeterschießen einspringen würde.“ Zwei Tage später wurde aus dem Hirngespinst Realität. Vor allem in der Verlängerung war Weber zweimal über sich hinausgewachsen. „Ich weiß heute noch nicht, wie er den gehalten hat“, blickte sein Kollege gestern staunend zurück. U.a. verhinderte er gegen Kevin Nakache und Dan Da Mota das vorzeitige Aus mit tollen Paraden. „Er befindet sich in einer herausragenden Form. Als Mensch ist es ein super netter Kerl.“

„Größe und Klasse“

In der Pause der Extrazeit streckten Trainer und die beiden Keeper die Köpfe zusammen: „Julien sagte mir, dass das Elfmeterschießen meine Stärke sei. Es zeugt von Größe und Klasse, in diesem Moment so etwas zu tun. Ein anderer hätte mir den Platz nicht so schnell überlassen. Auch wenn heute (gestern) überall in den Zeitungen nur der Name Worré steht, so war er der Held dieses Spiels.“

120 Minuten waren also gespielt, als der Luxemburger Schlussmann in einer Extremsituation in den Kampf geschickt wurde. „Es war so eisig, ich war mehr mit meinen kalten Füßen beschäftigt als mit dem Spiel …“ Am Vertrauen des Trainers änderten die klimatischen Bedingungen und der Zeitpunkt des Einwechslung nichts. Worré war sich bewusst, welches Risiko Arno Bonvini mit seiner Entscheidung eingegangen war: „Was wäre denn gewesen, wenn mich der Trainer einwechselt und ich keinen Elfmeter gehalten hätte?“ Er fügte schmunzelnd hinzu: „Er kennt mich aus Mondorf. Dort habe ich schon ein paar Elfmeter gehalten …“ Dass sich der Coach an den 24. Mai 2014 erinnern dürfte, steht außer Frage. An diesem Samstagnachmittag wurde in Hesperingen im Relegationsspiel der letzte Vertreter der BGL Ligue 2014/15 zwischen dem RM Hamm Benfica und der Bonvini-Elf ermittelt. Die Entscheidung fiel genau wie am Sonntag auch im Elfmeterschießen. Nicht weniger als dreimal parierte Worré damals und ermöglichte der US Mondorf den Aufstieg in die Nationaldivision. Deshalb waren die beiden gehaltenen Schüsse gegen Henrique da Silva und Tarek Nouidra auch nicht die schönsten seiner Karriere, gab Worré zu.

Was einen wahren Elfmeterkiller auszeichnet, sei schwer zu beschreiben, so der frühere Petinger, der erklärte: „Ich schaue mir den Gegenspieler an, beobachte, wo er sich hinstellt und wie er sich insgesamt präsentiert. Es hängt viel von der Position des Balls ab und der Art, wie er dich anschaut. Es ist schwer, das zu erklären, es liegt mir einfach. Ich kann mich auf mein Bauchgefühl verlassen.“

Viermal sprang er am Sonntag in der Dämmerung in die gleiche Ecke (parierte so den Schuss von Da Silva), um sich zum Schluss dann zweimal in seine rechte Ecke zu legen (und den Schuss von Nouidra zu entschärfen). Der Plan ging auf. Der eigene Jubel war kurz, fast als wäre nichts gewesen – während seine Teamkollegen herbeieilten und er in der Traube komplett verschwand.

Ob er in der nächsten Pokalrunde wieder von Beginn an ran darf, steht noch in den Sternen. „Es kann sehr schnell gehen. Wir beide unterstützen und helfen uns gegenseitig“, so die Schlussfolgerung des Helden, der sich eigentlich gar nicht in diesem Kostüm sieht.

Voll in den Knick

Ähnlich erging es dem Erpeldinger Schlussmann Mike Ewertz, der bislang wohl noch nie in dieser Form ins fußballerische Rampenlicht gerückt ist. Der Torwart der Lokalmannschaft war bei der letzten Ecke seines Teams (90.+4) nach vorne geeilt und hatte das Leder unhaltbar ins Kreuz gedonnert. Präzision ist bei Ewertz an der Tagesordnung: Im Krankenhaus ist er für Röntgenaufnahmen und Scanner zuständig. „Was einen guten Torwart ausmacht? Wenn er auch mal ein Spiel rettet. Leider ist mir das bislang noch nicht gelungen“, erklärte er gestern nüchtern. Sein Treffer hatte trotzdem für RM Hamm Benfica Nachsitzen zur Folge und „war dabei auch sehr schön anzusehen“, lobte Erpeldingen-Trainer Charles Leweck schmunzelnd.

Der 26-jährige Ewertz war im Sommer aus Böwingen gekommen und hatte zuvor immer nur in den unteren Divisionen gespielt. Vor seinem Transfer kannte er noch keinen anderen Klub als den Heimatverein. Doch schnell fand sich der Keeper laut dem früheren Nationalspieler auch in der Ehrenpromotion zurecht: „Er avancierte binnen weniger Wochen zum Stammspieler und ist ein Leader im Team.“ Zu seinen Stärken gehören seine Reflexe und das Spiel am Fuß.

Auch wenn er sich vor dem Spiel nichts von der Anspannung anmerken lassen wollte und mit den Einlaufkindern herumalberte, so war die Aufregung groß. „Ich bin immer nervös. Ein richtiger Tunnelblick …“, resümierte er knapp. „So ein wichtiges Tor habe ich ja auch noch nie gemacht“, freute er sich. „Der Ball landete irgendwie aus dem Gewühl heraus vor meinen Füßen. Ich habe dann einfach abgezogen. Es ging alles so schnell, mehr weiß ich nicht mehr“, erinnerte er sich gestern noch an den außergewöhnlichen Moment. Auf die Frage, ob er vorhat, noch weiter auf Torjagd zu gehen, erklärte er mit einem breiten Grinsen: „Ich hoffe, dass man das jetzt nicht im Verein von mir erwartet!“