Christine Lagarde löst Mario Draghi an der Spitze der EZB ab

Christine Lagarde löst Mario Draghi an der Spitze der EZB ab
Mit Christian Lagarde sitzt ab November erstmals jemand auf dem EZB-Chefsessel, der kein gelernter Ökonom ist. Sie will das Themenspektrum der Zentralbank um Klimapolitik und Frauenförderung erweitern. AFP/Boris Roessler

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Nach acht Jahren an der Spitze der Europäischen Zentralbank hat Präsident Mario Draghi das Amt am Montag symbolisch an Christine Lagarde übergeben. Die Französin, ehemalige Chefin des Internationalen Währungsfonds, tritt ihren neuen Job am 1. November an.

Der scheidende EZB-Chef Mario Draghi hinterlässt am Ende seiner achtjährigen Amtszeit zwar eine stärker zusammengeschweißte Währungsunion, aber auch eine in der Geldpolitik stark gespaltene Zentralbank. Er steht für die Rettung des Euro, aber auch für eine umstrittene ultralockere Geldpolitik.

Kritiker halten Draghi vor, abweichende Positionen häufig einfach weggewischt zu haben. Zudem habe er dazu geneigt, in öffentlichen Auftritten vor wichtigen geldpolitischen Entscheidungen starke Vorfestlegungen zu treffen. Dies habe Uneinigkeit unter den Euro-Wächtern geschürt, die bei ihren Zinstreffen traditionell stark auf Konsens abzielen. Draghi und die EZB lehnten Stellungnahmen dazu ab.

AFP/Emmanuel Dunand

Als größter Moment in Draghis Amtszeit gilt seine Rede in London im Sommer 2012. Damals hatte er auf dem Höhepunkt der Euro-Schuldenkrise erklärt, die EZB werde im Rahmen ihres Mandats alles tun, was nötig ist („whatever it takes“), um den Euro zu retten.

Den größten Zwist gab es ausgerechnet auf Draghis vorletzter Zinssitzung im September. Damals griff die Europäische Zentralbank noch einmal ganz tief in ihre Werkzeugkiste. Der EZB-Rat beschloss wegen der Konjunkturschwäche ein großes Maßnahmenpaket zur Stützung der Wirtschaft, wozu auch die Wiederaufnahme der billionschweren Anleihenkäufe zählte. Allerdings scherten immerhin rund ein Drittel der Euro-Wächter aus und waren gegen deren Neustart. „Mario ist bereit, mit 50 Prozent plus einer Stimme zu leben“, sagt ein Notenbanker. „Christine (Lagarde) muss dies ändern.“

Nach seiner allerletzten Zinssitzung zu dem Streit befragt, sagte der EZB-Chef, dass es bei der Diskussion geldpolitischer Entscheidungen immer abweichende Meinungen gebe. Und häufig gelangten diese auch an die Öffentlichkeit. Aus Sicht von Draghis Verbündeten hätten auch mehr Gespräche innerhalb der EZB zu keinem anderen Ergebnis geführt.

In den Tagen nach den September-Beschlüssen hatten neben Deutschlands Bundesbank-Präsident Jens Weidmann auch die Notenbankchefs Klaas Knot (Niederlande) und François Villeroy de Galhau (Frankreich) ihre Kritik an Teilen des Pakets öffentlich gemacht. Der Dissens war so stark, dass Villeroy de Galhau dann im Oktober eindringlich dazu aufrief, den Konflikt hinter sich zu lassen und nach vorne zu blicken. Ein Währungshüter beklagt: „Die lautstarken Einwände haben das Vertrauen in unsere Entschlossenheit geschwächt. Daher haben sie tatsächlich der Geldpolitik geschadet.“

Suche nach gemeinsamer Linie

Auf seine Nachfolgerin Christine Lagarde, die morgen das Ruder übernimmt, kommt die schwierige Aufgabe zu, die Wogen zu glätten. „Die Wahl von Madame Lagarde war eine gute Entscheidung, denn offensichtlich werden nun diplomatische Fähigkeiten gebraucht sowohl im Umgang innerhalb der EZB als auch im Umgang mit den Regierungen“, sagt der ehemalige österreichische Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny.

Lagarde kündigte bereits an, den Zwist über die jüngsten Lockerungsschritte überwinden zu wollen. „Ich suche immer nach der gemeinsamen Basis, um die verschiedenen Meinungen zusammenzubringen“, sagte sie dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Ihr Vorschlag: „Wir sollten uns jetzt darauf konzentrieren, wie wir künftig wieder eine gemeinsame Linie finden können.“

Grafik: Tageblatt

Eine Frau für Top-Jobs

Christine Lagarde war in ihrem Leben schon oft die Nummer eins: Erste Frau an der Spitze des Internationalen Währungsfonds (IWF), erste französische Wirtschaftsministerin, erste Chefin der renommierten Anwaltskanzlei Baker McKenzie. Zur Krönung ihrer Karriere wird die 63-Jährige nun die erste Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB).

Der Französin eilt ein exzellenter, aber nicht tadelloser Ruf als Krisenmanagerin voraus. „Zu wissen, wie man Decken durchbricht, ist wichtig“, hat Lagarde einmal mit Blick auf die unsichtbaren Glasdecken gesagt, an die Frauen oft stoßen. „Zähne zusammenbeißen und lächeln“ – dieses Motto hat ihr schon als 15-Jährige ihr Trainer bei der französischen Nationalmannschaft im Synchronschwimmen eingeimpft.

Nach ihrem Aufstieg in der US-Anwaltskanzlei Baker McKenzie ging Lagarde 2005 in die Politik, zunächst als Außenhandels-Staatssekretärin in Frankreich. Der konservative Präsident Nicolas Sarkozy beförderte sie 2007 zur Wirtschafts- und Finanzministerin, als erste Frau auf diesem mächtigen Posten. Ein Jahr später brach die globale Finanzkrise aus, die auch Frankreich schwer traf.

2011 wurde sie Generaldirektorin des IWF in Washington. Dort machte sie sich einen Ruf als Vorzeigechefin und gewiefte Taktikerin. Mit schweren Krisen war sie auch dort konfrontiert, etwa mit dem Drama um Griechenland. Eher unrühmlich ist die Rolle des IWF unter ihrer Führung in der argentinischen Schuldenkrise.

Keine Kehrtwende in der Geldpolitik

Und einen weiteren Fleck gibt es im Lebenslauf der Französin: Im Dezember 2016 sprach sie ein Pariser Gericht schuldig, weil sie als Finanzministerin fahrlässig zur Veruntreuung französischer Staatsgelder in Höhe von 400 Millionen Euro beigetragen hatte. Das Gericht verzichtete in dem Fall um den Verkauf von Adidas durch den Geschäftsmann Bernard Tapie allerdings auf eine Strafe.

AFP/Boris Roessler

Lagarde wird ab November die erste Frau an der Spitze der Euro-Notenbank sein.

Wenn Lagarde am 1. November offiziell für acht Jahre die EZB-Leitung von dem Italiener Mario Draghi übernimmt, ist sie die erste Chefin, die zuvor keine nationale Zentralbank leitete. Auch eine wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung kann die frühere Anwältin nicht vorweisen. Dennoch wisse sie genau, „was sie zu tun hat“, sagte Mario Draghi vergangene Woche über seine Nachfolgerin. Eine radikale Kehrtwende zur bisherigen ultralockeren Geldpolitik der Frankfurter Zentralbank ist nicht zu erwarten.

 Doch wird Lagarde nach drei EZB-Chefs, die vor allem auf die Steuerung von Zinssätzen setzten, voraussichtlich mehr tun müssen, um die für Zentralbanker essenzielle Glaubwürdigkeit zu sichern.
Lagarde kündigte an, das Themenspektrum der EZB um gesellschaftliche Fragen wie Klimapolitik und Frauenförderung erweitern zu wollen. Zudem soll die Politik der EZB unter ihrer Führung besser kommuniziert werden.

Reuters/AFP

d'Mim
1. November 2019 - 16.32

Die einzigen Mittel um AN DIE SPITZE zu kommen.....so scheint es

Jangeli
1. November 2019 - 8.40

Vetternwirtschaft und Korruption geht seinen Weg weiter wie vorher.

Fred Reinertz Barriera z.Z London
31. Oktober 2019 - 9.37

"als Finanzministerin fahrlässig zur Veruntreuung französischer Staatsgelder in Höhe von 400 Millionen Euro", also wenn das die Empfehlung ist um Boss der EZB zu werden , dann stehen der Eurozone noch turbulente Zeiten bevor.....ein schlechtes Omen!