Chaussures Léon: Seit 95 Jahren im Bahnhofsviertel

Chaussures Léon: Seit 95 Jahren im Bahnhofsviertel

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Vorige Woche hat mit „Tapis Hertz“ ein alteingesessenes Familienunternehmen die Schließung seines Geschäfts in Luxemburg-Stadt angekündigt. Traditionsbetriebe in der Hauptstadt werden rar. Während der nächsten Wochen werden wir einige von ihnen vorstellen.

„Sie tragen Einlagen in Ihren Schuhen? Kein Problem!“, sagt die Verkäuferin. Sie braucht nicht lange zu suchen, um geeignete Schuhe zu finden. In dem Traditionsgeschäft ist man auf solche Fälle vorbereitet, und die Kartons sind dementsprechend gekennzeichnet.  „Was uns  auszeichnet, ist die persönliche Beratung, es ist ja kein Selbstbedienungsladen. Und das ist zeit- und personalintensiv. Wir sind der Meinung: Besser der Kunde kauft heute nichts, fühlt sich aber gut beraten, und kommt deshalb zu uns zurück, weil er weiß, wir verkaufen nicht,  um bloß zu verkaufen. Das ist es, was einen Schuhladen ausmacht, der auf eine 95-jährige Geschichte zurückblicken kann“, sagt die Besitzerin Corinne Cahen.

Generationen von Luxemburgern gingen nicht einfach nur Schuhe kaufen, sie gingen zu „Chaussures Léon“. Vor fast genau 95 Jahren, am 11. Oktober 1924, öffnete das Geschäft in der avenue de la Liberté seine Türen. Gegründet wurde es von Léon Cahen, der allerdings nicht mit den aktuellen Besitzern verwandt war. Der Laden befand sich zwar 93 Jahre lang an der gleichen Stelle, aber nicht an der gleichen Adresse. Damals waren die Hausnummern anders verteilt, und das Geschäft befand sich auf Nummer 24. Später wurde daraus die Nummer 64A. Weil der Mietvertrag abgelaufen war, musste man sich vor zwei Jahren nach einem anderen Standort umsehen. Die Besitzer hatten Glück und konnten quasi ins Nachbarhaus umziehen. Seit März 2017 ist der Laden nun an der Nummer 62 in der gleichen Straße zu finden.

Schuhhaus in der Adolf-Hitler-Straße

Auch während des Zweiten Weltkriegs änderte sich die Adresse,  ohne  dass der Standort wechselte. Im Oktober 1940 änderten die deutschen Besatzer die französischen Straßennamen in deutsche um: Aus der avenue de la Liberté wurde die Adolf-Hitler-Straße. Für die Besitzer des Schuhladens bedeutet die Naziherrschaft zugleich Flucht und Enteignung. Léon Cahen und seine Ehefrau flohen nach Frankreich, nach Saint-Léonard-de-Noblat, bei Limoges. Das Geschäft wurde von einem den Nazis wohlgesonnenen Luxemburger übernommen. Kurz nach dem Krieg kehrte das Ehepaar zurück. Wenig später wurden den enteigneten jüdischen Geschäftsleuten in Luxemburg ihr Eigentum zurückgegeben.  Aus der Besatzungszeit seien lediglich Auszüge aus der Buchhaltung erhalten geblieben, sagt die heutige Besitzerin Corinne Cahen dem Tageblatt.

Ihr Vater, André Cahen, hatte im April 1957 als Lehrling in dem Laden angefangen, nachdem sein Vater (Corinnes Großvater) am Tage seines 18. Geburtstages verstorben war. Da Léon Cahen mit seinem Vater befreundet gewesen war, gab er dem Jungen eine Anstellung in seinem Geschäft. Die beiden Familien waren nicht verwandt; der gleiche Name sei purer Zufall, erklärt Corinne Cahen. 1972 starb Léon und André Cahen wurde Geschäftsleiter. Nachdem die Frau des Gründers 1976 gestorben war, übernahm  er wenig später den Betrieb zusammen mit seiner Frau Paulette.

15.000 Paar Schuhe

Jeder, der schon mal  Schuhe dort gekauft hat, ist von dem großen Angebot überrascht. Momentan hat „Chaussures Léon“ einen Warenbestand von rund 15.000 Paar Schuhen, die entweder im Laden oder in einem Riesenkeller gelagert sind.  Obwohl es zwar auch Modelle gebe, die seit Jahren gleich aussehen, würden die meisten jedes Jahr ausgewechselt. Deswegen die Schlussverkäufe, um die Lager zu räumen.  „Es ist schon ein außergewöhnlich großer Laden für einen solchen kleinen Laden“, scherzt die Besitzerin, und meint damit ein ungewöhnlich großes Angebot auf einer doch relativ kleinen Fläche.

Zwölf Angestellte arbeiten momentan in den zwei Geschäften: Außer in der „Neier Avenue“ ist „Chaussures Léon“ in der avenue de la Porte Neuve zu finden. Ein drittes Geschäft in Beggen wurde 2017 geschlossen. Insgesamt gebe es wenig Schwankungen beim Personal. „Wir haben Angestellte, die von der Lehre bis zur Rente bei uns geblieben sind“, erzählt Corinne Cahen stolz. Das Geschäft sei so organisiert, dass jedem Mitarbeiter die Gelegenheit geboten werde, Karriere zu machen. Da man viel Zeit bei der Arbeit verbringe, soll es auch angenehm am Arbeitsplatz sein, lautet die Philosophie der Besitzerin. Alle Mitarbeiter sind ausgebildete Schuhverkäufer, zudem ist das Geschäft spezialisiert auf Leute mit Einlagen: Die Angestellten kennen sich nicht nur mit den verschiedenen Lederarten aus, sondern auch mit Fußdeformationen und vielem anderen, was mit Orthopädie zusammenhängt.

Qualität und Nachhaltigkeit

„Neben der Qualität unserer Schuhe legen wir auch Wert darauf, wo die Schuhe hergestellt werden. Wir wollen keine Schuhe verkaufen, die von so weit entfernt stammen, dass man nicht mehr selber kontrollieren kann, wer genau daran arbeitet. Wir verkaufen keine Schuhe aus Bangladesch und quasi keine aus China.  Unsere Schuhe werden fast alle in Europa produziert.“

Was es heute schwierig mache für ein Schuhgeschäft sei das Internet und die Tatsache, dass die Kunden ihrem Schuhladen weniger treu seien. „Chaussures Léon“ ist zwar auf dem Internetsite Letzshop.lu vertreten, doch dort verkauften sie quasi nichts. Das brauche eine andere Logistik und Leute, die sich um den Versand kümmern. Internetverkauf sei ein komplett anderer Beruf. Manchmal kämen aber Leute ins Geschäft, um Fehler beim Onlinekauf zu bereinigen. „Eine Frau kam zu uns und fragte, ob wir auch Damenschuhe ab Größe 32 verkaufen. Sie habe ein Paar im Internet gekauft, die seien aber zu klein, ob wir die Schuhe für sie verkaufen könnten.“

„Unser Beruf ist es, Leute zu beraten. Das werden sie im Internet nicht.“ Obwohl sie jetzt in der Regierung sei, gehe sie einmal die Woche in ihr Geschäft. „Es ist immer noch mein Geschäft, und es sind immer noch meine Arbeitskollegen. Es ist wichtig zu wissen, wo man herkommt, man begräbt nicht seine Familiengeschichte. Ich bin in diesem Betrieb groß  geworden, als Kind war ich fast jeden Tag dort. Es ist wie mein Zuhause, und dorthin gehe ich ja auch jeden Tag.“

Ob sie schon mal Schuhe irgendwo anders gekauft habe? – „Ja, Laufschuhe, aber nur, weil wir solche nicht im Angebot haben.“

Steierzueler
25. Juli 2019 - 8.53

eng ministesch di 17000 euro netto verdingt, plus nach vill spesen, dat geet hir jo natiirlech net duer am mount, da muss een nach e klengen nebenverdienst hunn mat engem schongbuttik, net dirt? ma wéi déclaréiert si dat bei de steieren...? e fonctionnaire dàrf jo neischt derniewt verdengen, oder?

Jang
24. Juli 2019 - 18.25

Schungministesch huet sowiesou genug, déi paakt och enges Daach an.

Jean
24. Juli 2019 - 18.10

dat ass en anachronistesche ale buttik, wou arme vendeusen wi sklaven behandelt ginn, an de ganzen dag trapen lafen mussen fir all puer schong eenzel, dat ass net ze kuken! mir ginn nie dohinn a kreische hinn secher net no wann se ophalen. mir ginn souwisou ni op di gare, mir welle jo keng drogen do kafen...

Zahlen
24. Juli 2019 - 15.41

Hat keinen Zweck, die werden alle verschwinden.