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DeutschlandCharaktertest der Kandidaten

Deutschland / Charaktertest der Kandidaten
Lachen im falschen Moment: Während Präsident Frank-Walter Steinmeier vor den Kameras im Krisengebiet sein Mitgefühl bekundete, scherzte CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet im Hintergrund Foto: AFP/Pool/Marius Becker

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Eine Hochwasserkatastrophe hat 2002 schon einmal einen Wahlkampf gedreht. Das Lach-Debakel von Kanzlerkandidat Armin Laschet mitten im Krisengebiet kann daher fatale Folgen für seine Chancen haben.

Das Auftreten in Hochwasser-Katastrophengebieten hat das Potenzial, Wahlkämpfe zu drehen. Spätestens seit 2002 und Gerhard Schröders Gummistiefeln, weiß das jeder Wahlkampfstratege. Deshalb achteten Armin Laschet, Olaf Scholz und Annalena Baerbock mit ihren Wahlkampfzentralen sehr genau darauf, welche Bilder und Eindrücke von ihrem Agieren in der Krise entstanden. Laschet hat es mit unbedachter Heiterkeit einstweilen versemmelt.

Der NRW-Ministerpräsident scheint ohnehin seit einigen Wochen von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen unterwegs zu sein. Jedenfalls aus Sicht der „Laschet-verhindern“-Fraktion auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Genüsslich wird dort jeder tatsächliche, vermeintliche oder gefakte Fehltritt des Unions-Kanzlerkandidaten zelebriert. Ob er sich im NRW-Landtag zu Corona in Rage redet, die Wissenschafts-Kritik der AfD unterstützt oder im Interview das Entlastungsversprechen des eigenen Wahlprogramms „übersieht“ – stets entsteht eine Welle scharfer, oft beißender und verletzender Kritik. Gemeinsam war diesen Empörungsritualen, dass Laschet in Twitter gefühlt unten durch war, in den Sympathiewerten außerhalb der Internetblasen jedoch zulegen konnte. Längst hat er sich im Vergleich zu Scholz und Baerbock vom letzten auf den ersten Platz hochgearbeitet.

Seine Unterstützer begründen dies auch mit seinem betont unprätentiösen Umgang mit öffentlichen Bildern. „Ich schätze an Armin Laschet sein ernsthaftes Interesse an den Menschen und ihren Problemen. Die Inszenierung der Inszenierung wegen ist nicht seins – und das ist keine Schwäche, sondern Stärke“, meinte etwa der Düsseldorfer CDU-Chef Thomas Jarzombek. Er bezog sich auf Laschets ersten Umgang mit der Flutkatastrophe: Statt auf Twitter seinen Auftritt zu verbreiten, war er ohne Tamtam nach Altena gefahren und dort von einem lokalen TV-Team zufällig entdeckt worden.

Wahlkämpfer stehen unter Beobachtung

Doch danach stellte er sich wieder und wieder den Medien vor Ort, ließ sich in die Studios schalten und hatte es bald mit (dann dementierten) Behauptungen zu tun, er habe der besseren Bilder wegen angefragt, ob ein Krisenstab ihn nicht an einem anderen Ort empfangen könne. Ein erster Shitstorm brach aus, als er im scharf geführten Interview die WDR-Moderatorin Susanne Wieseler mit „junge Frau“ angeredet haben soll. Die Journalistin hatte es selbst schon nicht gehört, und Laschet versicherte hinterher, das sei nicht sein Sprachgebrauch. Hobby-Analysten hatten auch die leicht verschluckten Worte „Tschuldigung, Frau …“ statt „junge Frau“ für möglich gehalten.

Gestern besuchte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel gemensam mit der Ministerpräsidentin aus Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer das Katastrophengebiet
Gestern besuchte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel gemensam mit der Ministerpräsidentin aus Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer das Katastrophengebiet Foto: Christof Stache/Pool/AFP/dpa

Laschet wusste also nicht nur abstrakt als Wahlkämpfer, sondern konkret als Regierungschef im Katastrophengebiet, wie sehr er unter Beobachtung steht, als er am Samstag zum Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Erftstadt fuhr. Und er konnte, während Steinmeier passende Worte für die Betroffenen der Tragödie fand, genau sehen, dass die Kameras auch auf ihn im Hintergrund gerichtet waren. Wie er in dieser Situation mit seinen Begleitern scherzen, sich mehrfach lachend zu ihnen wenden konnte, wird ihm selbst am Ende des Wahlkampfes sicherlich das größte Rätsel sein. Denn es könnte eine Wende markieren, wenn die Menschen den Eindruck gewinnen, dass es in der Bewältigung der Flutkatastrophe auch um einen Charaktertest der Kandidaten ging – und Laschet diesen Test auf bildlich sehr eindrucksvolle Weise nicht bestand.

Mit Gummistiefeln zum Wahlerfolg

Bereits am Abend wusste er, was er angerichtet hatte – und entschuldigte sich via Twitter. „Dies war unpassend und es tut mir leid“, schrieb er zu dem von ihm bedauerten „Eindruck, der durch die Gesprächssituation entstanden ist“. Über den Anlass wurde spekuliert. Möglicherweise hatte es mit einem auf dem Boden liegenden Reporter zu tun. Das aber wurde auch auf eine andere Szene bezogen, in der Laschet vor den Kameras steht und im Hintergrund Steinmeier erheitert reagiert.

Laschets Lach-Debakel wiegt 70 Tage vor der Bundestagswahl umso schwerer, als die beiden anderen Kandidaten deutlich geschickter agieren. Scholz beschränkt sich auf ernste Fotos und auf Trauer, Mitgefühl und die Zusage großer finanzieller Hilfspakete, Baerbock meidet optische Eindrücke völlig, interessiert sich für das Agieren ihrer Parteifreunde in den betroffenen Regionen und hält ihre Partei sogar an, das Leid der Menschen nicht für einen Klimawahlkampf zu nutzen – wissend, dass die Flut das Thema mit grüner Kernkompetenz ohnehin ganz nach oben spült. Und Eindrücke starker Empathie ohne aufdringlichen Inszenierungs-Charakter liefert auch Angela Merkel, wenn sie die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer beim Krisenbesuch am Sonntag an die Hand nimmt. Das erhöht den Kontrast zu Laschet noch mehr.

Vor der Flut, die im August 2002 Teile sächsischer Städte ähnlich schlimm verwüstete, lag der damalige CSU-Herausforderer Edmund Stoiber schier uneinholbar vor SPD-Kanzler Gerhard Schröder. Nachdem Schröder die Gummistiefel angezogen und den Macher herausgeholt hatte, holte er schnell auf und gewann gegen Stoiber, der dem zunächst keine adäquaten Bilder entgegenzustellen wusste. Diese Erinnerung dürfte in den Scholz- und Baerbock-Teams gerade mit großen Hoffnungen verbunden werden.

Bislang über 150 Tote bei Flut

Bei einer der schwersten Hochwasserkatastrophen der deutschen Nachkriegsgeschichte sind deutlich mehr als 150 Menschen ums Leben gekommen. Vier Tage nach dem Unwetter dauerten die Bergungsarbeiten in den überschwemmten Ortschaften in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen am Sonntag an. Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich bei einem Besuch im rheinland-pfälzischen Katastrophengebiet erschüttert. „Es ist erschreckend. Ich will fast sagen, die deutsche Sprache kennt kaum Worte für die Verwüstung, die angerichtet ist“, sagte Merkel nach einem Rundgang durch das weitgehend zerstörte Dorf Schuld im Ahrtal. Es herrsche eine „surreale, gespenstische Situation“. Die Kanzlerin versprach den Betroffenen sowohl rasche als auch langfristige Hilfen. Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz sprach von Milliardensummen. Von Hochwassern sind auch Regionen in Bayern und Sachsen betroffen.Allein in Rheinland-Pfalz zählten die Behörden bis Sonntag mindestens 112 Menschen, die bei den Überschwemmungen ums Leben kamen. Hubschrauber flogen unverändert Dauereinsätze, um in Ahrweiler Menschen von Dächern zu retten. In Nordrhein-Westfalen starben mindestens 46 Menschen, in Bayern sprachen die Behörden am Sonntag von mindestens einem Todesopfer. Weil viele Menschen auch am Sonntag noch vermisst wurden, wurden jedoch weitere Opfer befürchtet.Das Unwetter mit Starkregen hatte ab Mittwochabend zunächst Westdeutschland sowie Teile der Niederlande und Belgiens getroffen. In Belgien starben 27 Menschen. Am Wochenende traf es auch Sachsen, Oberbayern sowie Österreich. Dort durchströmte den Ort Hallein eine Sturzflut. An Flüssen in der Region um Salzburg sowie in Westtirol verzeichneten die Behörden Pegelstände wie zuletzt vor 30 Jahren. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz kündigte Hilfe an: „Wir werden die Betroffenen nicht alleine lassen und sie beim Wiederaufbau unterstützen“, twitterte er.Im Berchtesgadener Land in Bayern wurde Katastrophenalarm ausgerufen. Bilder aus Berchtesgaden zeigten, wie bei anhaltendem Regen Wasser durch das Ortszentrum schwappt und Straßen nicht mehr befahrbar waren. 130 Menschen wurden in Sicherheit gebracht. Mehr als 800 Rettungskräfte waren im Einsatz.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) machten sich ein Bild der Schäden in der Region Berchtesgaden. „Wir haben die letzten Tage einen unglaublichen Weckruf der Natur erlebt“, sagte Söder. Der Kampf gegen den Klimawandel und die Anpassung an ihn müsse beschleunigt werden. Auch Merkel zog diese Verbindung: „Die Summe aller Ereignisse, deutet daraufhin, dass das etwas mit dem Klimawandel zu tun hat.“ Man müsse sich besser an ihn anpassen, auch wenn dem Grenzen gesetzt seien „Wir müssen uns sputen, wir müssen schneller werden bei dem Kampf gegen den Klimawandel“, sagte die Kanzlerin.Wie Merkel stellte auch Scholz Hilfe in Aussicht. Es brauche eine gemeinsame Anstrengung von Bund und Ländern: „Es geht um Milliarden, die wir nach der Schadensbeschau dann auch mobilisieren müssen“, sagte der SPD-Kanzlerkandidat bei dem gemeinsamen Auftritt mit Söder. Das Bundeskabinett will am Mittwoch entsprechende Beschlüsse fassen.LAGE IN NORDREIN-WESTFALEN WEITER ERNSTObwohl es in Westdeutschland am Wochenende kaum regnete, blieb die Lage in mehreren Orten von Nordhrein-Westfalen angespannt. Die Gefahr eines Bruchs der Steinbachtalsperre bei Euskirchen war nach Angaben der Behörden am Sonntag nicht gebannt, obwohl große Mengen Wasser abgepumpt und auch ein Abfluss wieder geöffnet werden konnte. Tausende Menschen mussten in der Umgebung ihre Häuser verlassen.850 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr leisten im Westen Hilfe. Dabei setzen sie auch schweres Gerät wie Bergepanzer sowie Hubschrauber, Last- und Krankenwagen oder Schnellboote ein. Die Trinkwasser- und Stromversorgung war zudem in einigen Orten weiter eingeschränkt. Der Bahnverkehr blieb an vielen Stellen unterbrochen, mehr als 600 Kilometer Gleise und rund 80 Stationen sind betroffen. (Reuters)

HTK
22. Juli 2021 - 21.59

Es gab einmal einen ähnlichen Trottel in Italien.Ich glaube er hieß Berlusconi.Der besuchte damals ein Krisengebiet wo ganze Dörfer ausradiert waren und er meinte die Leute sollten sich fühlen wie beim Campingurlaub,hatte er ihnen doch einige Zelte aufrichten lassen.

Arm
19. Juli 2021 - 10.54

Eine rheinische Frohnatur der liebe Armin :-(

Aus der Bütt
19. Juli 2021 - 9.44

Der perfekte Karnevalist. Annalena übernehmen Sie

Willi
19. Juli 2021 - 9.20

Méi domm geet ëtt nëtt, deen soll matt senger blöder Maul
do ewech bleiwen,alles iwerhiefléch an arrogant Politiker.
Eng Therapie am Behuelen wär ubruecht.