Montag10. November 2025

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Forum von Guy RewenigChampions Leak – Warum ein berühmter Fußballstar an der Armutsgrenze leben muss

Forum von Guy Rewenig / Champions Leak – Warum ein berühmter Fußballstar an der Armutsgrenze leben muss
 Foto: AFP

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Die einen sind maßlos verwundert, die andern empört oder gar entsetzt: Der portugiesische Fußballspieler Cristiano Ronaldo hat 2024 die unfassbare Summe von 275 Millionen Dollar verdient. Damit ist er der höchstbezahlte Sportler weltweit. Um plastisch zu veranschaulichen, was dieser Geldsegen konkret bedeutet, genügt ein kleiner Hinweis: Pro Sekunde kassierte Ronaldo acht Dollar, und zwar 24 Stunden auf 24. In anderen Worten: Ein Augenaufschlag, schon acht Dollar eingesäckelt. Da packt wohl die Mordlust alle Mindestlohnempfänger.

Streifen wir kurz das grundlegende Problem. Was ist Fußball? Lediglich eine Technik, mehr oder weniger kunstvoll mit dem Fuß eine mit Luft gefüllte Lederkugel zu bewegen. Nun könnte man sagen: Das muss man nicht haben, man kann es auch sein lassen. Oder man sagt: Fußball ist ein Spiel, also etwas Sinn- und Nutzloses, insofern gehört er zu den erfreulichen Erscheinungen, die uns das Leben leichter und erträglicher machen. Genau dieses Spielerische bestimmt seine Attraktivität. Fußballspieler haben keinen Einfluss auf die Geschicke der Welt. Sie sind weder Politiker noch Gesellschaftsveränderer. Sie agieren auf jenem weiten Feld, wo zum Glück nichts verpflichtend und verbindlich ist. So weit, so gut. Doch dann kommt die Frage: Wieso müssen Spieler und Volksbelustiger mit Wahnsinnshonoraren entlohnt werden?

Die Versuchung ist groß, einfach in den Raum zu stellen, was Ronaldo mit 275 Millionen Dollar alles anstellen könnte. Es wäre zum Beispiel denkbar, dass er in Portugal 550 Einfamilienhäuser plus 550 Autos kauft. Das wäre schon ein stattliches Dorf mitsamt solider Grundausrüstung (cf. Autos). Wenn er die Häuser zur Miete und die Autos zum Leasing anbietet, fließen gleich frische Wahnsinnssummen in seine Kasse. Fünf Jahre später hätte Ronaldo nahezu eine ganze Stadt zusammengekauft. Er würde wahrscheinlich vom portugiesischen Staatspräsidenten mit Verdienstorden zugekleistert.

Doch was ist das für eine Milchmädchenrechnung? Sie zeugt von beträchtlicher Ahnungslosigkeit. Hallodris, die sich solche Szenarien ausmalen, haben rein gar nichts vom Fußball verstanden. Unsere These lautet: Ronaldo ist dramatisch unterbezahlt. Er müsste ungleich mehr verdienen, um nicht an der Armutsgrenze herumzuturnen. Die Gründe, warum einem Fußballspieler von seinem Format unbedingt ein astronomisch hoher Lohn zusteht, liegen schließlich auf der Hand und wurden soeben von einem geleakten Geheimdokument bestätigt: 90% seines Verdienstes werden in therapeutische Maßnahmen investiert und sind somit verloren.

Für seinen realen Arbeitseinsatz, also ein Fußballspiel, das mitsamt Halbzeitpause 6.300 Sekunden dauert, steht Ronaldo gerade mal die Lappalie von 50.400 Dollar zu. Wenn es hochkommt, agiert er pro Monat sechsmal auf dem Feld, er kickt sich also mit Ach und Krach zum Limit von 302.400 Dollar durch. Seien wir ehrlich: Das ist für einen Weltstar nur ein lächerliches Almosen. Kein Mensch seiner Klasse würde für so wenig Geld auch nur den dicken Zeh bewegen.

Traumabewältigung

Nun zum katastrophalen Hintergrund. Wie wir mit Bestürzung aus dem geleakten Geheimbericht erfahren, muss Ronaldo neun Zehntel seines Gehalts in Traumabewältigung stecken. Zahllose Manager, Berater, Psychotherapeuten und andere Ärzte nehmen ihn rund um die Uhr unter ihre Fittiche, um seine seelischen Qualen zu lindern. Unbedarfte Fußballkonsumenten wie Sie und ich können sich nicht im Entferntesten vorstellen, wie sich grausame Szenen des Scheiterns auf Ronaldos Verfassung niederschlagen. Stellen Sie sich kurz vor: Er wartet vor dem Tor, nimmt einen wunderbaren Pass auf, setzt zum Schuss an und knallt den Ball am Tor vorbei. Sofort bricht seine ganze Fußballwelt zusammen. Sein Leiden ist unermesslich, er vergeht buchstäblich vor Selbstzweifeln. Er beschließt stante pede, nie mehr ein Fußballfeld zu betreten. Nach dem Spiel muss die Therapeutenarmada anrücken, um ihn wieder aufzubauen. Da hier nur die Besten der Besten am Werk sind, wie es sich für einen Weltstar gehört, schlägt der unablässige Therapiezirkus unheimlich ins Geld. Ronaldo muss für seine Fehlleistungen mit harter Währung blechen. Und da er ziemlich oft am Tor vorbeischießt, häufen sich die horrenden Ausgaben für seine permanente fußballerische Wiederbelebung.

Seien wir also nicht arrogant. Statt über Ronaldos angebliche Überbezahlung zu meckern, sollten wir dem maßlos gerupften Star mit tief empfundenem Mitleid begegnen. Es sind ja nicht nur die Fehlschüsse, die ihn seelisch zertrümmern. Sein ganzes Umfeld strotzt vor Gefahren, die ihn in immer neue Alpträume stürzen. Der regennasse Rasen ist zu glitschig (Achtung, Beinbruch!), das Publikum reagiert mit Pfeifkonzerten (Achtung, Minderwertigkeitskoller!), der Schiedsrichter ist ein Arschloch (Achtung, Selbstwertgefühlskollaps!), die Mitspieler sind reine Amateure (Achtung, Solidaritätsversagen!), die Straßen vor dem Stadion sind verstopft (Achtung, Nobelkarossenblockade!), das Essen im Restaurant ist durch und durch versaut (Achtung, Anschlagsversuch!) und in Ronaldos neuer 900-Quadratmeter-Villa in Cascais klemmt auch noch das Garagentor (Achtung, Supertalentsabotage!).

Kein Geld der Welt kann all diese Traumata aufwiegen. Keine überspitzt teure Therapie kann Ronaldos Schmerzen abmildern. Er ist und bleibt allein und verlassen in einer fundamental ungerechten Welt. Er wird für seine hohe Fußballkunst unsäglich hart bestraft. Er muss kämpfen wie ein Löwe, um nicht unterzugehen. Ist es nicht geradezu obszön, dass wir verwöhnten Fußballkonsumenten in diesem tragischen Zusammenhang von Geld reden? Geld bedeutet nichts, wenn der Mensch leidet. Cristiano Ronaldo ist ein vom Schicksal unerbittlich Verfolgter, der ständig den endgültigen Absturz fürchten muss. Er verdient zumindest unser portofreies Mitgefühl.

Guy Rewenig ist Schriftsteller. Sein aktuelles Buch im Binsfeld-Verlag heißt „Mir fällt ein Stein vom Herzen und zertrümmert meinen dicken Zeh. Miniaturen“.
Guy Rewenig ist Schriftsteller. Sein aktuelles Buch im Binsfeld-Verlag heißt „Mir fällt ein Stein vom Herzen und zertrümmert meinen dicken Zeh. Miniaturen“.
fraulein smilla
30. Mai 2025 - 12.06

Fussballspieler gehoeren eigentlich nicht zu Aermsten . Vor Jahren goennte sich der ehemalige Bayernstar Franck Ribrey in Dubai ein 1200 Euro Steak das mit geschmacksneutralen Blattgold ueberzogen war . Und weil Gold nicht verdaut wird , sich nicht in der Magensaeure aufloest ist es auch nicht verloren .

Grober J-P.
30. Mai 2025 - 11.59

Es liegt bestimmt nicht an meinem Freund Gregory. Hat fast 7 Jahre lang ordentlich für den Cristiano gesorgt. Hat den halben Monatslohn für eine Karte fürs Heimspiel in Old Trafford bezahlt. ☹
Seit dem Brexit zahlt er kein Pfund mehr. Die 800 £ Rente langt nicht mehr. Fernandes und Cie. werden es nicht leicht haben.