Mobilität Carsharing läuft gut trotz „Autoland Luxemburg“ 

Mobilität  / Carsharing läuft gut trotz „Autoland Luxemburg“ 
Das Carsharing gibt es seit sieben Jahren. Anbieter Carloh baut aus. Acht Stationen zum Leihen der Autos, davon drei Umverlegungen, kommen ab Oktober hinzu sowie zehn Pkws. Damit stehen dann 45 Pkws in der Hauptstadt zur Verfügung.  Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Menschen, die Carsharing machen, haben sich vom Status des Autobesitzers verabschiedet. Bewusst nutzen sie den öffentlichen Transport als Beitrag zum eigenen wie kommunalen ökologischen Fußabdruck. „Carloh“, mit seinen aktuell 35 Pkws im Carsharing, ist eine Initiative der Hauptstadt und bohrt seit der Gründung vor sieben Jahren dicke Bretter im Autoland Luxemburg. Zur Einweihung der neuen Station in Merl zog das Unternehmen Bilanz.

In einem Land, in dem der öffentliche Transport gratis ist, läuft Carsharing vergleichsweise gut. Es ist ganz einfach. 50 Euro kostet derzeit das Jahresabonnement, die Grundgebühr. Bezahlt werden danach die zurückgelegten Kilometer und die Zeit, in der das Auto genutzt wurde. Bei einem Trip in den nächstgelegenen Supermarkt für den Wocheneinkauf, hin und zurück 15 Kilometer, sind das im „Plus“-Tarif 10,95 Euro für drei Stunden.

Auch die Nutzung ist denkbar einfach. Als Abonnent öffnet und schließt man das Auto mit der Abo-Karte, ähnlich der Kreditkarte. Sie setzt den Bordcomputer in Gang, der das Auto, in dem der Schlüssel deponiert ist, öffnet und eventuelle Schäden vom Vorgänger meldet. Gebucht wird entweder über eine App, die Webseite oder telefonisch. Da kann man angesichts der Spritpreise nicht meckern, denn Getränkekisten sind mit dem öffentlichen Transport schlecht zu managen.

„Niemand wird einen Wocheneinkauf mit dem Bus oder der Tram machen“, sagt Paul Hoffmann, Präsident des Verwaltungsrates von Carloh. In Luxemburg wird trotz 45.800 gebuchter Fahrten und knapp zwei Millionen gefahrener Kilometer seit der Gründung weniger oft als in anderen Großstädten gemietet – dafür brauchen die Kunden den Wagen länger. Das sind landeseigene Besonderheiten. Klienten sind mehr Männer als Frauen und die Hauptzielgruppe sind derzeit die 35- bis 50-Jährigen. Das geht aus der Bilanz hervor, die die Betreiber angesichts der Einweihung der ersten von acht neuen Stationen in Merl am Wochenende verkündeten.

Affinität zum eigenen Auto ist nach wie vor hoch

900 Abonnenten hat das Unternehmen aktuell, 1.000 ist das mittelfristige Ziel, noch mehr wäre ein Traum. Bei aktuell rund 444.000 zugelassenen Pkws im Land müssen da dicke Bretter an Überzeugungskraft gebohrt werden. Zwischen 2016 und 2020 meldet die „Société nationale de circulation automobile“ (SNCA) jährlich zwischen 45.000 und 50.000 neu zugelassene Pkws im Land. Interessant ist, dass VW, trotz Dieselskandal, immer noch die Marke Nummer eins ist.

Die Bretter gegen Autobesitz und für Carsharing sind dick. „Der freie Markt regelt es nicht, deshalb gibt es ja dieses Angebot von der Stadt Luxemburg“, sagt Carloh-Verwaltungsratspräsident Hoffmann. „Die Affinität zum eigenen Pkw ist immer noch sehr hoch.“ Für Hoffmann ist Carsharing ein Angebot der „mobilité douce“. Die Grenzen solcher Projekte bleiben eng. „Carsharing im ländlichen Raum ist wirtschaftlich schwierig zu betreiben“, sagt Hoffmann. Das ist die wirtschaftliche Sicht. „Ansonsten macht Carsharing immer Sinn, wenn man es als Teil des Mobilitätsangebots sieht“, so Hoffmann.

Auch Carloh ist noch nicht über die Durststrecke einer Neugründung hinweg, aber zehn, spätestens 15 Jahre nach der Gründung sollte es wirtschaftlich lohnend sein. Das wäre 2031. Und so ist der Businessplan ausgelegt. „Corona hat uns eineinhalb, fast zwei Jahre zurückgeworfen“, sagt Hoffmann, der sich trotzdem zufrieden zeigt. Das Carsharing ist eine Initiative der Hauptstadt, die nach Angaben des Unternehmens 99 Prozent der Anteile an Carloh hält. Ab Oktober verfügt der Service über 24 Mietstationen in der Hauptstadt und 45 Pkws insgesamt. Davon fahren drei Pkws elektrisch und fünf thermisch. Das wäre auch einer der Kritikpunkte, wenn es welche an dem Projekt gibt. Die Zahl der Fahrzeuge ohne Verbrennungsmotor ist gering.