Vergangene Woche hat das Tageblatt zum letzten Mal getweetet. Seit 2010 war die Zeitung auf der Plattform aktiv, hat mehr als 34.600 Posts verschickt und erreichte mehr als 13.800 Follower.
Der Abschied des Tageblatt ist dabei nur die jüngste in einer Reihe von Abwanderungen von der Plattform, die mit dem Namen Twitter groß geworden ist. Zuvor hatten, um nur einige der Luxemburger zu erwähnen, bereits Radio 100,7, das Lëtzebuerger Journal, das Wort, Forum, Greenpeace, MSF Luxembourg, die Finanzaufsicht CSSF und die Gemeinde Düdelingen der in „X“ umbenannten Plattform den Rücken gekehrt.
Die Gründe für die weltweit stattfindende Abwanderung sind vielfältig, aber immer eng mit der Entwicklung der Plattform seit ihrer Übernahme durch den reichsten Mann der Welt verbunden.
Beim Tageblatt hat man sich schwergetan mit dem Schritt. Immerhin stand Twitter für eine Revolution im Medienbereich: Die Plattform ermöglichte jedem, Aussagen und Nachrichten an jeden zu schicken. Auch wenn traditionelle Medien Themen oder Geschehnisse nicht ansprachen, war es über Twitter doch möglich, sie an Millionen Menschen heranzubringen. Eine Art der Transparenz, wie es sie zuvor noch nie gab. Nicht umsonst ist die Plattform in Ländern wie China, Iran, Nordkorea, Russland und Venezuela gesperrt.
Doch die einst revolutionäre Plattform hat sich verändert. Seit ihrer Übernahme durch Elon Musk hat sie ihre Neutralität verloren. X ist sein persönliches Sprachrohr geworden. Problematisch erscheint dabei unter anderem die direkte Unterstützung von Parteien am ganz rechten Rand in demokratischen Ländern. Selbst Brexit-Ikone Nigel Farage scheint ihm nicht „rechts“ genug. Diktaturen kritisiert Musk fast nie.
Ein weiteres Problem auf X ist die zunehmende Präsenz von Bots. Es ist schwierig zu erkennen, welche Beiträge von realen Menschen stammen und welche von automatisierten Programmen, die darauf abzielen, die gesellschaftliche Spaltung zu vertiefen. Dies alles, wie auch die wachsende Verbreitung von Desinformation und Hassrede, macht X für seriöse Nachrichtenorganisationen zunehmend unattraktiv und treibt die weltweite Massenabwanderung von der Plattform an.
Elon Musk ist dabei nicht der erste Milliardär, der sich Medienmacht gekauft hat. Die Liste der „politischen“ Milliardäre ist riesig, von Silvio Berlusconi und Rupert Murdoch über Vincent Bolloré bis hin zu George Soros. Doch es gibt einen großen Unterschied: Niemand besaß bisher eine derart weltweit mächtige Plattform. Im Sinne der Medienvielfalt und der Meinungsfreiheit ist es nun wichtig, dass eine Vielfalt an Plattformen entsteht – wie es auch eine Vielfalt an Zeitungen und Fernsehsendern gibt.
Als neue digitale Heimat kristallisiert sich für viele „X-Flüchtlinge“ Bluesky heraus. Dabei stellt sich jedoch die Frage, warum in Europa immer nicht-europäische Plattformen genutzt werden. In den USA, in China und in Russland hat man eigene … der neue US-Präsident hat seine persönliche. Mangelt es in Europa am notwendigen Know-how?
De Maart

"Mastodon" wurde in Europa entwickelt. Das Tageblatt hat dort sogar einen Account.