Sonntag19. Oktober 2025

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Industrievergangenheit und Cyberzukunft Bundeskanzler Merz auf Antrittsbesuch im Saarland

Industrievergangenheit und Cyberzukunft  / Bundeskanzler Merz auf Antrittsbesuch im Saarland
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) in der Völklinger Hütte Foto: dpa/Harald Tittel

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Der deutsche Bundeskanzler ist auf Sommerreise und macht Halt in der Großregion. In Saarbrücken spricht er mit der saarländischen Ministerpräsidentin über die kriselnde Industrie, schmerzhafte US-Zölle und den Nachholbedarf Europas in Sachen Technologie und Verteidigung.

Ein kleines Grüppchen Demonstranten hat sich am Freitagmittag vor der saarländischen Staatskanzlei gegenüber der Saarbrücker Ludwigskirche eingefunden. Ein gesitteter Protest – mit vielen unterschiedlichen Forderungen. Die Omas gegen Rechts sind da, auf den Plakaten geht es um Gaza, um ein AfD-Verbot, um soziale Gerechtigkeit. Während die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD), volksnah wie immer, auf ein kurzes Pläuschchen bei den Omas vorbeischaut, winkt Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) aus der Ferne. Merz ist an diesem Freitag zum offiziellen Antrittsbesuch im Saarland. Es ist die dritte Station seiner Sommerreise, die ihn durch alle 16 Bundesländer führen wird.

In der Staatskanzlei empfängt ihn die saarländische Ministerpräsidentin zum Vier-Augen-Gespräch. Viel Zeit bleibt nicht, der Zeitplan ist eng getaktet und die Themen sind groß. Allen voran: die Zukunft der Stahlindustrie und die Krise der Automobilindustrie, die das kleine Bundesland beutelt. „Deutschland braucht auch in Zukunft eine Stahlindustrie“, wird der Bundeskanzler später am Tag sagen, das sei im „strategischen Interesse unseres Landes“. Ministerpräsidentin Rehlinger hat nach eigener Aussage gerade „schwere Tage mit der ZF“ hinter sich gebracht. Der Autozulieferer ist der größte Arbeitgeber im Saarland – und kriselt. Kurze Zeit stand gar eine Schließung im Raum, die kommt nicht, dafür aber starke Einsparungen. Die Deindustrialisierung, sie wartet im Saarland hinter jeder Straßenecke. Nach dem Treffen in der Staatskanzlei besuchen Rehlinger und Merz gemeinsam das Weltkulturerbe Völklinger Hütte. Eine Erinnerung an die Vergangenheit, so die Ministerpräsidentin, aber auch eine Mahnung an die Zukunft. „Wir brauchen kein weiteres Industriedenkmal.“

Zoll-Ausnahmen für Stahl nachverhandeln

Den Antrittsbesuch beschließen die beiden Politiker dementsprechend auch in einem Ort der Zukunft, im Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit (CISPA) auf dem Campus der Universität des Saarlandes. Hier wird zu Cyber- und Informationssicherheit geforscht. Das Zentrum hat einen kurzen Überblick über einige seiner Projekte vorbereitet, Merz und Rehlinger hören aufmerksam zu, als Forscher ihnen Studien zu Cyberangriffen und KI-Modelle, die Deepfakes erkennen können, präsentieren. Im anschließenden Pressestatement geht Merz auch auf die Verteidigungs- und Sicherheitspolitik ein. „Wir sind in unserer eigenen Verteidigung nicht souverän genug“, sagt der Bundeskanzler. „Den Fehler, den wir alle zusammen gegenüber russischem Gas gemacht haben, dürfen wir in der Verteidigung und der technologischen Souveränität nicht wiederholen.“

Im Rahmen seiner Saarland-Reise äußerte sich Merz auch zu tagesaktuellen politischen Themen. Die Zoll-Einigung zwischen den USA und der EU nennt der Bundeskanzler „schmerzhaft“. „Wir waren nicht in einer Verhandlungsposition, um einen handfesten Handelsstreit vom Zaun brechen zu können“, so Merz. Er hoffe nun, im Nachgang Teilausnahmen für europäische Stahl- und Aluminiumexporte nachverhandeln zu können. Auf eine Frage nach einer möglichen Beteiligung Deutschlands an Sanktionen gegen Israel vertröstete der Bundeskanzler auf Samstag. Dann werde ihm Außenminister Johann Wadephul (CDU), der gerade in Israel zu Besuch ist, Bericht erstatten. „Wir werden diesen Bericht abwarten und alle weiteren Entscheidungen treffen.“