EU-RechtsstaatsberichtBrüssel erhöht Druck auf Ungarn und Polen

EU-Rechtsstaatsbericht / Brüssel erhöht Druck auf Ungarn und Polen
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: Die EU-Kommission tut sich schwer damit, den Regenten in Budapest trotz erwiesener grober Mängel zur Ordnung zu rufen Foto: dpa/Etienne Ansotte

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Ungarn und Polen müssen zunächst keine Mittelkürzung wegen der umstrittenen Verstöße gegen Rechtsstaat und Pressefreiheit fürchten. Die EU-Kommission stellte den beiden osteuropäischen Ländern am Dienstag zwar ein schlechtes Zeugnis aus, was den Druck erhöht. Sie schob mögliche Budgetkürzungen jedoch auf die lange Bank. Das Europaparlament reagierte mit Unverständnis – es fordert schnelle Entscheidungen.

„Die Kommission muss jetzt unmittelbar handeln und vor allem Ungarn, aber auch Polen EU-Gelder sperren. Sie kann sich wirklich nicht mehr rausreden“, sagte die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley. „Faktisch wird die Lage immer schlimmer, in Ungarn wie in Polen.“ Ähnlich äußerte sich Jeroen Lenaers von der konservativen EVP-Fraktion. Dem Bericht müssten Taten folgen, forderte der Sprecher im Grundrechts-Ausschuss.

Doch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spielt auf Zeit. Über mögliche Budgetkürzungen will sie erst im Herbst entscheiden. Der Bericht habe vor allem den Zweck, die EU-weite Debatte über den Rechtsstaat zu fördern, sagte ein Kommissionsexperte. Mit Finanzsanktionen, wie sie der neue Mechanismus zum Schutz des EU-Budgets vorsieht, habe das nichts zu tun: „Das sind zwei unterschiedliche Instrumente.“

Immerhin sind finanzielle Strafen im September oder Oktober nun wahrscheinlicher geworden. Denn der Rechtsstaats-Check könnte als Grundlage für spätere Mittelkürzungen dienen – wenn erwiesen wird, dass Gefahr für das EU-Budget droht. Dies müsse in einer gesonderten Untersuchung geprüft werden, heißt es in Brüssel. Der nun vorgelegte Bericht liefert aber einige wichtige Anhaltspunkte.

So betont die EU-Kommission, dass die Sorge um die Unabhängigkeit der Justiz in Ungarn seit dem ersten Bericht vom September 2020 nicht kleiner geworden sei. Auch die Medienvielfalt sei gefährdet. Zudem ist von unzureichenden unabhängigen Kontrollmechanismen und einem mangelnden Vorgehen gegen Klientelismus und Vetternwirtschaft die Rede. Kritik gibt es auch am Rechtsstaat in Polen. Der Umbau der Justiz sei weiter „Grund zu ernsthafter Sorge“, sagte die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Vera Jourova.

Auch Bulgarien bereitet Probleme

Massive Probleme gibt es auch in Bulgarien, wo Korruption und organisiertes Verbrechen immer noch nicht eingedämmt werden konnten. Im Juni hatte die US-Regierung Sanktionen gegen bulgarische Oligarchen verhängt, um „die Rechtsstaatlichkeit und die Stärkung demokratischer Institutionen (zu) unterstützen“. Die EU unternahm nichts.

Kommissionschefin von der Leyen und Justizkommissar Didier Reynders setzen auf Dialog – und die Kraft des guten Beispiels. Er habe den Rechtsstaats-Bericht mit 20 nationalen Parlamenten diskutiert, sagte Reynders. Dies habe „positive Reformen ermutigt“. Insgesamt habe sich die Lage des Rechtsstaats in der EU leicht verbessert, bilanziert die Behörde. Bedenkliche Rückschritte gebe es aber bei Pressefreiheit und Pluralismus.

Die Corona-Pandemie habe zu massiven Problemen bei der Berichterstattung geführt, heißt es in Brüssel. Aufmerksam notiert die EU-Kommission auch die Einschränkung der Grundrechte durch Lockdowns und andere Corona-Maßnahmen. Zuletzt hatte das Verfassungsgericht in Spanien den ersten Lockdown kassiert. Das Urteil zeige, dass die Gewaltenteilung funktioniere, meint die EU-Behörde – der Rechtsstaat habe sich als „resilient“ erwiesen.

Luxemburg stärkt Unabhängigkeit seines Justizwesens

Die EU-Kommission bescheinigt dem luxemburgischen Justizwesen ein „hohes Niveau“ an Unabhängigkeit und ein „insgesamt gutes Niveau an Effizienz“. Mit der anstehenden Verfassungsreform werde ein Justizrat geschaffen und die Unabhängigkeit der Justiz weiter gestärkt. Zudem werde dem Justizminister die Möglichkeit entzogen, Staatsanwälten in einzelnen Fällen Weisungen zu erteilen. Allerdings müsse die Digitalisierung des Justizwesens ebenso wie seine langfristige Modernisierung weiter vorangetrieben werden.
Die Regierung sei damit befasst, die Anti-Korruptionsregeln zu überarbeiten. Dabei stehe vor allem die Prävention im Mittelpunkt. Ein Verhaltenskodex für die luxemburgischen Abgeordneten regele nur teilweise Lobby-Aktivitäten und könne nachgebessert werden. Zudem gebe es nur für Regierungsmitglieder Regeln für Beschäftigungsverhältnisse nach dem Ende ihres Mandats. Die Finanzierung der politischen Partei sei jedoch jetzt transparenter, so die Kommission weiter.
Es fehle allerdings weiterhin ein rechtlicher Schutz für sogenannte Whistleblower. Hervorgehoben wird, dass die Unabhängigkeit und Wirksamkeit der Medienaufsicht im Land gestärkt wurde und diese nun über mehr Ressourcen verfüge. Der Rechtsrahmen zum Schutz der Journalisten bleibe „robust“. Der Berichterstatter kritisiert allerdings die „langen Prozeduren“, wenn es um den Zugang zu offiziellen Dokumenten geht. Die Medien in Luxemburg verlangen bereits seit Jahren ein Informationszugangsgesetz, das ihre Arbeit erleichtern würde. (gk)

Jeff
21. Juli 2021 - 11.43

Den Orban mescht jo elo e Referendum - mol kucken ob Resultat dann do grad esou mat de Féiss getreppelt gett wéi ons Gambia daat gemeet huet ! Et dierft bezweifelt ginn

Wieder Mann
21. Juli 2021 - 4.54

Wäre die EU Könige so resolut bei der Türkei Politik wären sie glaubhaft. Einerseits eine Nestbeschmutzer - Politik , andererseits das große Wegschauen, die Kuschel-Politik .