EditorialBlaues Auge für den Fußball: Warum die FIFA diesmal richtig gehandelt hat

Editorial / Blaues Auge für den Fußball: Warum die FIFA diesmal richtig gehandelt hat
Diesen Farbenkatalog braucht es im modernen Fußball nicht Foto: Jens Wolf/dpa

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Manchmal muss man mit Traditionen brechen. Wenn es an dieser Stelle um die Machenschaften im Milliardengeschäft des internationalen Fußballs geht, dann bekommen die Entscheidungsträger, wie etwa FIFA-Präsident Gianni Infantino, eigentlich immer ordentlich ihr Fett weg. Diesmal ist es anders: Denn dass die Einführung der Blauen Karte im Spitzenfußball vom Tisch ist, kann als positive Nachricht zur Kenntnis genommen werden. Das Regelgremium Ifab (International Football Association Board), dem Infantino angehört, entschied sich vergangene Woche kategorisch dagegen, eine Testphase der Zeitstrafen im englischen Pokal anzuordnen. Zur Erklärung: Ein Spieler, der aufgrund eines „zynischen Fouls“ die Blaue Karte gesehen hätte, wäre kurzzeitig des Feldes verwiesen worden. Zwei dieser Kärtchen hätten übrigens (wie bei zwei Gelben) den Platzverweis zur Folge gehabt.

Einer der Gründe, so ein zusätzliches „Utensil“ für Schiedsrichter im Profibereich kritisch zu beäugen, ist der Interpretationsspielraum: Die Idee dahinter war, minderschwere Fouls mit Zeitstrafen zu ahnden und das Reklamieren der Spieler gegenüber dem Unparteiischen zu unterbinden. Aber wo zieht der Referee dann die Grenze? In welchen Fällen erfüllt die „klassische“ Gelbe nicht ohnehin den gleichen Zweck? Oder um es in den Worten von Liverpool-Ikone Bill Shankly zu sagen: „Fußball ist ein einfaches Spiel, das von Leuten kompliziert gemacht wird, die es besser wissen müssten.“ Mit diesem Drang zur Überregulierung des Fußballs tut man der Sportart keinen Gefallen. 

Es kann nicht nachgewiesen werden, dass die Einführung des VAR den Profifußball gerechter und fairer gemacht hat. Die Fehlerquote bleibt bestehen. Auch die Diskussionen über ein mögliches Handspiel im Strafraum konnte man noch nicht aus der Welt schaffen. Eine zusätzliche Angriffsfläche gegenüber den Schiedsrichtern würde die eigentlichen Probleme nur überdecken.

Auch die konkrete Umsetzung der Zeitstrafen lässt Fragen offen: Warum sollten es ausgerechnet zehn Minuten sein? Fällt die Überwachung der Einhaltung der Zeitsperre in das Aufgabenfeld des Referees oder der Linienrichter? Wo sollen die Spieler bei ihren Zeitsperren sitzen? All diese Ungereimtheiten zeigen nur, dass die Blaue Karte zu diesem Zeitpunkt keinen Gewinn für den Profifußball dargestellt hätte.

Nicht ausgeschlossen ist dagegen, dass die Option auf kurzzeitige Abkühlung am Seitenaus in Zukunft im Jugend- und Amateurbereich getestet wird. In Luxemburg besteht die Zeitstrafen-Option schon seit Jahren – und zwar bis zum Minimes-Bereich (U13). Und wer danach immer noch nicht verstanden hat, wie man sich auf einem Fußballplatz zu benehmen hat, den wird man als Schiedsrichter wohl auch nicht mit einem blauen Stück Karton in die Schranken weisen können.