Donnerstag4. Dezember 2025

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Villa Vauban„Bienvenue à la Villa“, oder: eine Entdeckungsreise durch Luxemburgs Kunst des 20. Jahrhunderts

Villa Vauban / „Bienvenue à la Villa“, oder: eine Entdeckungsreise durch Luxemburgs Kunst des 20. Jahrhunderts
Zu Besuch in der Villa Vauban: Die neue Ausstellung „Bienvenue à la Villa“ zeigt Werke aus der Luxemburger Kunst des 20. Jahrhunderts  Foto: L. Theisen

Mit „Bienvenue à la Villa (3) – Luxemburger Kunst des 20. Jahrhunderts “ setzt das Museum Villa Vauban seinen Zyklus mit heimischer Kunst aus der Sammlung der Stadt Luxemburg fort. Die Auswahl reicht von der „klassischen Moderne bis zur Jahrhundertwende“, dies dank zahlreicher Neuerwerbungen und Schenkungen.

Der Griff ins Archiv verfolgt nicht den Zweck, Luxemburger Kunstgeschichte zu schreiben, vielmehr geht es darum, Werke zu zeigen, an Künstler:innen zu erinnern oder einfach ihnen Sichtbarkeit zu verleihen. Es soll, so die Museumsleitung der Villa Vauban, über die Schau „Bienvenue à la Villa“ eine Promenade durch diese Epoche sein, ohne Anspruch auf mehr. Wertvoll ist der gut dokumentierte Katalog, der dem Publikum als Leitfaden durch die Ausstellung dienen soll.

Die Ausstellung orientiert sich „an der zeitlichen Abfolge der Luxemburger Kunstströmungen des 20. Jahrhunderts“ und, wie es im Katalog heißt, „wagt auch Gegenüberstellungen von Werken unterschiedlicher Epochen“. Den Auftakt macht „Mayavogel“, eine große Bronze-Skulptur der Künstlerin Bettina Scholl-Sabbatini (*1942). Ihre Kunst bewegt sich in der Balance zwischen Mensch und Natur, inspiriert sich von archaischen Formen und zeugt hier von Standhaftigkeit. Ihr gegenüber ein kleines Öl auf Holz (1971) von Henri Dillenburg, der mit „Seezeichen“, einem symbolträchtigen Werk auf Leinwand, die „Promenade“ abrundet. Im ersten Raum noch zwei Stadtbilder von Ernest Wurth (1901-1976), Bilder aus dem Jahre 1933, eine Schenkung seines Sohnes Hubert Wurth, der vor kurzem in Vianden mit seinem Vater ausgestellt hat. Auf Anhieb wird so geschichtlich und räumlich wie kunstmäßig der Rahmen abgesteckt.

Kutter, Rabinger, Schaack, Klopp & Co.

Die Zeit vor 1945 wird im nachfolgenden Raum mit Werken der „Sezessionisten“ Harry Rabinger (1895-1966), mit Erinnerungen an den Chiemsee und die Sommerzeit, Jean Schaack (1895-1959), der in französischen Landschaften schwebt, und Nico Klopp (1894-1930), mit einer Sicht auf den Hafen von Martigues, illustriert. Kuratorin Gabriele Diana Grawe hat ihnen ein „Seestück“ von Adrienne d’Huart (1892-1992) zur Seite gestellt, eine Künstlerin, die in der Folge im nächsten Zimmer noch mit zwei Blumenbildern und zwei Stillleben vorkommt. Sie stammt aus Frankreich, hat in Paris studiert und war Mitglied des CAL. Sie vertrat mit anderen Künstlern Luxemburg bei der Weltausstellung 1935 in Brüssel.

In dem etwas größeren dritten Raum im Erdgeschoss der Villa findet sich neben den Genannten auch Joseph Kutter (1894-1941) mit fünf Werken, davon Blumenbilder aus unterschiedlichen Schaffenszeiten des Malers, das Portrait eines lesenden Kindes mit Kohle auf Papier und ein Stillleben, allesamt „eher untypische Motive des Malers“, jedoch für die „Anordnung der bildnerischen Formen eines Kunstwerkes“ von Bedeutung. Kutter hat sich später zu einem der wichtigsten Vertreter der Luxemburger Kunstszene entwickelt.

In der Villa Vauban zu sehen: „Stillleben“ mit Kaffee- und Teeservice von Coryse Kieffer
In der Villa Vauban zu sehen: „Stillleben“ mit Kaffee- und Teeservice von Coryse Kieffer Foto: Coryse Kieffer

Drei weitere Namen wären in der Sparte zu erwähnen: Jacqueline Hentges (1924-1969) mit „Stillleben mit Fisch“ (1951), Coryse Kieffer (1928-2000) mit „Stillleben“ mit Kaffee- und Teeservice mit Obst (1954), und Triny Beckius (1942-2023) mit der Sicht auf eine „Brücke über der Seine“, in recht dunkler Farbpalette aus dem Jahre 1965.

Lofy auf vielen Feldern
Völlig andere Farbtöne strahlen im nächsten Raum mit drei Arbeiten von Nico Thurm, dem in Esch-Alzette lebenden Künstler, 1995 mit dem Prix de Raville ausgezeichnet, mit einer Frau in „Trauer“ (1959) sowie „Die Frauen“, die alle mal deutlich erkennbar und zunehmend schemenhafter in Bewegung sind. Ist in beiden Werken die „Auflösung der Form“ Thema von Thurm, so hat sich seine Kunst später zu reiner Abstraktion meist geometrischer und minimaler Art entfaltet.

Wurde erst nach dem Tod des Künstlers Will Lofy erworben: Gemälde seiner Serie „Scène érotique“
Wurde erst nach dem Tod des Künstlers Will Lofy erworben: Gemälde seiner Serie „Scène érotique“ Foto: Will LofyIst

Ist das Gemälde „Die Frauen“ dominierend, so bieten die drei Bilder von Will Lofy (1937-2021), einem bekannten Künstler, der u.a. den Brunnen in der Grand-rue gestaltete, einen erfrischenden Einblick in ein formenreiches und farbenprächtiges Universum auf der Suche nach fremden Masken und Ethnien.

Will Lofy überrascht im ersten Stockwerk mit einer Reihe von Werken mit „erotischen Motiven“. Die fünf Bilder wurden nach seinem Tode von der Stadt erworben. Kunstfreunde erinnern sich an seine letzte Ausstellung in seinem Atelier im Stadtviertel Grund. Gehörte er fast zu Stadtbild, so sei erwähnt, dass er zeitweilig in Chile und Patagonien lebte, was auch sein Interesse an „ethnografischer Kunst“ erklärt. Seine Vielseitigkeit wird mit einer Serie Blumenstillleben verdeutlicht.

Auch präsentiert die Expo zwei für den Künstler typische Werke (Mischtechnik auf Papier) aus den 1990er-Jahren, während im Zwischenraum ein Triptychon von Marie-Paule Feiereisen (geboren 1955) nach der Methode der griechischen Nassfaltung den Übergang von gegenständlicher Malerei zu purer Abstraktion anhand einer farblich und zeichnerisch fein abgestimmten Komposition zum Ausdruck bringt.

Roger Bertemes mit typischen Werken

Der Parcours durch künstlerisches Erbgut zwischen klassischer Moderne und Jahrhundertwende kommt in zwei Räumen zu einem spannenden Finale, mit fünf Künstler:innen der jeweils ganz eigenen Gattung. Allen voran Roger Bertemes (1927-2006), den die Villa-Kuratoren mit zwei Bildern auf Leinwand und einer Serie mit 11 Arbeiten von Mischtechnik auf Papier präsentieren. Unterliegen Letztere seinem feinfühligen Sinn für „landschaftliche Assoziationen“ und raffinierte Kompositionen, so sprechen die beiden hier gezeigten Ölbilder (1979 und 1996), wie konsequent Bertemes die Dichte seiner geschickt strukturierten Bilder in ganz diversen Farbgestaltungen meisterte. „Wandel“ nennt er sein Werk von 1979 mit geschwungenem Motiv und dunklen Tönen, während „Als Schnee und Licht die geschundenen Gesichter bedeckten“ auf grau-weißem, eisigen Hintergrund ein undefiniertes Fragment dunkel in den Fokus stellt. Es ist dies unser „Coup de coeur“ im Rahmen der seit Wochen von der Kritikervereinigung AICA in den Museen durchgeführten Aktion, die Wertigkeit von Kunstwerken hervorzuheben. Roger Bertemes war ein bedeutender Künstler, der u.a. 1960 den Prix Grand-Duc Adolphe und 1992 den Prix Pierre Werner erhalten hat.

Zusätzlich zu Marie-Paule Feiereisen haben die Verantwortlichen der Villa zur Versachlichung der Kunstszene aus den 1990er/2000er-Jahren zwei weitere Frauen mit ins Boot von „Bienvenue à la Villa (3)“ geholt. Einmal Annette Weiwers-Probst (1950 geboren), die 1989 den GD-Adolphe-Preis erhielt, hier mit drei feinsinnigen, einer „geometrischen Bildsprache“ folgenden Kompositionen, und Renée Oberlinkels (geboren 1949), eine Malerin und Collagistin, die mit „Japan I/II/III“ ein geschicktes Zusammenspiel von flächigen Blautönen mit roten und weißen Linien inszeniert, ein dreiteiliges Werk, das zwischen 1991 und 1992 entstanden ist.

Keramiken als „Pendant“ zur Bronzeskulptur

Wie bereits angeführt, rundet Henri Dillenburg mit zwei starken Werken (Öl auf Leinwand), die 2015 angekauft wurden, die Promenade ab, doch bringen vorher vier in diesem Jahr erworbene Terrakotta-Arbeiten des bekannten Künstlers Pit Nicolas (Jahrgang 1939), der für seine Plastiken aus Keramik über unsere Grenzen hinaus bekannt ist, eine zusätzliche Dimension in diese Auswahl ein.

Fazit: Die Villa Vauban ist ihrer Aufgabenstellung, Kunst zu erhalten und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, gerecht geworden, doch muss man sich fragen, mit welchen Kriterien (abgesehen von Schenkungen, die ja gerne angenommen werden) für die Sammlung angekauft wird.

In der Annahme, dass nach „Bienvenue (3)“ eine vierte Edition erfolgt, täte die Gemeinde Luxemburg gut daran, bestehende Lücken durch aktuelle Kunst und Rückgriff auf künstlerisches Erbgut des 20. Jahrhunderts durch entsprechende Erwerbungen zu schließen. En attendant empfehlen wir trotz Ungleichgewicht und Versäumnissen in der Auswahl einen Besuch in der Villa Vauban im Stadtpark.

Infos

„Bienvenue à la Villa (3)“, Villa Vauban, noch bis zum 12. Mai 2026, Mi.-So. 10.00-18.00 Uhr, Fr. bis 21.00 Uhr, Di. geschlossen.